Die Solidarität mit den Opfern des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist groß im Landkreis Lichtenfels, die Spendenbereitschaft beeindruckend. Zuflucht vor Putins Bomben hat die erste Gruppe von Frauen und Kindern aus der Ukraine in Baiersdorf bereits am Sonntag gefunden. Mit einem Bus, den Tetyana Langbein und Olena Krajcik aus Bad Staffelstein organisiert hatten, um Hilfsgüter in die Ukraine zu bringen, kamen auf der Rückfahrt sieben Frauen und 13 Kinder. Zuflucht haben sie in einer ehemaligen Bäckerei in Baiersdorf gefunden, wo zuvor bereits Flüchtlinge untergebracht worden waren. Vorsorglich hat der Landkreis zur kurzfristigen Unterbringung größerer Gruppen in der Turnhalle der Lichtenfelser Berufsschule eine Erstaufnahmestelle eingerichtet.
„Wir haben die Turnhalle vorsorglich zur Verfügung gestellt, damit wir gerüstet sind, wenn wieder kurzfristig Busse voller Geflüchteter ankommen.“
Andreas Grosch, Landratsamt
„Wir haben die Turnhalle vorsorglich zur Verfügung gestellt, damit wir gerüstet sind, wenn wieder kurzfristig Busse voller Geflüchteter ankommen“, betonte Andreas Grosch vom Landratsamt. Da eine zentrale Verteilung durch die Bundesregierung nicht vorgesehen und somit unklar sei, ob und wie viele Personen in den Landkreis kommen könnten, habe die Koordinierungsgruppe des Landratsamts, in der neben den Katastrophenschützern auch die Polizei und die Rettungsdienste mitarbeiten, die notwendigen Vorkehrungen getroffen.

Denn als überraschend am Sonntag die 20 Frauen und Kinder aus der Ukraine eintrafen, musste die Verwaltung alle Register ziehen. Für eine Nacht wurden sie von der Hans-Seidel-Stiftung beherbergt, wie berichtet, am Montag gelang es kurzfristig, sie in Baiersdorf unterzubringen. Dort werden sie von ehrenamtlichen Helfern betreut.
Die Betten für die Turnhalle der Berufschule sind eingetroffen
Unbegründet ist die Sorge einiger mitfühlender Bürger, die Ukrainer müssten in der Turnhalle der Berufsschule auf Matratzen auf dem Boden kampieren, wie Grosch versicherte. Matratzen seien bereits vorhanden, die Betten wurden am Freitagmorgen geliefert, private Bereiche für Mütter mit Kindern durch Stellwände abgeteilt. Weitere 60 Feldbetten stelle der Kreisverband des Roten Kreuzes zur Verfügung. Somit könnten bereits am Wochenende 50 bis 100 Personen untergebracht werden. Eingerichtet werden sollen in der Turnhalle Unterbringungsmöglichkeiten für maximal 200 Personen.

„Vorgesehen ist dort nur eine Unterbringung für ein bis drei Tage, damit die Leute ein Dach über dem Kopf haben, versorgt werden und auf Covid-19 getestet werden können“, betonte Grosch. Versorgt werden sie dort vom Roten Kreuz. Sogar ein Spielecke für Kinder werde eingerichtet. Anschließend sollen sie in Wohnungen einziehen. Bisher haben die Bürger rund 135 Privatunterkünfte beim Landkreis gemeldet, ob das reicht, sei noch unklar. „Wir sind für jede Meldung dankbar“, betonte Grosch.
„Ich freue mich und bin allen Akteuren sehr dankbar, dass sie sich so leidenschaftlich und großherzig einsetzen“, betonte auch Landrat Christian Meißner. „Unser Hilfe-Netzwerk im Landkreis, dass es schon seit der Flüchtlingswelle 2015/2016 gibt, hat nun wieder seine Arbeit aufgenommen (Infobox).“
Bisher sind rund 80 Flüchtlinge im Landkreis eingetroffen, der Landkreis rechne mit etwa 300 (ganz Bayern 100 000), doch das könne sich täglich ändern. Die Verteilung solle nach dem Königsteiner Schlüssel erfolgen, zurzeit laufe sie in Oberfranken nach dem Alphabet.
Gleichzeitig prüfe der Landkreis Möglichkeiten, Sammelunterkünfte einzurichten, doch dies erfordere einen größeren zeitlichen Vorlauf. Ideal wäre das ehemalige Altenheim der Maiacher Stiftung in Lichtenfels, über dessen Verwendung der Landkreis mit der Stadt im Gespräch sei. Dort könnten 200 Menschen untergebracht werden, was für die zum Teil traumatisierten Kriegsflüchtlinge wegen der Möglichkeiten, sich mit Landsleuten auszutauschen, günstiger wäre, als wenn sie einzeln in Wohnungen verteilt würden. Auch Hilfsangebote könnten dort zentral geleistet werden. Da jedoch Wasserleitungen und Heizkörper ausgebaut worden seien, würde es mindestens vier Wochen dauern, bis die Zimmer wieder bewohnbar wären.
Maiacher Stiftung wäre ideal, altes Krankenhaus zu teuer
Noch aufwändiger wäre es, im Altbau des Klinikums Wohnräume einzurichten. Die Möglichkeiten würden zwar geprüft, seien aber bei erforderlichen Investitionen im mehrfachen sechsstelligen Bereich wenig aussichtsreich. Hinzu komme, dass der Landkreis dafür wohl Mittel vom Bund bekommen würde, womit das Gebäude anschließend als Sammelunterkunft gewidmet wäre. Dann müsste das angeschobene Vergabeverfahren für eine Nachnutzung gestoppt werden. „Angesichts der Kosten wäre es wohl günstiger, etwas Neues auf der Wiese zu bauen“, meinte Grosch.

Auch mit der Franken-Akademie steht der Landkreis im Gespräch über Unterbringungsmöglichkeiten in Schloss Schney. „Wir wollen Solidarität zeigen und helfen“, sagte die Vorstandsvorsitzende Susann Biedefeld auf Anfrage. Die Zahl der freien Betten hänge davon ab, wann die Geflüchteten ankommen, denn der Seminarbetrieb ziehe nach der Corona-Pause wieder an. Keine freien Kapazitäten habe die Hanns-Seidel-Stiftung, die zurzeit wieder Vollbelegung verzeichne, teilte Lucia Gieß mit. Grundsätzlich offen, dem Landkreis Betten im Korbstadthotel Krone oder im Stadthotel für Frauen und Kinder aus der Ukraine zur Verfügung zu stellen, zeigte sich auch Geschäftsführer Florian Kreier. „Es kommt immer auf die Auslastung durch Tagungen und Geschäftsreisende an“, sagte er.
Hilfe-Netzwerk Ukraine Um die Hilfen für Geflüchtete aus der Ukraine zu koordinieren, haben sich die Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen im Landkreis abgesprochen, die Angebote zu bündeln. Im Landkreis gibt es daher eine Aufgabenteilung: • Das Mehrgenerationenhaus bietet eine Internet-Plattform für Sachspenden für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge vor Ort inkl. usive Transportangebote an (forms.gle. Diese Plattform ist eine Art „Schwarzes Brett“. Die Sachgüter bleiben zunächst beim Spender und werden an die Flüchtlinge im Bedarfsfall vermittelt. Auch Transportangebote von Bürgern oder Firmen können hierüber gesammelt und abgerufen werden. • Die Aktiven Bürger sind Ansprechpartner und Koordinator für das „Bürgerschaftliche Engagement.“ Wer in irgendeiner Form Unterstützung anbieten möchte, meldet sich bei den Aktiven Bürgern unter info@aktive-buerger-lichtenfels.de. Auch Dolmetscher können sich über diese E-Mail melden. Die Hilfe findet dann gezielt bei den Flüchtlingen in den jeweiligen Gemeinden statt. • Das Landratsamt, Abteilung Sozialwesen, ist zuständig für die Unterbringung, betreibt zudem die Wohnraumbörse (Formular für Vermieter auf der Homepage), um die Flüchtlinge im Landkreis adäquat unterzubringen. Hier werden alle Wohnraumangebote gesammelt. Das Ausländeramt ist ebenfalls eingebunden. Alle Informationen sind zu finden unter www.lkr-lif.de.