Wer hätte das gedacht? Das Schauspiel „Der Sturm“ von William Shakespeare steht in Verbindung zu einem Werk des Nürnbergers Jakob Ayrer (1544-1605 oder 1625). Reisen bildet eben. Selbst, wenn es ein Kurztrip in die Stadthalle ist. Dorthin zog es am Montagabend eine stattliche Besucherzahl. Denn der Kulturring Lichtenfels lockte mit einer Aufführung des Theaters Maßbach und noch etwas mehr.
Launige Einführungen
Es kommt nicht oft vor, dass ein Besucher besser schon weit vor Öffnung des Vorhangs seinen Platz einnimmt. Am Montag war dem aber so, denn sowohl Bezirksheimatpfleger Günter Dippold wie auch Stefan Voll sollten für launige Einführungen zu dem Werk sorgen. Die beiden Männer haben Parallelen zueinander, denn beide sind Professor und Vorsitzende im Kulturring.
Bühne frei
Und so erfuhren die Zuhörer für gut 20 Minuten auf ungezwungene Weise, was es mit dem antiken Dramen-Schema bezüglich der Einheit von Ort, Zeit und Handlung auf sich hatte und dass auch Beethoven den Sturm in Noten setzte. Auffällig dabei: Es fanden sich auch viele interessierte junge Menschen in den Sitzreihen. Immerhin lief der Abend auch unter dem Motto „Theater für die Jugend“.
Dann war bald 19.30 Uhr: Bühne frei und erster Akt. Kurz und gut: Der Sturm handelt von Prospero und seiner Tochter Miranda. Prospero erfuhr als Herzog von Mailand die Vertreibung durch seinen Bruder, flüchtet auf eine Insel, auf der auch seine Feinde anstranden, und bedient sich der Magie, um sie zu besiegen. Es gibt reichlich Verstrickungen.
Schon das Bühnenbild, das die „Maßbacher“ boten, war interessant: Es nahm durch all die Taue und Seile, die in eine Art aus Traversen gebildeten Kubus gesetzt waren, Anleihen zur Seefahrt und spielte gleichzeitig mit dem Begriff Verstrickung. Und Aufzug um Aufzug wurde die Bühne um jeweils 90 Grad weitergedreht.
Liebe macht eben blind
Mit allerlei Raffinessen sollte der Besucher großzügig versorgt werden, etwa dann, wenn es um Trugbilder oder das Spiel mit Meinungen ging. Ein Beispiel: Miranda, gespielt von Anna Schindlbeck, verliebt sich in den adeligen Ferdinand, in dessen Kostüm Benjamin Jorns steckte. Doch Miranda lobt Ferdinands Auftreten und Gestalt auch dann, wenn dieser tollpatschig stolpert - Liebe macht eben blind und Shakespeare wusste das.
Zwei Stunden lang sollten die Darsteller Susanne und Ingo Pfeiffer, Marc Marchand, Anna Schindlbeck und Benjamin Jorns Akt um Akt, zumeist in Doppelrollen besetzt und mit Anleihen zur Moderne erstklassiges Theater bieten. Dabei bewältigte Jorns als Luftgeist Ariel zudem noch allerlei Überkopf-Kletterrouten entlang der Traversen.
Fazit: Ein vielfach lohnender Abend auf unterschiedlichsten Ebenen.