Peter Hoffmann entspricht so gar nicht dem Bild, das man von Leuten wie ihm hat. Er hält sich nicht leicht gebeugt in Wand vertäfelten, dunklen Räumen vor Kassettenschränken auf. Er hat auch keinen Rauschebart, kein durch Alter würdevoll ergrautes Haar. „Ich bin - glaube ich auch – für einen Notar vergleichsweise jung“, sagt er selbst über sich.
Doch halt, in diesem Moment kam es sehr wohl zu etwas, das dem Bild entspricht, denn er sagte das in einem Tonfall, der doch etwas von dem Bild eines Notars hatte. Denn er sprach gesetzt und bedachtsam, frei von Eile und Überstürzung. Wer ist Peter Hoffmann?
Ein freier Beruf in Ausführung eines öffentlichen Amtes
Seit 1. März hat Lichtenfels ihn als Notar. Es gibt, erklärt er, nur eine limitierte Anzahl von Notarstellen. Und ein Notar ist ein öffentlicher Amtsträger. „Ein freier Beruf in Ausführung eines öffentlichen Amtes“, wie der 30-Jährige es unaufgeregt auf den Punkt bringt.
Da ist sie wieder, diese Art und Weise, die ihr Gegenüber in aller Ruhe ausreden lässt und freundlich bleibt. Aber, auch das wird sich zeigen, es ist eine hellwache und aufmerksam bleibende Ruhe, die das, was ein Gesprächspartner sagt, auch dann noch im Sinn behält, wenn dieser Schachtel-, Neben- und Teilsätze einbaut und dazu noch ausgesprochene Einschübe in Klammern konstruiert. Kein Zweifel: Hier ist ein Wesensmerkmal am Werk.
„Als Notar kann man helfen, Streit zu vermeiden, bevor er entsteht.“
Peter Hoffmann (30), der auch „richten“ dürfte
Hier, das ist die Adresse Kronacher Straße 20, das ist die Nachbarschaft zum Amtsgericht. Und tatsächlich hat ein Notar nach Ablegen der zwei juristischen Staatsexamina eine Befähigung zum Richteramt. Aber Hoffmann wollte offenbar nie richten, eher schlichten. „Als Notar kann man helfen, Streit zu vermeiden, bevor er entsteht“, gibt der 1990 in Augsburg geborene Mann an.
Als er 19 war, so um die Zeit des Abiturs und der beruflichen Orientierung herum, da war er mal bei einem Notar gewesen und hatte an dessen Beruf eine Facette ausgemacht, die er als würdevoll wahrnahm. „Neutral zu sein und präventiv auf Streit ausgleichende Lösungen aus zu sein“, darin erkannte er einen Unterschied zu manch sonstigen Berufen in der Justiz. Ja, räumt er ein, möglicherweise habe sich das damals bezüglich der Berufswahl in seinem Hinterkopf festgesetzt.
Werdegang: ein ständiges Zelteabbrechen, das auch formt
Nach dem Abitur gab es Zivildienst. Elf Monate in einer Jugendpsychiatrie. „Auch da habe ich schon festgestellt, dass es mir grundsätzlich Spaß macht, Menschen zu helfen.“ Wie er davon spricht, kommt er auf seinen restlichen Werdegang zu sprechen, auf das Studium der Rechtswissenschaften und das erste Staatsexamen, auf das Rechtsreferendariat mit Praxiserfahrung und das zweite Staatsexamen.
Von selbst spricht er nicht an, dass man zu den besten Bewerbern gehören muss, die eine vom Bayerischen Staatsministerium für Justiz ausgewiesene Assessorenstelle antreten dürfen. So kam er unter anderem für 14 Monate nach Memmingen, für fünf Monate nach Dingolfing, für vier Monate nach Pappenheim und für 16 Monate nach München. Eine bewegte Zeit, der er auch etwas zugute hält. „Ja, es ist ein stetiges Zelteabbrechen – es macht auch erwachsen.“ Lichtenfels hält er im Vergleich zu München nicht für einen Abstieg. „Überhaupt nicht.“ Dann sagt er etwas von humoriger Originalität: „Bisher finde ich die umliegende Bevölkerung angenehm.“
Systemrelevant: Rechtsgeschäfte sind nichts, was man aussetzen kann

Tatsächlich, in Coronazeiten fragt man sich das, ist ein Notar systemrelevant. Die Beglaubigung und Beurkundung von Rechtsgeschäften ist nichts, was aussetzen kann. Für Grundstückskaufverträge muss ein Notar konsultiert werden, für Testamente und Fragen des Erbrechts gibt es sogar Eilbedürftigkeiten. Elf, zwölf Arbeitsstunden am Tag fallen da an. Aber da winkt Hoffmann schmunzelnd ab, denn das „war von vornherein klar und der Beruf hat viele schöne Seiten“.
Von seinem Vorgänger Thomas Reich hat der 30-Jährige die Büroräume und Mitarbeiter übernommen. Doch auch Verträge müssen übernommen werden. Und so galt es, sich in diese einzuarbeiten. Und dann sind da noch die Dinge, die Reich schon konzipiert oder besprochen hat, zu denen es aber noch keine Vertragsentwürfe oder Beurkundungen gibt beziehungsweise gab.
Sobald Hoffmann das alles hinter sich gebracht haben wird, so verspricht er lachend, werde er sich auch weit mehr mit den hiesigen Lokalnachrichten befassen, schließlich sei er hier ja „angekommen“. Zumindest eigene kleine, gewohnte Spazierwege gehe er schon und versuche dabei zu entdecken, was entlang oder hinter den jeweiligen Wegen noch alles liegt.
Vom Durchgschnaufen und bestimmten Blicken
Befristet ist seine Stelle in Lichtenfels nicht beziehungsweise nur bedingt. Denn er kann seinen Beruf so gut ausüben wie nur möglich, das würde ihn nach geltendem Recht nicht davor bewahren, in den Ruhestand gehen zu müssen. „Mit 70 muss man das als Notar zwingend.“

Über manche Dinge kann er nicht reden – Schweigepflicht. Über so etwas wie den ungewöhnlichst konstruierten Vertrag spricht er nicht. Aber dafür über etwas, das ihm in seiner beruflichen Laufbahn schon öfter auffiel und das zu seinem leisen Humor zu passen scheint. „Eine wiedererkennbare Art, wie sich junge Paare anschauen, wenn sie gemeinsam ein Grundstück gekauft haben“, gibt es seinen Worten zufolge. Und das Durchschnaufen alter Menschen, wenn ihr Wunsch nach Regelung von Versorgungsvollmachten geordnet wurde. „Das sind mit die plastischsten Fälle, die einen mit aufwühlen, weil man helfen kann.“
Seinem großen Hobby kann er am Obermain nicht nachgehen
Doch Lokalnachrichten hin und Entdecken neuer Wege am Obermain her – dieses Lichtenfels hat auch einen Nachteil. Zumindest für Segler. Peter Hoffmann ist ein Hobby-Segler, so gesehen liegen Wohnorte wie München oder Dingolfing günstiger zum Ammersee oder Bodensee. Auf bayerischen Binnengewässern dürfte Hoffmann jedwede nicht motorisierte Bootsgröße segeln, dafür hat er den großen Segelschein. Doch sollte es ihn an Küstengewässer ziehen, dann würde er den großen Segelschein benötigen – und dessen Voraussetzung ist der kleine Motorbootschein, nicht aber der kleine Segelschein. An dieser Stelle muss Hoffmann schmunzeln, denn er gibt zu, dass sich auch ein Volljurist nicht immer einen Reim auf jedes Gesetz machen kann.