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LICHTENFELS: Lichtenfels: Wer bäckt noch Faschingskrapfen?

LICHTENFELS

Lichtenfels: Wer bäckt noch Faschingskrapfen?

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    Vor Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit: Krapfenbäckerinnen im Jahre 1979.
    Vor Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit: Krapfenbäckerinnen im Jahre 1979. Foto: Andreas Motschmann

    Viele kennen den Spruch: „Heid is lusdicha Fousenochd, wenn mei Murre Grabfn baggd ...“ Werden auch heute noch Krapfen gebacken?

    Vor Jahrzehnten war es in den Dörfern am Obermain eine Selbstverständlichkeit, dass zur Faschingszeit die runden Faschingskrapfen gebacken wurden. In den Haushalten brutzelte das Schmalz in großen Pfannen. Die Krapfenbäckerin wurde von der Nachbarin unterstützt, die Kinder halfen mit.

    Der Autor dieser Zeilen erinnert sich an seine Aufgabe, die frisch gebackenen Krapfen in die Speisekammer zu tragen. Dort wurden sie zum Austrocknen auf große Flächen von Packpapier ausgelegt. Oft konnte er dem süßen Duft nicht widerstehen. So aß er dort heimlich die ersten Faschingskrapfen; ohne „Zuckerbad“ und Marmelade.

    Vielfältiges Brauchtum rund um die Faschingskrapfen

    Blicken wir auf das oberfränkische Brauchtum zurück. Erst am „schmalzigen“ Samstag (Faschingssamstag) wurden die Krapfen gebacken. Die Kinder sangen am Nachmittag auf der Dorfstraße ihr Liedchen: „Lustig ist die Fasenacht“.

    Krapfen buk man in rauen Mengen; sie wurden übers Knie gezogen, so wurden sie recht groß. Beim Backen durfte, so eine Bauernweisheit, der Schmalzhafen nicht leer werden, weil er sonst das ganze Jahr über leer bleiben würde.

    Rosenmontag war der „Fressmontag“

    Der Rosenmontag wurde früher Fressmontag genannt. Wer an diesem Tag an Essen spart, würde das ganze Jahr über „hungrig“ aussehen. So gab es Krapfen und „echten“ Kaffee am Morgen und am Nachmittag. Neben Schmalzgebackenem gab es fettes frisches Fleisch und Klößgerichte am Mittag und am Abend.

    Dorfschullehrer bekam seine Krapfen

    Am Faschingsdienstag zogen am späten Vormittag Burschen und Mädchen, Knechte und Mägde, ebenso die Kinder, die schulfrei hatten, durch das Dorf. Begleitet von ein paar Dorfmusikanten, wurde von Haus zu Haus gezogen und getanzt. Sie hatten Körbe dabei, um „milde“ Gaben zu sammeln: Eier, Fleisch, Presssack, Würste und Krapfen landeten im Korb.

    Auch die Dorfarmen aus dem Gemeindehaus zogen herum und bekamen das begehrte Süßgebäck genauso wie der Dorfschullehrer. Grundsätzlich glaubten die Menschen, dass man an der Fousenochd möglichst viele Krapfen zu verschlingen hätte, damit das Geld das ganze Jahr nicht ausginge. Ab Aschermittwoch war es mit dem Krapfenessen vorbei, es begann die Fastenzeit.

    Ein Tag mit der Krapfenbäckerin

    Werden im 21. Jahrhundert noch Krapfen auf dem Dorf gebacken? Ja, es gibt noch Krapfenbäckerinnen. Sie sind meist älter und werden immer weniger. Oft werden Krapfen für eine Kommunion oder Konfirmation gebacken, ab und zu für eine Hochzeit, immer seltener in der Faschingszeit.

    Liane Neidlein aus Prügel bei Altenkunstadt hat im vergangenen Jahr beim Krapfenbacken für eine Kommunion mitgeholfen. An einem Samstag wurden um die 700 Krapfen gebacken. Die Krapfenbäckerin mit über 80 Jahren stand von früh um 6 Uhr bis abends um 20 Uhr auf den Beinen. Den ganzen Tag hat sie unermüdlich gewerkelt.

    Von früh um 6 Uhr bis abends um 20 Uhr auf den Beinen

    Liane Neidlein erinnert sich: „Ich bin um 7.30 Uhr gekommen; schon ging das Ausstechen los. Nächste Station war, als die Krapfen aufgegangen waren, das Patschen. Dies geschah mit einem alten Milchtopf. Es ging weiter mit dem ,Ausziehen', dann wurden die Krapfen ins heiße Fett gelegt.

    Faschingskrapfen gibt es auf der ganzen Welt, hier in einer bolivianischen Bäckerei.
    Faschingskrapfen gibt es auf der ganzen Welt, hier in einer bolivianischen Bäckerei. Foto: Andreas Motschmann

    Eine weitere Station war das zeitgemäße Wenden der Krapfen, damit sie ein richtiges ,Bändlein' bekamen. Kein Fett durfte man in das Häublein bekommen. Man hielt immer wieder die weiteren Krapfen im Auge. Je nach Größe schwammen vier bis sechs Krapfen im heißen Fett, die dann entsprechend gewendet und herausgenommen wurden. Die fertigen Krapfen wurden zum Auskühlen weggebracht.

    Zwei weitere Teige folgten: Eier aufschlagen, Hefe ansetzen, kneten und und und. Später wurden die Harischen oder Gschnidna Hosn (geschnittene Hasen) gebacken. Grundsätzlich werden viele helfende Hände gebraucht, die alle aufeinander abgestimmt sind.“

    Wie lange noch wird es solche Augenzeugenberichte geben? Wie viele junge Menschen lernen heute noch das Krapfenbacken? Werden Krapfen in wenigen Jahren nur in Großbäckereien hergestellt?

    Die USA feiern ihren nationalen Tag der Krapfen

    Heute finden wir die Faschingskrapfen, oft „Berliner“ genannt, das ganze Jahr über in der Bäckerei oder im Supermarkt. Der Verzehr eines Krapfens ist nichts Besonderes mehr. Der Heißhunger früherer Jahre auf einen Krapfen in einer besonderen Zeit ist vorbei.

    Offiziell ist der Krapfen ein Siedegebäck aus süßem Hefeteig mit einer Füllung aus Konfitüre. Während der Zubereitung werden Teigballen schwimmend in Fett ausgebacken und danach mit feinem Zucker bestäubt oder mit einer Glasur überzogen.

    Heute finden wir die verschiedensten Varianten. Auch in den Nachbarländern sind die Krapfen verbreitet. In Polen gibt es den fetten Donnerstag vor dem Faschingswochenende. Krapfen gibt es auf der ganzen Welt. Auswanderer haben ihre Rezepte mitgenommen, diese Köstlichkeit finden wir vor allem in Nord- und Südamerika. Die USA feiern ihren nationalen Tag der Krapfen (englisch: National Fritters Day) am 2. Dezember. In Chile heißen sie „Berlinés“, in Brasilien „Sonhos“.

    Krapfenmeer, mmmmh ... da läuft einem das Wasser im Mund zusammen!
    Krapfenmeer, mmmmh ... da läuft einem das Wasser im Mund zusammen! Foto: Liane Neidlein

    Der Autor dieser Zeilen muss in Bolivien nicht auf seine Faschingskrapfen verzichten. In vielen Bäckereien, welche deutschen Ursprungs sind, kauft er sich ab und zu einen „Berliner.“ Nicht nur die Krapfen gibt es in der „Panadería Alemana“, sondern auch die Schwarzwälder Kirschtorte (Torta Selva Negra) wird angeboten.

    Faschingsspruch „Heid is lusdicha Fousenochd, wenn mei Murre Grabfn baggd. Wenn si obe kanna baggd, bfeuf ich auf die Fousenochd!“ Faschingssspruch vom Obermain

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