Lichtenfels
Wegen Besitzes, Erwerbs und Verbreitung von kinderpornografischen Schriften stand am Donnerstag ein 59-jähriger Mann aus dem Landkreis Lichtenfels vor Gericht. Allein wegen Besitzes sollte er im Rahmen eines Schöffengerichtsprozesses verurteilt werden. Zu 18 Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldauflage von 2100 Euro.
292 Dateien
287 Bild- und fünf Videodateien fand die Polizei anlässlich einer im Mai vor vier Jahren stattgefundenen Hausdurchsuchung auf verschiedenen Speichergeräten des pensionierten Beamten. Woher der Hinweis darauf kam, wurde während des von Richter Matthias Huber geleiteten Verfahrens nicht erörtert, aber was auf Laptop, USB-Stick und ähnlichem zu sehen war, waren die Abgründe dessen, was sich unter dem Begriff Kinderpornografie zusammenfassen lässt. Schon Kinder im Alter von drei Jahren waren bei Penetrationen zu sehen.
Doch gleich nach der von Staatsanwältin Bianca Franke verlesenen Anklage regten die beiden Verteidiger des Angeklagten ein Rechtsgespräch mit dem Gericht an. Joachim Voigt und Andreas Kittel suchten dabei auszuloten, ob Gericht und Staatsanwalt bei vollumfänglichen Geständnis ihres Mandanten eine Strafe am unteren Ende des Strafrahmens akzeptieren würde. Dabei machten die Anwälte klar, dass aus ihrer Sicht bei einem solchen Geständnis eine einjährige Haftstrafe zur Bewährung genügen würde. Auch darum, weil ihr Mandant ein bis dato völlig unbescholtener Mensch war.
Zweifelhaftes Geständnis
So kam es zu einem mehrminütigen Beratungsrückzug. Und als die Prozess-Teilnehmer wieder im Saal 14 des Amtsgerichts erschienen, war eines klar: Das Gericht erwartete für eine relative Milde ein Geständnis, das „über ein bloßes Formalgeständnis hinausgeht“. Dieses Geständnis sollte Kittel für seinen Mandanten übernehmen und versichern, dass die Vorwürfe „unumwunden“ eingeräumt werden.
Doch Huber hatte noch eine Frage: „Was war die Motivation, dass Sie sich Daten heruntergeladen haben.“ An dieser Stelle sollte der Angeklagte eine Geschichte erzählen, die bei Staatsanwältin Franke auf Skepsis stieß.
Er berichtete, dass ihm einst solche Daten zugespielt worden seien und er sich im Grunde archiviert habe, um dereinst gegen den Zusender vorgehen zu können. Wörtlich sagte er: „Ich hatte den Paragrafen 127 der Strafprozessordnung im Kopf und dass man doch schon den Mann vor Gericht bringen muss.“
Was ihm dazwischen kam: Depressionen und Burnout. Überdies habe er diesbezüglich Kontakt mit einer einstmals in Lichtenfels tätigen Polizeibeamtin gehabt, diese aber sei dann versetzt worden und auch das habe dazu beigetragen, dass sich alles verschleppte und letztlich auflöste.
Skepsis nicht zerstreut
Franke sollte ihre Skepsis beibehalten. Schon ihre Formulierung „Zu meinen, man tut was Gutes à la Sherlock Holmes und schießt sich dann ins Knie“, zeigte diese Haltung. Doch der Angeklagte sollte auch zu sich und seinem Befinden Auskunft geben und davon sprechen, im Zusammenhang mit dem Vorfall nun unter Reizdarm und Reizmagen zu leiden, zudem unter Schlaflosigkeit und mit der Absicht spielend, sich von allen Ehrenämtern zurückzuziehen.
„Die Würde genommen“
Mit dem Datum der Hausdurchsuchung sei ihm „die Würde genommen worden“, eben auch darum, weil er nach den besessenen Daten nicht verlangt habe und auch darum, weil er wisse, „wie die Gesellschaft auf verurteilte Sexualstraftäter blickt“. Staatsanwältin Franke sollte in ihrem Plädoyer ihre Skepsis an seiner Unschuld bekräftigen.
„Er wusste, was er abspeicherte, warum hat er es abgespeichert gelassen?“, so die Anklägerin. Überdies vertrat sie auch die Ansicht, dass es dem Angeklagten doch „ein Leichtes gewesen wäre“, den Vorfall zeitnah zur Anzeige zu bringen.
Einfach ihre Arbeit gemacht!
Auch nahm Franke Anstoß an der Sichtweise des Angeklagten, wonach ihm die Würde genommen worden sei. „Die Polizei hat einfach nur ihre Arbeit gemacht“, hob sie hervor und forderte ein Jahr und zehn Monate Haft zur Bewährung, wobei die Bewährungszeit auf drei Jahre festgelegt sein sollte. Ein Jahr lang habe aus ihrer Sicht auch ein Bewährungshelfer eingebunden zu sein und 2100 Euro Bewährungsauflage seien auch zu leisten.
Die Verteidigung sah das naturgemäß anders und brachte 15 Monate Haft auf Bewährung vor. Ohne Bewährungsgeldauflage. Das Urteil sollte nach fünfminütiger Beratungszeit fallen: 18 Monate Haft zur Bewährung und 2100 Euro Geldauflage wegen des Besitzes von kinderpornografischen Schriften.
Allerdings rückte das Gericht mit diesem Urteil auch von dem Vorwurf des Erwerbs und Verbreitens kinderpornografischer Inhalte ab.