Moderne Zeiten haben moderne Konzepte. Das Wort Medienscout gehört zu so einem Konzept. Was es beschreibt, ist ein zumeist junger Mensch, der in Medienkompetenz geschult wird. Weil das Internet voller Fallen ist. Und es Menschen gibt, die man vor solchen Fallen warnen muss. Vor wenigen Tagen betraten heimische Medienscouts das Amtsgericht. Es war ein Besuch zu strafrechtlichen Fragen, juristischen Informationen und einem aufkommenden Berufswunsch.
Publikumsverkehr - das ist das Wort, das dem Betrachter kurz nach dem Eintreten zwischen Tür und Schleuse so in den Sinn kam. Vor wenigen Tagen gegen 9 Uhr ballte sich hier das Besucheraufkommen. Der Wachdienst ging seiner Aufgabe nach und überprüfte gemäß der Sicherheitsbestimmungen das, was die Besucher mit sich führten. Das dauerte. Um diese Zeit war Elena Schmitt schon durch diese „Schleuse“ gegangen und wartete bei Alfons Hrubesch stehend auf das Kommende.
Die 14-Jährige trug das T-Shirt mit der Aufschrift Medienscouts Oberfranken und gehörte zu der 13-köpfigen Abordnung an Schülern und Medienscouts, die gemeinsam mit Hrubesch und Susanne Werner das Treffen mit dem Direktor des Amtsgerichts, Matthias Huber, anpeilten. Und Huber erschien gutgelaunt, ohne Robe und mit sichtlich Spaß an der Begegnung. Und nun? Schwenk zur Opferhilfe Oberfranken (OHO, www.opferhilfe-oberfranken.de ) und dem Sinn von Medienscouts.
Wichtige Opferhilfe
Alfons Hrubesch gründete vor Jahren die Opferhilfe, eine Art oberfränkisches Pendant zum Weißen Ring. Irgendwann kam im pensionierten Polizeibeamten die Idee auf, dass das Internet mit seinem Tücken, seinem frei zugänglichen Angebot an verstörender Pornografie, an zwielichtigen Kontaktaufnahmen und Viren der Ort ist, an dem Kriminalität ihren Ausgangspunkt haben kann, der ein Tummelplatz für Gelegenheiten ist – Gelegenheiten, zum Opfer zu werden.
Nur ein Stichwort: Mobbing. Gemeinsam mit Werner, die im OHO-Vorstand und als Schriftführerin wirkt, sollte er den Schülern die Möglichkeit einräumen, während der Unterrichtszeit einen Unterricht ganz anderer Art zu erleben – hinter der Schleuse, in Stockwerk 1, in Richtung Staatsaufbau und Justizwesen gehend, und im Saal 14, jenen Saal also, in dem in Lichtenfels die Strafprozesse geführt werden.
„Es ist ein Trugschluss, dass das Internet oder soziale Medien geheim bleiben – die Anonymität im Netz ist eine Mär, das gibt´s gar nicht“, erklärte ihnen Huber zur Begrüßung. So saß man sich gegenüber - die Schüler auf den Zuschauerplätzen und der Amtsgerichtsdirektor an dem Ort, an welchem üblicherweise Zeugen ihre Aussagen tätigen. Und Hrubesch? Der hatte an dem Ort Platz genommen, der Angeklagten und ihren Rechtsanwälten vorbehalten ist. Von dort aus warf er ein, dass das „Handy eine Waffe ist“ und Huber, den Ball in Richtung der Schüler zurückspielend, setzte auseinander, wie Smartphones im Zuge von Ermittlungen konfisziert und ausgewertet werden.
Damit es gar nicht erst zu einem Fehlverhalten oder gar zu etwas Justiziablen kommt, riet er den Anwesenden, sich beispielsweise in E-Mails „nicht gleich zu entrüsten und lieber auch mal für Antworten einen Tag verstreichen“ zu lassen. Auch riet er zu einem sensiblen und eigenverantwortlichen Umgang mit Daten. Denn: „Man sollte sich darüber klar sein, dass das Bild, das man rausgibt, das hat man nicht mehr in der Hand.“
Eine Schülerin, die im Saal 14 saß und durch diesen Besuch ihren Blick für das schärfte, was es zwischen Beleidigungsdelikten, Strafrecht oder Gewaltdarstellungen im Internet gibt, war Elena Schmitt.
Sie ist noch neu bei den Medienscouts, denn erst seit September 2024 bringt sie sich am Meranier-Gymnasium dazu ein.
Was war die für sie wichtigste Erkenntnis des Tages? „Wie zum Beispiel Richter zu Richtlinien bei der Nutzung von Apps stehen (…) und ab wann Beleidigungen im Netz strafbar sind.“ Ihre Motivation, bei den Medienscouts mitzuwirken, habe in der Erkenntnis bestanden, dass es in heutiger Zeit wichtig ist, sich mit Fake-News auszukennen. „Und ich helfe Menschen gerne“, fügt der Teenager noch an.
Beleidigungen im Netz
Für sich selbst habe sie in ihrer Tätigkeit als Medienscout die Einsicht gewonnen, was Beleidigungen im Netz „mit einem anstellen können“. Sie selbst sollte während des Termins im Saal 14 kaum von ihrem Handy oder von Schreibzeug Gebrauch machen. „Ich bin eine Person, die sich viel merken kann“, erklärt sie lächelnd.
Sie wolle jedenfalls Mitschülern helfen und Anlaufstation für jene sein, die im Internet bei Social Media bedrängt werden. Dass sie bereit ist, sich für diese Aufgabe schulen und wappnen zu lassen, hat sie mit einer Teilnahme an einem Workshop zum Erkennen von Fake-News schon bewiesen. Dass sie mit den Möglichkeiten des Internets bestens vertraut ist, bewies der Teenager auch. Als sich nämlich ein Mitschüler nach der Gehaltshöhe eines Richters erkundigte und von Huber eine diplomatisch-ausweichende Antwort erhielt, sollte dies eine Recherche seitens Elena Schmitt zur Folge haben. Richterin zu werden, kann sie sich seitdem für sich selbst auch ganz gut vorstellen.