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LICHTENFELS: Rudolf Ruckdeschel ist Behindertenbeauftragter im Landkreis

LICHTENFELS

Rudolf Ruckdeschel ist Behindertenbeauftragter im Landkreis

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    Rudolf Ruckdeschel hat ein offenes Ohr für die Belange von Behinderten. Dennoch empfiehlt sich eine Voranmeldung per Telefon.
    Rudolf Ruckdeschel hat ein offenes Ohr für die Belange von Behinderten. Dennoch empfiehlt sich eine Voranmeldung per Telefon. Foto: Markus Häggberg

    „Niemals geht man so ganz“, sang Trude Herr vor vielen Jahren. Das trifft auch auf Rudolf Ruckdeschel zu. „Neben der Kasse, das zweite Zimmer links“, beschreibt der 65-Jährige den Weg zu seinem Büro. Ruckdeschel hat seinen Dienst im Landratsamt eigentlich schon beendet, und dennoch ist er dort regelmäßig tätig. Seinen letzten Arbeitstag im Sachgebiet Bauen und Planungsrecht hatte er am 29. April 2019, seit Mai 2019 setzt er sich ehrenamtlich für die Belange von Menschen mit Behinderung ein.

    Begegnungsstätte für Menschen mit Behinderung als Ziel

    Der Mann hat noch Träume. Ihm schwebt eine Begegnungsstätte für Behinderte vor, ein Ort, an dem sie sich über ihre Erfahrungen austauschen können. Und da gibt es viel zu tun, und vieles hört er sich an. Jeden Mittwoch von 9 bis 12 Uhr in Zimmer E 04. Dann kommen Menschen mit Behinderungen zu ihm, die vielfältige Fragen haben. Wie sieht das für mich mit dem öffentlichen Nahverkehr aus? Wie mit dem Parkausweis? Wie mit Hilfestellungen? Dem Blindengeld oder welcher Grad der Behinderung wird mir zugestanden?

    Neben den Regeln gibt es Ausnahmen und Sonderbedingungen. Wer beispielsweise seine Steuerermäßigung für das Auto gegen Vergünstigungen im Öffentlicher Personennahverkehr eintauscht, muss ein Beiblatt ans Hauptzollamt schicken. In solchen Fällen ist es gut, wenn der Regierungsinspektor hilft.

    Beurteilung beim Umbau öffentlicher Gebäude und Plätze

    Rudolf Ruckdeschel sieht oft ernst aus. Doch der Mann ist heiter, besitzt ein einfühlsames Wesen und will sich für Menschen mit Behinderungen einbringen.
    Rudolf Ruckdeschel sieht oft ernst aus. Doch der Mann ist heiter, besitzt ein einfühlsames Wesen und will sich für Menschen mit Behinderungen einbringen. Foto: Markus Häggberg

    Wenn Rudolf Ruckdeschel nicht im Landratsamt ist, genießt er seinen Ruhestand in seinem Haus in Oberwallenstadt. Er sitzt auf seiner Terrasse, die einem überdachten Wohnzimmer gleicht, und nippt am Kaffee. Bis zum nächsten Mittwoch hat er noch ein paar Tage Zeit. Fröhliche Stimmen sind vom nahe gelegenen Badesee zu hören. Entspannung findet der leidenschaftliche Motorradfahrer Rudolf Ruckdeschle auch bei Ausfahrten in der Region.

    Doch auch zu Hause lässt ihn sein Ehrenamt nicht ganz los. Wenn er sich für eine Stellungnahme eine Meinung bilden muss, reicht die Zeit am Mittwochvormittag nicht aus. „Ich muss mich als Behindertenbeauftragter zum Bau oder Umbau öffentlicher Gebäude und Plätze äußern“, erklärt er. Das verlangt nach Akteneinsicht und Vorbereitung.

    Ruckdeschel, der zwölf Jahre lang Berufssoldat war, kennt sich in der Verwaltung aus. Er spricht nicht vom barrierefreien Bauen und öffentlich zugänglichen Gebäuden, sondern von der Norm DIN 18040 und davon, dass die mehrere Teile hat. Um Gebäude und Plätze im Landkreis vor einem Umbau beurteilen zu können, muss er sie sich ansehen. Unter anderem hat er die Grundschulen in Marktzeuln, Ebensfeld, Bad Staffelstein und Burgkunstadt begutachtet. So kommt er oft sogar auf zwei Tage ehrenamtlicher Arbeit in der Woche.

    Meist ist er schon zwei Stunden vor seiner Sprechstunde im Büro, um ungestört E-Mail zu beantworten. „Als Spitzenwert waren mal 93 Nachrichten aufgelaufen“, berichtet Ruckdeschel. Ein Lächeln spielt um den Mund des Mannes, der häufig ernst schaut: „Als Ruheständler ist es auch nicht so, dass ich um 12 Uhr aufhören muss. Wenn etwas länger dauert, dauert es eben länger.“

    Auch beim leidigen Ausfüllen von Formularen hilft Ruckdeschel. Nachdem er 30 Jahre lang im Landkreis für Wohnungsbau zuständig war, beherrscht er das Amtsdeutsch. Und wenn auch er nicht mehr weiterkommt, weiß er immerhin, wo er anrufen kann: „Durch meine lange Zeit im Bauamt habe ich noch gute Kontakte.“ Etwa zum stellvertretenden Kreisbaumeister Berthold Girschke.

    In seinem Büro hat Rudolf Ruckdeschel Zugriff auf Akten, Daten, Dokumente, Statistiken und Gesetzeslagen rund um die Angelegenheiten Behinderter.
    In seinem Büro hat Rudolf Ruckdeschel Zugriff auf Akten, Daten, Dokumente, Statistiken und Gesetzeslagen rund um die Angelegenheiten Behinderter. Foto: Markus Häggberg

    „Das sind oft Menschen, die von einem Moment auf den anderen eine komplette Lebensveränderung erfahren mussten.“

    Rudolf Ruckdeschel, Behindertenbeauftragter

    Das häufigste Anliegen ist die Beantragung eines Behindertenausweis, die viele Menschen überfordert. Besonders Schlaganfallpatienten, die oft unruhig oder ungeduldig werden und Konzentrationsschwierigkeiten haben. Er verhilft ihnen zur Orientierung über Leistungen und Zuständigkeiten. „Das sind oft Menschen, die von einem Moment auf den anderen eine komplette Lebensveränderung erfahren mussten. Das ist totales Neuland für diese Personen.“ An diesem Punkt des Gesprächs erweist sich der ehemalige Oberfeldwebel als zartfühlend und mit viel Empathie für menschliches Leid. So erzählt er von einem alten Mann, der vereinsamte, weil seiner Ehefrau dement wurde und ihm der Gesprächspartner fehlte.

    Ein Kollege habe ihn für den Posten des Behindertenbeauftragten vorgeschlagen. Der Kreisausschuss habe ihn daraufhin für zwei Jahre mit der Aufgabe betraut. Während in anderen Landkreisen hauptamtliche Behindertenbeauftragte bestellt werden, handelt es sich in Lichtenfels um ein Ehrenamt.

    Eine offene Tür hat Rudolf Ruckdeschel im Landratsamt für viele Anliegen.
    Eine offene Tür hat Rudolf Ruckdeschel im Landratsamt für viele Anliegen. Foto: Markus Häggberg

    Wie wichtig das Amt ist, zeigt die Statistik: „Zehn Prozent der Bevölkerung gelten als behindert.“ Das wären auf den Landkreis bezogen mehr Einwohner als in Ebensfeld leben. Mit Statistiken zum Thema Behinderte im Landkreis ist Rudolf Ruckdeschel vertraut, und seine Berichte tragen zu ihrer Aussagekraft bei. Jährlich legt er dem Kreistag einen Rechenschaftsbericht vor.

    In der Woche berät er acht bis zehn Personen. Zeitliche Vorgaben dafür gibt es nicht. VdK, Regens Wagner und Caritas unterstützen ihn. Etwa beim Thema „Einfache Sprache.“ Es soll Menschen mit Behinderung helfen, auch knifflige Zusammenhänge zu verstehen. Doch manchmal geht es den Rat suchenden Menschen auch um etwas anderes: „Einfach mal wieder mit jemandem reden.“ In seine Sprechstunde kann man – gerade wegen der Corona-Pandemie – nicht einfach hereinschneien. Termine müssen eine Woche vorher vereinbart werden.

    Auf die Frage wie lange er noch ehrenamtlich tätig sein will, meint er „Bis ich den Berthold Girschke überredet habe, das zu übernehmen. Aber der hat noch drei, vier Berufsjahre.“ Außerdem engagiert er sich beim Lichtenfelser Stadtentwicklungsprojekt „Vision 2030“ in einer Arbeitsgruppe für Senioren und Menschen mit Handicap, berichtet er mit einem Lächeln.

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