Er sitzt milde lächelnd vor seinem Wohnmobil, ein älterer Herr, der auch im Juli Wollsocken trägt. Wie er heißt, mag er nicht so recht sagen, und eines Fotos für die Zeitung bedürfe es auch nicht. Aber er findet es wunderbar hier, auch wenn der Campingplatz nicht so voll ist wie in den vergangenen Jahren. Oder vielleicht gerade deshalb? Ja, korrigiert sich der freundliche Würzburger, gerade deshalb! Corona wirkt sich auch auf Campingplätze aus. Vor allem finanziell.
Es ist nicht immer einfach, Nannette Fuß ans Telefon zu bekommen. Die Frau mit der interessanten dunklen Stimme ist Campingwart, und ihr Arbeitsplatz ist im Grunde das gesamte Gelände. Sie ist viel auf dem Areal unterwegs, das 138 Plätze für Camper bietet. Und eine Wiese für Zelte.
Als im März Corona kam, war auch Fuß erst einmal baff. Ab 1. April beginnt hier üblicherweise die bis zum 15. Oktober währende Saison, aber diesmal würde nichts so sein wie sonst. Nicht pünktlich, nicht voll, nicht mit den üblichen Abläufen.

„Ich habe trotzdem das Auswintern begonnen“, sagt sie. Die gelernte Schwimmmeisterin verwendet damit einen Begriff, den sie noch aus ihrer Tätigkeit im Hallenbad kennt. Es geht um all die Gerätschaften, die für einen Gebrauch ab 1. April hier auf dem Platz angebracht werden müssen. Aber 2020 öffnete man ja erst am 5. Juni.
Eine Woche Arbeit für das Hygienekonzept
Als sie das erzählt, sitzt sie am Tisch des auch für Campingplatzgäste zugänglichen Aufenthaltsraums, der hinter dem Büro anschließt. Eine Vitrine voller Gesellschaftsspiele ist hier zu finden, die Campern ausleihen dürfen. Vor allem aber fällt der Raum dadurch auf, dass hier das Thema Korbstadt präsent ist.
Sie blickt hinüber zu Andreas Eberlein, der in Corona-bedingt gebührendem Abstand jenseits des Tisches sitzt und gerade überschlägt, wie viel Zeit ihn die Erstellung des Hygienekonzepts gekostet hat. „Ich war – mit Unterbrechungen – eine Woche drüber gesessen“, bilanziert der Mann vom Rathaus. Städtische Liegenschaften und Einrichtungen sind sein Gebiet, oder, wie man in der Verwaltung verknappt sagen würde: Sachgebiet 32.
Eberlein kommt auf acht Punkte, darunter die Toiletten. Drei Wochen lang blieben diese Anlagen geschlossen und es konnte nur beherbergt werden, wer eigene sanitäre Anlagen mitbrachte. Ein Nachteil für Dauercamper, deren Wohnwagen oder Wohnmobile ältere Modelle sind und über derlei Anlagen nicht verfügen. Jetzt sind im Waschraum Waschbecken mit Absperrband abgeklebt, die zu nah beieinander liegen. Gleiches gilt für Urinale.
Nur zu 60 Prozent wird der Platz in dieser Saison ausgelastet sein. „Es wird ein Verlustsommer sein, aber das steht nicht im Vordergrund.“ Im Vordergrund stehe die Sicherheit, darum müsse Abstand gehalten werden. Bei Wohnmobilen sei das einfacher, die könnten ohnehin nur in gebührender Distanz zueinander parken. Aber drei Meter Abstand zwischen Wohnwagen lasse sich nicht so leicht herstellen. Darum, das ist auf dem Gelände zu sehen, bleiben manche Parzellen frei.
Auch die Zeltwiese, so Eberlein, kann wegen der Abstandregelung nur zu 60 Prozent belegt werden. 2019 war das anders. Da habe zwischen den Zeltern „kein Streichholz mehr auf den Platz gepasst“.

Was finanziell ins Kontor schlägt, ist die Sache mit den Dauercampern. 670 Euro bringt ein Camper-Wohnwagenhaushalt der Stadt pro Saison ein. „Wir haben anteilig erstattet, was hier nicht an Zeit verbracht werden konnte“, erklärt Eberlein.
In der Bilanz bedeutet das also nicht nur, dass der Campingplatz lediglich zu 60 Prozent belegt ist, sondern dass die Dauercamper wegen des verzögerten Öffnungstermins auch noch einen Nachlass in Höhe zweier Monatsbeiträge erhalten. Da der PC des Campingplatzes vor Saisoneröffnung im Rathaus steht, habe man von dort aus die schon traditionell bekannten Campern kontaktiert. „Die meisten waren mit dem Erstattungskonzept einverstanden“, versichert Eberlein.
Doch auch einmalige Übernachtungen fallen weg. „2019 waren viele Tagesfahrradgäste da – die fehlen jetzt“, erklärt Nannette Fuß. Die Radler kommen oft in Gruppen. „Die fahren wochenlang“ und planen ihre mitunter deutschlandweiten Touren schon im Vorfeld. Darum bedürfen sie einer Planungssicherheit, und die ist nicht mehr so leicht zu bekommen, wenn man bedenkt, dass 60 Prozent das Aufnahmelimit darstellt. Ein Verlustsommer eben.
Novellierungen im Blick behalten

Allerdings: „Wenn es (bezüglich Corona) seitens des Gesetzgebers zu Lockerungen kommen sollte, sind wir flexibel genug, auf 80 Prozent Belegung aufzustocken“, merkt Eberlein noch an. Dabei setzt er auch auseinander, dass es nicht leicht sei, ständig gesetzliche Novellierungen im Blick zu behalten. Es gebe zwar Camper-Dachverbände, aber was an Informationen von denen kommt, sei nicht immer kompatibel mit dem, was das Allgemeinkonzept vorgibt.

„Unbelehrbare gibt es immer – am besten umdrehen und weitergehen.“
Nanette Fuß, Campingwart
Auch Geselligkeit geht verloren. Im vergangenen Jahr hätten sich Camper auf dem Platz leichter kennengelernt, „dann hat man zusammen gegrillt, aber jetzt ist es ruhiger“, sagt Fuß. 2020 wäre ein schöner Sommer auf dem Campingplatz geworden, schon wegen der EM, zu der man sich im Aufenthaltsraum zum geselligen Fußballschauen getroffen hätte. Pustekuchen.
Viermal täglich werden Areal und sanitäre Anlagen desinfiziert. Ja, bestätigt Nannette Fuß, es habe Camper gegeben, die diese Maßnahmen für überzogen hielten. „Aber Unbelehrbare gibt es immer – am besten umdrehen und weitergehen.“ Jedenfalls sei für die Arbeit eine Reinigungskraft vom Hallenbad abgezogen worden. Aber jetzt, da das Hallenbad wieder geöffnet ist, ist sie dorthin zurückgekehrt und ein privater Anbieter übernimmt ihre Aufgabe. Auch das wird in die Bilanz der Saison 2020 einfließen.
Dem Camper aus Würzburg sind all diese Dinge so nicht bekannt. Er findet es einfach nur schön hier, und wenn Gott will, wird er wiederkommen.