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LICHTENFELS: Lichtenfelser Amtsgericht urteilt über Attacke auf Hunde

LICHTENFELS

Lichtenfelser Amtsgericht urteilt über Attacke auf Hunde

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    Im Amtsgericht in der Kronacher Straße in Lichtenfels wird Recht gesprochen.
    Im Amtsgericht in der Kronacher Straße in Lichtenfels wird Recht gesprochen. Foto: Markus Drossel

    Der 17. Dezember 2019 wird den Beteiligten eines eigenwilligen Schauspiels noch lange in Erinnerung bleiben. An diesem Tag versuchte ein Mann einer Phobie mittels Teleskopstange und Pfefferspray Herr zu werden. Keine glaubwürdige Erklärung für Richter Matthias Huber und Staatsanwältin Anna Saam. Der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung lautete auf sechs Monate Haft zur Bewährung.

    Es war gegen 11.40 Uhr, da lagen sich zwei Männer in den Armen. Nicht vor Freude, sondern eher im „griechisch-römischen“ Ringstil, wie es am Mittwoch der Angeklagte selbst meinte. Mit den beiden Männern waren er selbst und ein 31-jähriger Lichtenfelser gemeint, der ihn über einen Zaun hinweg angesprungen und angegriffen habe. So jedenfalls ließ sich der 44-jährige Angeklagte ein. Mittels Teleskopstange und Pfefferspray habe er sich dann erwehrt.

    Auch noch in den Finger gebissen

    Staatsanwältin Anna Saam hatte dazu eine abweichende Aktenlage. Sie hielt dem Lichtenfelser, der im sozialen Bereich tätig war, vor, dass er Nachbarhunde über einen Zaun hinweg mit der Stange geschlagen habe und dann mit dem Pfefferspray angegangen sei. Als er von dem einschreitenden 31-Jährigen davon abgehalten wurde, sei er mittels der Gerätschaften gegen diesen vorgegangen. Und im Laufe eines Gerangels habe er diesem auch massiv in den Ringfinger gebissen.

    Was der 44-Jährige, der bislang noch nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, für sich anführte, war der Umstand, dass auch er als Folge des Geschehens zwei Tage im Krankenhaus gewesen sei. Mit Fäusten und lautem Rufen sei der 31-jährige Selbstständige auf ihn zugekommen. Uund irgendwann habe er die Hand des Jüngeren im Gesicht gespürt – da habe er zugebissen. Vor den Hunden selbst, so erklärte er, habe er schon länger Angst gehabt. „Sie haben mich böse angeguckt und mir die Zähne gezeigt.“

    Mehr noch: An diesem 17. Dezember hätten sie auch versucht, über den Zaun zu springen. Da habe er sie mittels Schlägen und Hieben davon abzuhalten versucht. Wer dann allerdings über den Zaun sprang, sei eben der 31-Jährige gewesen.

    Risse in der Glaubwürdigkeit

    Was die Staatsanwaltschaft und das Gericht beschäftigen sollte, war der Umstand, weshalb ein Mann von einer Phobie spricht, dann aber nicht das Weite, sondern die Nähe zu den Tieren sucht, ihnen am Zaun begegnet und auch den Weg zum Zigarettenautomaten wählt, bei welchem er die Hunde passieren muss. Zwei weitere Dinge dürften dafür gesorgt haben, dass die Glaubwürdigkeit des Angeklagten Risse erhielt. Da war seine Aussage, wonach das Pfefferspray gegen die Hunde nicht zum Einsatz gekommen sei.

    Im Lichte dessen, was die Hundebesitzerin, die Mutter des 31-Jährigen, angab, wirkte das unwahr. „Die Hunde kamen rein und haben mir ins Wohnzimmer gebrochen – richtig weißen Schaum.“ Der Sohn sollte im Zeugenstand gleichfalls bestätigen, dass die Hunde schwer Luft bekamen und dass es ihnen nicht gut erging. „Sie haben noch nie schlechte Erfahrung mit einem Menschen gemacht – das war das erste Mal.“

    Vor dem Zaun ist aber noch eine Hecke

    Die zweite Angabe des Angeklagten, über die auch Staatsanwältin Saam stolperte, bezog sich auf die Höhe des Zauns, durch welchen sich der Angeklagte bedroht fühlte. Die Hunde, so sagte er, hätten Anlauf genommen, um über ihn drüber zu springen. Wie sich im Laufe der Verhandlung zeigen sollte, war dieser Zaun aber noch mit einer Hecke hinterlegt, die ein Anlaufnehmen schwer gemacht hätte.

    Dem Hauptleidtragenden des Vorfalls, abgesehen von den Hunden, gehörte die längste Anhörungszeit. Der 31-jährige Geschäftsmann gab an, dass er die Hunde seiner Eltern habe beschützen wollen, weil der Angeklagte „am Zaun stand und mit Spray und Schlagstock auf die Hunde losging – bin dann hin, und dann hat er auf mich gesprayt“.

    „Warum?“, erkundigte sich Richter Matthias Huber. „Ja, warum?“, erwiderte ein in diesem Moment ratlos scheinender Leidtragender. Sein Finger, so der Mann, sei heute noch taub „und auch mit OP wird es nicht besser“.

    Letztlich sollte noch eine Frau in den Zeugenstand gerufen werden, die als keiner Partei zugehörig gewertet werden konnte. Eine Nachbarin, welche die damalige Dezemberszene aus 30 Metern Entfernung beobachtet hatte. Die Frau gab zum Verhalten der Hunde an, dass diese „noch nie über den Zaun“ gesprungen sind. „Es wäre auch schwer, weil da ja eine Hecke ist.“

    Für Staatsanwältin Saam war der Fall klar: „Notwehr setzt eine gegenwärtige Gefahr voraus, aber die Hunde griffen ja nicht an.“ Zu einem Sprung, so Saam, hätten sie auch nicht angesetzt.

    Für das, was der 44-Jährige in der Folge dem 13 Jahre jüngeren Mann antat, forderte sie sechs Monate Haft auf Bewährung. Von Bewährungsauflagen sprach sie nicht. Eben auf diese sechs Monate Haft zur Bewährung sollte auch das von Huber gesprochene Urteil lauten.

    Aber der Richter machte dem Lichtenfelser klar, dass, wer mit einer Teleskopstange, die ohnehin verboten ist, hantiert, damit rechnen muss, sogar einen Tod zu verursachen. „Wer unberechtigt gegen Tiere vorgeht, muss mit dem Einschreiten des Halters rechnen“, so Huber, der nachschob, dass „von einer Notwehr keine Rede“ sein könne. Denn der Mittvierziger hätte auch die Option gehabt, sich zu entfernen.

    Auf drei Jahre lautet nun seine Bewährungszeit. Und 50 gemeinnützige Arbeitsstunden wird er auch ableisten müssen.

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