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LICHTENFELS: Lichtenfelser Sagen: Der versetzte Markstein am Goldberg

LICHTENFELS

Lichtenfelser Sagen: Der versetzte Markstein am Goldberg

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    Am Goldberg habe ein Grenzsteinversetzer die Wanderer erschreckt. Auf einer alten Postkarte werfen wir den Blick vom Burgberg auf Lichtenfels.
    Am Goldberg habe ein Grenzsteinversetzer die Wanderer erschreckt. Auf einer alten Postkarte werfen wir den Blick vom Burgberg auf Lichtenfels. Foto: Repro: Heidi Mendel

    „Wo soll ich den Stein hinsetzen?“ Eine Stimme mit diesen Worten glaubten früher Menschen zu hören, welche in der Nacht auf dem Heimweg waren. Mit Angst und Schrecken liefen sie schnell nach Hause und erzählten dies ihren Angehörigen.

    Besonders Kinder lauschten mit Neugier und Angst diese Geschichten. Viele wurden ab November in den Spinnstube weiter erzählt und von mancher Erzählerin oder Erzähler lebhaft ausgeschmückt. Einige dieser Geschichten sind uns schriftlich erhalten geblieben.

    Heute wollen wir einen Sagenort am Goldberg in Lichtenfels besuchen. Die Geschichte wurde im Jahre 1936 von H. Diroll aufgeschrieben, und ist im leider vergriffenen Buch: „Sagen und Legenden des Lichtenfelser Landes“ von E. und K. Radunz zu finden.

    Es lebte einmal ein Bauer, der hatte einen großen Acker. Eines Tages sagte er zu seinem Knechte: „Nimm einen großen Pickel und eine Schaufel, wir wollen zum Goldberg, unseren Markstein versetzen und unseren Acker größer machen.“ Der Knecht gehorchte seinem Herrn und versetzte mit ihm den Stein. Über dieses war sein Herr sehr erfreut und ging mit dem Knecht alle Jahre zu seinem Acker.

    Als der Bauer verstorben war, hatte er in seinem Grab keine Ruhe. Alsbald kam er in der Nacht an den Acker und rief mit lauter Stimme: „Wo soll ich den Stein hinsetzen?“ Einige Leute aus Lichtenfels, die spät auf dem Heimweg waren, hörten die Stimme. Sie glaubten, am Goldberg sei ein Gespenst; sie machten um den Berg einen großen Bogen. Eines Nachts verlief sich zur später Stunde ein Handwerksbursche.

    Er kam am Goldberg vorbei und hörte die Stimme rufen: „Wo soll ich den Stein hinsetzen?“ Der Bursche hatte keine Angst, er antwortete: „Leg doch den Stein dort hin, wo Du ihn hergeholt hast.“ Das geschah. Von diesem Tag an hörte man keine Stimme mehr am Goldberg rufen.

    Viele Geschichten über unerlöste Seelen im Lichtenfelser Land

    Grenzsteinversetzer und andere „Verwandte“ finden wir in vielen Volkssagen, auch in unserem Landkreis. Auf dem „Gebärch“ bei Görau führen die „Wandermennla“ die Leute irre, bis sie Gott um Hilfe anrufen. Diese Geister werden nur dann erlöst, wenn sie 1000 Menschen dazu bringen, Gott um Hilfe anzurufen. Früher wurden zwischen Arnstein und Bojendorf am „Deichla“ in der Geisterstunde neun Teufelchen als tanzende feurige Männchen gesehen. Das „Haager Mennla“ treibt sein Unwesen in einem Wäldchen bei Hochstadt/Main. Diese Volkssagen haben eines gemeinsam: Sie erzählen vom Wiedergänger.

    Häufig wird in der Volkssage der Grenzsteinversetzer, der zu Lebzeiten verbotenerweise den Grenzstein zu seinen Gunsten versetzt hatte, als feuriges Männlein dargestellt. Dieses Bild ist christlichen Ursprungs; der Glaube an das Fegefeuer verbirgt sich dahinter. Um die Seelen Abgeschiedener ranken sich bei uns wie anderswo viele Sagen. Erinnern Sie sich an den Volksbrauch, nach dem Tode eines Menschen ein Fenster zu öffnen, damit die Seele die Freiheit gewinnt? Die Seelen böser Menschen, die im Leben eine Schuld auf sich geladen hatten, waren zur Ruhelosigkeit verdammt.

    Betrügerische Fuhrleute, ungetreue Kornknechte oder eben Grenzsteinversetzer mussten lange auf ihre Erlösung harren. Nach dem Volksglauben gehören unerlöste Seelen Verunglückten und Opfern oder Tätern ungesühnter Verbrechen. Auch Selbstmörder treiben ihr Unwesen lange als lebende Tote nachts im Umfeld von Friedhöfen, an Wegkreuzungen oder am Ort ihres Todes.

    Im November gedenken wir der Toten: an Allerheiligen, an Allerseelen, am Volkstrauertag, am Totensonntag. Viele erinnern sich nicht mehr der Bräuche und Geschichten, die sich früher um die Toten rankten. Haben Sie Lust auf eine Nachtwanderung in dieser Jahreszeit bekommen? Vielleicht begegnet Ihnen in der Dunkelheit ein Grenzsteinversetzer oder ein „feuriches Mennla.“

    Goldberg bis nach dem Ersten Weltkrieg unbebaut

    Blicken wir zum Schluss auf den Sagenort Goldberg. Auf einer Landkarte von 1864 trägt die Anhöhe im Süden von Lichtenfels den Namen „Goldberg“. Das geht zurück auf den Namen des vornehmen Lichtenfelser Bürgergeschlechts „vom Gold“. Vermutlich hatte ihnen ein Großteil der Grundstücke in diesem Gebiet gehört. Erstmals 1344 erscheint Otto vom Gold in einer Urkunde. Die Anhöhe war lange Zeit unbebaut. An ihrem Nordhang wurde 1803 der neue Lichtenfelser Friedhof angelegt. Über den Goldberg führte über Jahrhunderte der Weg von der Stadt nach Langheim. Ob der Weg direkt an dem Sagenort des vergrößerten Ackers vorbeiführte? Erst kurz vor 1800 wurde die Langheimer Straße angelegt. Wohnhäuser am Goldberg entstanden nach dem Ersten Weltkrieg. So gibt es seit genau 100 Jahren die ausgebaute Straße „Am Goldberg“, seit 1930 Goldbergstraße. Das markanteste Gebäude am Goldberg ist seit 1959 die Berufsschule an der Goldbergstraße.

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