Eine interessante Szene spielt sich am Samstag gegen 14 Uhr vor dem Eingang der Stadthalle ab: Es ist eine lange Schlange, die um Einlass ansteht. Ihr strömt, durch die Ausgangstür kommend, gleichfalls eine Schlange an Besuchern entgegen. Fazit nach zwei Stunden Öffnung der Motorradmesse: Es herrscht Belebung. Wie sehr, wie geplant und wie genau, das eröffnet sich dem Besucher beim Eintritt. 22 Aussteller haben Samstag und Sonntag dafür gesorgt, dass Motorradfahrer aus weiten Teilen Frankens zum „Angasen“ ihren Weg nach Lichtenfels fanden.

Individualitäten – so ein Wort kam einem in den Sinn, wenn man sich an Ort und Stelle umsah; hier individuell lackierte Schönheiten aus Chrom, Motor und Leder, dort Serienmodelle, die durch allerlei Umbaumaßnahmen aus einem Leben von der Stange ausbrechen, hier große Herstellernamen, dort die Modelle völlig neuer Motorradmarken und dazwischen gemütliche Gastronomie und Fahrräder in Motorradoptik.
Kein Alltagsprodukt
Der Mann, der das alles hier organisierend zusammengefügt hat, ist der Coburger Heiko Bayerlieb. Während das Leben in der Stadthalle pulst, ist er an den Ständen unterwegs, holt Erkundigungen ein oder sitzt an der Kasse des Eingangs.

Doch wie ist es so früh im Jahr eigentlich um die Neugierde und die Kauflaune von Besuchern solcher Messen bestellt? Berthold „Bertl“ Paukner braucht man mit so einer Frage gar nicht erst kommen. „Es ist ja kein Alltagsprodukt, so etwas wird aus Lust gekauft, so wie ein Urlaub. Dafür wird Geld (immer) ausgegeben“, erklärt der Bamberger, dessen Name für Harley Davidson steht.
Anfassen und ausprobieren
Dass es Trends gibt, bejaht er, doch dass „man das Rad nicht neu erfinden kann“, weiß er auch. Und ja: E-Bikes stecken noch in den Kinderschuhen. Doch so oder so oder anders: Eine Messe wie diese wird immer den Wert behalten, dass hier Begegnungen stattfinden, dass man in Augenschein nehmen, anfassen, sich auf Motorräder setzen kann. Oder wie „Bertl“ sagt: „Wir machen Kauflaune.“

Paul sieht das ähnlich. Dass der in Motorradmontur gekleidete junge Mann seinen Nachnamen nicht nennen will, habe nichts mit Misstrauen zu tun, erklärt er. Es sei vielmehr so, dass sein Nachname so selten und ungewöhnlich ist, dass er ihn lieber nicht gedruckt sehen möchte. Dann erzählt der 25-Jährige, der aus Ludwigsburg und somit aus Baden-Württemberg angefahren kam, dass er an Messen „dieses Anfassen und Ausprobieren“ schätzt. Das sei ihm viel wichtiger als das Beschauen von Neuheiten und Trends via Internet. Vor allem aber: Auf Messen wie diesen ist man unter Gleichgesinnten, unter Menschen, die dieses Hobby miteinander teilen.

Bedarf an Kinder-Quads steigt
Wann die Begeisterung für so ein Hobby ihren Anfang nehmen kann, erfährt man bei Seray Kemah. Die junge Frau mit den ausdrucksstarken Augen ist eine Händlerin aus Kronach und hat an ihrem Stand als Lockmittel ein Kinder-Quad. „Bei uns in der Region gibt es Cross-Strecken für Kinder“, führt sie aus. Der Bedarf an solchen Kinder-Quads sei in den vergangenen vier, fünf Jahren „auf jeden Fall“ gestiegen.

Auch sie findet solche Messen zur Information besser als das Internet. Für Organisator Bayerlieb hat sie nur lobende Worte übrig. „Er hat versprochen, dass viel los sein wird, und er hat Wort gehalten“, schließt sie.
Grill und Oldtimer als Lockmittel
Dass hier so viel los ist, liegt auch an dem Duft, der aus Grills aufsteigt. Er lockt gewiss keine Menschen aus Ludwigsburg an, aber trägt dazu bei, dass sie nicht so schnell wieder wegfahren, wenn sie schon mal da sind.

Gleiches gilt für den Auto-Oldtimer in der rechten hinteren Ecke der Stadthalle: ein Citroen 9CV, bekannt aus Gangsterfilmen mit Alain Delon, munter farbig umlackiert und umgebaut zur Bar mit Ausschank. Ihm gegenüber und gut 30 Meter entfernt, steht ein Peugeot als Blickfang neben einer roten Ledercouch. Denn solche Inseln, von denen aus es sich gemütlich ins geschäftige Treiben schauen lässt, gibt es in der Stadthalle auch.

Und Bayerlieb? Der spricht von einem Jahr an Planung und Vorbereitung dieser Messe. Er spricht auch davon, jetzt schon das Angasen 2026 in Angriff zu nehmen. Die Motorradmesse ist um diese Zeit vier Stunden alt und zog schon etwa 2000 Besucher an.
