Rekordwerte verzeichnet der Landkreis Lichtenfels bei der Corona-Impfung seit Beginn der Kampagne. Mit 85,3 Prozent der Landkreisbürger, die eine vollständige Impfung haben, wird der Bundesdurchschnitt (77,9 Prozent) deutlich übertroffen. Ebenso bei der Auffrischungsimpfung mit 74,28 Prozent (59,7 Prozent), lediglich die Quote bei der vierten Impfung liegt mit 2,99 Prozent niedriger (sechs Prozent). Seit Wochen sinkt die Zahl der Impfungen jedoch stark. Dennoch soll das Lichtenfelser Impfzentrum bis Ende des Jahres weiterbetrieben werden, um auf neue Corona-Wellen vorbereitet zu sein. Vorsorge lautet das Argument von Gesundheitsministerium und Landratsamt. Anderer Meinung ist Dr. Otto Beifuß, Sprecher des ärztlichen Kreisverbands Lichtenfels.
„Die Hausärzte und Fachärzte im Landkreis sind vollumfänglich in der Lage, die momentan anstehenden Impfungen zu verabreichen.“
Dr. Otto Beifuß, Ärztlicher Kreisverband Lichtenfels
„Die Hausärzte und Fachärzte im Landkreis sind vollumfänglich in der Lage, die momentan anstehenden Impfungen zu verabreichen“, erklärt Dr. Beifuß auf Anfrage. Die niedergelassenen Ärzte hätten nicht nur genug Termin-Kapazitäten, sondern es stehe auch ausreichend Impfstoff aller Hersteller zur Verfügung. „Die bekannten Kosten sprechen eindeutig dafür, dass die Ärzte das übernehmen“, betont er. Auch wenn es erneut zu Corona-Ausbruchs-Wellen im Herbst kommen sollte, seien die Kapazitäten ausreichend: „Wir schaffen es seit Jahrzehnten, Millionen von Grippeimpfungen zu verabreichen und angesichts der hohen Grundimmunisierung wird es hauptsächlich um Auffrischungsimpfungen gehen.“
Ein Blick auf die Zahlen der vergangenen Wochen scheint seine Sicht zu bestätigen. So wurden in der vierten Maiwoche im Impfzentrum noch 72 Impfdosen verabreicht, davon 35 Auffrischungsimpfungen und 22 Viert-Impfungen. In den Arztpraxen waren es dagegen 26. In der Vorwoche lagen die Praxen mit 98 Impfungen vor dem Impfzentrum mit 65. Ein deutlicher Rückgang gegenüber den Quoten vom April mit weit über 100 Piksen pro Woche im Impfzentrum oder der ersten Märzwoche mit 461. Im Dezember waren diese Zahlen fast täglich übertroffen worden (Spitze am 11. Dezember mit 865 Impfungen). Insgesamt 18 204 Impfungen wurden im Dezember verabreicht, im Mai waren es nur 313.
Dennoch sieht die Staatsregierung wegen der Möglichkeit einer neuen Corona-Welle im Herbst die Notwendigkeit, die Impfzentren beizubehalten, um sie bei Bedarf schnell hochfahren zu können. „Unsere stärkste Waffe im Kampf gegen die Pandemie ist und bleibt das Impfen“, betont Stefanie Nejedlo vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege dazu mit. Expertinnen und Experten seien sich einig: „Die nächste Corona-Welle wird kommen und darauf müssen wir uns jetzt vorbereiten.“ Daher appelliere das Ministerium an die Bürgerinnen und Bürger, sich impfen zu lassen, um der nächsten Welle nicht vollkommen ungeimpft gegenüberzutreten.
Um die Zentren in Betrieb zu halten, hat das Gesundheitsministerium genehmigt, die Grundkapazität von rund 2000 Impfungen pro 100 000 Einwohner in der Woche zu unterschreiten, wie Andreas Grosch vom Landratsamt mitteilt. Das ermögliche es dem Landkreis, den Betrieb des Impfzentrums und der mobilen Impfungen der Nachfrage anzupassen. So könne nicht nur die Impfkampagne weiterhin vorangetrieben, sondern auch der Betrieb jederzeit wieder hochgefahren werden. Das Landratsamt führe mit dem Betrieb des Impfzentrums die Vorgaben des Gesundheitsministeriums aus und bekomme von diesem auch die Kosten erstattet.
Ständig werde der Personalstand an die Nachfrage angepasst, betont Grosch. Während in der Hochphase der Impfungen bis zu acht Ärzte im Einsatz waren, seien es jetzt nur noch ein bis zwei im Impfzentrum und mobil. Auch die Zahl der Mitarbeiter sei stark reduziert worden. Ebenso die Öffnungszeiten: seit Wochen ist das Impfzentrum nur noch von Dienstag bis Samstag geöffnet.
Im Herbst innerhalb von Stunden auf 600 Impfungen hochgefahren

„Im Vergleich zu den anderen Landkreisen hatten und haben wir mit unserer Strategie den Vorteil, dass wir das räumlich ausreichend große, eigene Impfzentrum haben, welches wir selbst betreiben und damit hoch flexibel sind“, betont Andreas Grosch. Der Betrieb im vorigen Sommer mit wenig Stammpersonal und vielen Mini-Jobber habe sich bewährt, so dass es im Herbst gelungen sei, den Betrieb innerhalb von wenigen Stunden auf 600 Impfungen am Tag hochzufahren. „Viele Landkreisbürger waren uns im letzten Herbst sehr dankbar, dass wir alle, die geimpft werden wollten, auch schnell impfen konnten“, so Grosch.
Aufrechterhalten werden sollen auch die mobilen Impfstunden – etwa in Brauereien oder vor Supermärkten. Die Gesamtzahl der dabei verabreichten Impfdosen lag im Mai bei 93, darunter gerade mal eine Erstimpfung. „Es ging immer darum ein sogenanntes niederschwelliges Impfangebot zu machen“, erklärter Dr. Jürgen Murmann, Leiter des Impfzentrums. „Das bedeutet, möglichst nahe beim Bürger zu sein und auch in Regionen zu sein, die etwas weiter weg sind vom Impfzentrum, um auch den Menschen dort, die Möglichkeit zu bieten, sich impfen zu lassen.“
Im Impfzentrum wird pro Stunden vergütet, in Praxen pro Impfung
„Im Blick auf den Herbst ist es nicht sinnvoll, alle Zelte abzubrechen“, sagt auch Dr. Axel Heise, Sprecher der Kassenärzlichen Vereinigung Bayerns. Angesichts der unterschiedlichen Abrechnungspraxis sei es schwer zu beurteilen, ob eine ausschließliche Impfung in Arztpraxen wirtschaftlicher wäre. Während für den Einsatz von Ärzten im Impfzentren 130 Euro pro Stunde (Wochenende: 160 Euro) vergütet werden, erhalten Vertragsarzt-Praxen pro Impfung 28 Euro (Wochenende: 36 Euro) pro Piks und sechs Euro für das Ausstellen eines Impfzertifikats.