Prost! Das ist das erste Wort, das viele Kneipengäste künftig auf ihren Bierfilzen zu lesen bekommen. Dann aber unterscheiden sich die Filze, denn das Prost gilt entweder der Toleranz, der Gleichberechtigung, dem Zusammenhalt oder der Menschenwürde.
Diese schon aus Bamberg, von den dortigen Bündnissen wie „Omas gegen Rechts“ oder „Bamberg ist bunt“ stammende Aktion, ist nun auch in Lichtenfels angekommen. Vor wenigen Tagen und in Auflage von 20.000 Stück.

Am Samstag fanden sich Vertreter Unterstützer von „Lichtenfels ist bunt“ (LIB) und der hiesigen „Omas gegen Rechts“ auf dem Marktplatz ein. Startschuss für eine Aktion mit Geschichten, Hintergründen und einem Umzug.
Mit dem Bollerwagen

Stefan Hofmann (FW) war lange Zeit Stadtrat. Man kennt ihn freundlich, gut gelaunt und diskussionsfreudig. So ziemlich genau um 14 Uhr erschien er, einen Bollerwagen hinter sich ziehend, auf dem Marktplatz. In diesem Wagen wiederum Stöße über Stöße an Bierfilzen.
Nun war offensichtlich da, was schon im vergangenen Herbst als Idee geboren wurde. Man will Menschen dort erreichen, wo sie ihr Gläser abstellen – in Kneipen und in Vereinen. Dann sollen sie auf einen Bierfilz schauen und sich fragen, ob, was und wie viel ihnen die Begriffe wert sind.
Breitenwirkung
Geht es nach den sich zu diesem Zweck gut 20 hier eingefundenen Unterstützern der Aktion, liegen diese Begriffe freilich nicht in den Händen der AfD. Was in den Händen von Michael Herrmann lag, war das Design der Bierfilze.

Der junge Mann, der beruflich mit Design zu tun hat, fragte sich im November, was er dazu ins Blickfeld nehmen sollte. Oder anders: „Was könnte unsere Gegend gut repräsentieren?“
Ursprünglich habe es den Gedanken gegeben, einen Teil der Lichtenfelser Skyline auf den Filzen abzubilden, aber das wäre „zu lokal“ gewesen. Herrmann wollte es größer, verbindender, allgemeiner und dadurch mit mehr Breitenwirkung versehen. Dafür sorge laut ihm schließlich das Motiv, das letztlich auf dem Bierfilz landete: der Staffelberg, ein durch und durch fränkisches Symbol.
„Ich finde es toll, dass mit dieser Initiative … Dialog und Anregung stattfindet.“
Stefan Hofmann, Carsten Gick (einer der Sprecher von LIB), Rosi Beifuß, Sandra Nossek und Arnt-Uwe Schille – Namen, die hinter der Idee und den Begriffen stehen und sich auf sie als Druckmotiv verständigt haben. Doch da war auch Tatjana Zolotar, die als Korrektiv fungierte.

Zolotar, gleichfalls während des Treffens auf dem Marktplatz, steht einer Einrichtung vor, die sich in Gänze Koordinierungs- und Fachstelle der Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Lichtenfels im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ nennt. Dass der Name so lang geraten ist, lässt Zolotar selbst schmunzeln.
Sie macht aber auch deutlich, dass ihre Stelle erst nach einem gemeinsamen Arbeits- und Änderungsprozess zur Finanzierung bereit gewesen sei. Dabei ging es um Begriffsabklärung und Begriffsabgrenzung. So hatte beispielsweise das Wort Vielfalt zugunsten eines anderen Begriffs zurückzutreten.
Der Grund: Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass mit Vielfalt womöglich ausschließlich Queerness gemeint sein könnte. Begriffe wie Toleranz, Menschenwürde, Gleichberechtigung oder Zusammenhalt seien diesbezüglich unmissverständlicher beziehungsweise allgemein akzeptierter. Ihr Fazit und ihre Hoffnung zur Aktion: „Ich finde es toll, dass mit dieser Initiative (…) Dialog und Anregung stattfindet.“
In Schney schon 900 geordert
Einer, der an diesem kühlen Nachmittag, bei dem auf dem Marktplatz kaum Belebung herrschte, auch dabei war: Heinz Gärtner, ein Homo-Politicus, wie eine heimische Zeitung mal titelte, ein Träger des Bundesverdienstkreuzes, ein Schneyer Gewerkschafts-Urgestein. Auch er stützt die Aktion und warb eigener Aussage zufolge schon für die Bierfilze an entsprechenden Stellen. „Ich habe angefragt bei Schneyer Vereinen. Darauf haben sich alle gemeldet und gesagt: 'Wir wollen die Bierfilze'“. 900 Stücke seien demnach schon „geordert“ worden.
Damit es noch einige mehr werden, machten sich gut zwölf Aktivisten noch am Samstagnachmittag mit Bollerwagen auf den Weg – zu den Kneipen der Stadt und zum Verteilen der Bierfilze. Bei ihrer Rückkehr war mit Blick in den Bollerwagen deutlich zu sehen, dass die Filze bei den Kneipen akzeptiert wurden.