Die „Music & Truck Days“ sind vorüber. Erstmals fand an diesem Wochenende ein Trucker-Festival im Lichtenfelser Ortsteil statt. Erstmalig? Durchaus, denn geht es nach dem Geschwisterpaar Niklas und Lena Brandmeier, wird das Festival eine einmal pro Jahr stattfindende Dauereinrichtung. Begegnung mit Menschen, Zahlen und Originalen.
Lena Brandmeier darf einen „40-Tonner“ fahren. Den Führerschein hat die junge Frau, die eigentlich in der Verwaltung tätig ist. Aber weil sie das Kind ihres Vaters ist und der seit 20 Jahren ein hier ansässiges Transportunternehmen führt, sieht sie das mit dem Führerschein schmunzelnd in eine Art Tradition gestellt.
Die ersten Planungen
Sie schmunzelt nicht alleine, denn neben ihr schmunzelt ihr Bruder Niklas. Der ist erst 17, noch Wirtschaftsschüler und bald Azubi für Karosserie- und Fahrzeugbau. Im vorletzten Jahr und „aus einer Laune heraus“, erzählt seine Schwester Lea, sei das Trucker-Treffen gedanklich angestoßen worden.
Man habe Kontakt mit den „Franken-Strolchen“ gehabt, einem Truck-Club, der schon vor Jahren die Treffs in Lichtenfels zuwege brachte. Doch dann kam Corona und damit „starb dann das Trucker-Treffen“, so die 27-Jährige. Ihr, ihrem Bruder und dem das Gelände zur Verfügung stellenden „Schneyer Schützenverein“ ist die Neuauflage des Treffens zu verdanken.
Über 40 „Brummis“ stehen hier auf dem Schützenplatz; fein herausgeputzt, sauber und in Reih und Glied. Dazu kommen noch Kleintransporter und sogar ein Kranfahrzeug. Geht man über den Platz, fällt einem ein Begriff ein: Open-Air. Diesen Charakter trägt das Treffen der Laster-Fahrer und ihrer Familien. Auch Zelte stehen hier, unter denen man miteinander isst, sich gegenseitig besucht und über das Leben austauscht.

Auch Bratwurstbuden und Getränkestände stehen hier, eine Bühne und ein Biergarten sowieso. Doch drei Tage lang begann alles erst einmal mit einem Frühstück und mit Verpflegung. Nicht Open-Air, sondern im Schützenhaus und dazu gibt es Zahlen und schmackhafte Fakten: 1000 Paar Bratwürste, 500 Steaks, 300 Eier und 2000 Brötchen wurden eingekauft.
Die das wissen heißen Heidi Nestler, Monika Zwingmann und Stefane Kalb. Gemeinsam bilden sie das „Frühstücksteam“ und stehen früh auf, um Rührei, Speck und überdies noch Wurstplatten zu machen.
Engagierte Helfer
Einer, der bezüglich künftiger Neuauflagen des Treffens optimistisch schaut, hat kurzzeitig die Wurstzange aus der Hand gelegt: Frank Reißmann heißt der Mann, ist 1. Schützenmeister, seit einem halben Jahr in die Organisation mit eingebunden und nun für drei Tage am Gril eingeteilt. 2025? „Zu 99,99 Prozent ja“, erklärt er und lacht. Damit bestätigt er nur das, was auch Lena Brandmeiers Prognose ist.
Dave ist auch hier. Dave, das ist eine Abkürzung. Oder ein Kosename? Immerhin ist David Fleischmann beliebt, bekannt und fast schon ein wenig prominent. Der 33-jährige Mann mit dem Bart, den wachen Augen und dem unverkennbar oberpfälzischen Dialekt hat Follower. Gut 30.000, Tendenz steigend. Vor zwei Jahren hatte er noch keine Follower, keinen TikTok-Kanal und keine Absicht, irgendwem zu erklären, was den Alltag eines Lkw-Fahrers ausmacht, wie dreckig Parkplätze sein können oder wie sich der horrende Parkplatzmangel auf Lenkzeitüberschreitungen und somit auf Strafzahlungen auswirkt.
Wie Fleischmann von sich erzählt, da kommt er darauf zu sprechen, wie ihm einst vor zwei Jahren die kleine Tochter seines besten Freundes eine Frage stellte: „Du, Onkel Dave, was machst du eigentlich so, wenn du unterwegs bist?“ Ohne diese Frage hätte er nie mit dem Filmen begonnen. Dann zeigt der Mann seinen Lkw, sein Wohnzimmer, sein Arbeitszuhause, sein über drei Stufen zu erreichendes Cockpit. Lässt er sich hier auf dem Sitz nieder, senkt der sich mit einem leisen Pfff ab, öffnet er zwischen sich und dem Beifahrersitz einen Schuber, entpuppt sich dieser als Kühlschrank und greift er rechts von sich nach unten an den Sitz, hält er das in Händen, was ihm allmorgendlich einen Liter Genuss beschert: seine Kaffeemaschine.

Dave dürfte das sein, was man ein Original nennt. Er ist europaweit unterwegs und bis hinauf zum Nordkap. Afrika? „Das steht noch auf meiner Liste“, erklärt er und er tut es auf eine Weise, die erkennen lässt, dass er allen Menschen etwas zugute hält und Begegnungen für wertvoll erachtet.
Unter freiem Himmel
Doch wenn ihm die Natur besonders gut gefällt, dann will er nicht im Brummi schlafen, sondern unter einem bestirnten Himmel im Schlafsack. Seine Berufsprüfung erhielt er mit Staatspreis und Auszeichnung. Wie er davon erzählt, greift er abermals nach einem Gegenstand – einem Aufheller für Filmaufnahmen. Ach ja, da war ja schließlich noch was mit TikTok.
Noch eine Zahl: 650. So viele Kilometer Anreise nahm Kati Kather für dieses Treffen auf sich. Die Frau heißt nicht etwa Kathi Kater, sondern wirklich Kati Kather. Schon oft habe die aus der Nähe von Flensburg Stammende deshalb und zum Beweis ihren Ausweis vorgezeigt, und sie tut es gerade wieder. Ihr Freund ist auch hier und er ist Lkw-Fahrer. Obwohl sie ihn Andi ruft, heißt der Erzgebirgler eigentlich Andy, weil er nach dem Schlagersänger Andy Borg benannt wurde. Das sei auch ein Schicksal, wendet jemand ein und Andy Weiser lacht.

Er und Kati führen eine Fernbeziehung und „auf diese Weise haben wir Zeit miteinander“, sagt Kati über ihren Bezug zum Trucker-Festival. Doch abgesehen von ihrem Andy gibt es noch mehr Menschen hier, auf die man sich freut. „Du triffst Freunde, man redet, man tauscht sich aus.“
Keiner wird ausgebremst
So sieht das auch Andy Weiser, wenngleich auch mit berufsbedingten Vorzeichen. Sie sprechen von Termindruck und einer Unerbittlichkeit auf den Straßen. „Auf der Autobahn sehen wir uns mit dem Arsch nicht an, aber hier redet man miteinander – hier wird man nicht ausgebremst, hier bist du Freund“, fasst Weiser zu seinen Erfahrungen auf den Straßen dieser Welt zusammen.
Am späten Abend wir hier getanzt, man sitzt im Biergarten unter Bäumen, hört den Bands auf der Bühne zu und dann gehen nach Einbruck der Dunkelheit bei all den Trucks auch noch die vielen Lichter an. Romantik in PS.