Die Lage im von einer Welle von Covid-19-Erkrankungen betroffenen Pflegeheim Elisabeth in Lichtenfels spitzt sich zu. Alarmierend ist die Situation der Bewohner: Von den 58 Senioren wurden 51 positiv getestet, vier von ihnen mit schweren Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert, einer ist gestorben, wie Geschäftsführer Fabian Franke berichtet. Außerdem ist die Hälfte der 48 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden, einige liegen mit ernsten Symptomen im Bett. Den Verdacht, Mitarbeiter der Impfteams, die Bewohner und Pfleger am 27. und 28. Dezember gegen die Krankheit geimpft haben, könnten das Virus in die Einrichtung getragen haben (wie berichtet), weist das Landratsamt als unbegründet zurück (eigener Bericht unten).
„Es ist eine Katastrophe: Wir arbeiten am Rande der Erschöpfung und brauchen dringend Fachkräfte, um die Senioren zu versorgen.“
Fabian Franke, Geschäftsführer
„Es ist eine Katastrophe“, beschreibt Fabian Franke die Lage. Die verbliebene Hälfte der Mitarbeiter, die noch gesund ist, betreut Bewohner, so gut es geht, doch noch stehen elf PCR-Tests aus und der Geschäftsführer befürchtet, dass weitere positive Ergebnisse folgen könnten. „Unsere Leute arbeiten mit einem großartigen Engagement und Zusammenhalt, aber sie gehen allmählich auf dem Zahnfleisch“, berichtet er. Während die Hälfte der Kräfte fehlt, ist der Aufwand für die Betreuung der Bewohner immens gestiegen. So müssen die erkrankten Senioren, die unter Fieber und Erkältungssymtomen leiden, aufwändig gepflegt werden. Hinzu kommen die umfangreichen Vorkehrungen zum Schutz der Mitarbeiter vor einer Ansteckung.
Jetzt hofft Fabian Franke, dass sich die Erkrankten dank der erfolgten Impfung rasch erholen. Doch ob das Serum nach dieser kurzen Zeit bereits Wirkung zeigt, sei völlig offen. Für die sieben noch nicht erkrankten Bewohner wird zurzeit ein abgetrennter Bereich eingerichtet, um weitere Infektionen zu vermeiden.
Dankbar für die Solidarität der Bürger und sechs freiwillige Helfer

Währenddessen sucht der Geschäftsführer händeringend Personal. Über einen Online-Aufruf bei Facebook haben sich kurzfristig sechs Helfer gemeldet. „Ich bin dankbar für diese Solidarität der Bürger, die meinen Aufruf mehr als 300 Mal geteilt haben“, sagt er.
Doch die Helfer sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, denn für die zum Teil stark pflegebedürftigen Bewohner werden Fachkräfte benötigt. Und daran fehlt es. „Schon für die Ernährungsgabe brauche ich eine Fachkraft, sonst kann der Pflegebedürftige ersticken“, erklärt er. Daher hat Franke beim Gesundheitsamt eine Ausnahmegenehmigung dafür beantragt, dass die positiv getesteten Mitarbeiter die ebenfalls positiven Bewohner unter entsprechenden Schutzvorkehrungen versorgen dürfen. Anstecken könnten sie sich gegenseitig ja nicht. Außerdem hat er Hilfskräfte von der Bundeswehr angefordert, um den akuten Personalmangel zu überbrücken.
Aufgrund der Schnelligkeit, mit der sich das Virus in dem Haus mit einer Fläche von 2500 Quadratmetern ausgebreitet habe, hält er am Verdacht, ein Mitarbeiter der Impfteams könnte den Erreger eingeschleppt haben fest. Schließlich seien auch Bewohner in Bereichen, in denen die positiv getesteten Mitarbeiter keinen Zugang hatten, erkrankt. Und bei anderen Besuchern über die Feiertage seien alle Tests negativ gewesen. Eine Bewohnerin, die nicht geimpft wurde und keinen direkten Kontakt zu anderen habe, weil sie das Essen aufs Zimmer gestellt bekomme, habe sich nicht infiziert, ergänzt er.

Bessere Informationen hätte Franke sich von den Behörden auch vor der Impfung gewünscht. So waren im Pflegeheim nur etwa die Hälfte der Mitarbeiter bereit, sich impfen zu lassen, von den Bewohnern dagegen 90 Prozent. Bei einer späteren Befragung der Mitarbeiter seines Pflegedienstes, denen er zusätzlich eine Informationsschrift aushändigte, sei der Anteil der Impfwilligen auf 70 Prozent gestiegen.
Gesundheitsamt lässt Proben auf Virus-Mutation untersuchen
Wegen der Geschwindigkeit, mit der sich das Virus in der Einrichtung ausgebreitet hat, wurde eine Probe zur genetischen Untersuchung geschickt, berichtet Andreas Grosch vom Landratsamt. Dabei solle geprüft werden, ob es sich um eine Mutation von Covid-19, wie sie in England grassiert, handelt. „Das Landratsamt leistet jede mögliche Unterstützung“, betont er. So prüfe das Gesundheitsamt, ob positiv getestete Mitarbeiter in einer Art „Worst-Case-Szenario“ ausnahmsweise Infizierte versorgen könnten. Außerdem kümmere sich die Heimaufsicht um die gewünschte Unterstützung durch die Bundeswehr.