Wohl an die 200 Kundgebungsbesucher fanden sich im Beisein von Polizeikräften am Sonntagnachmittag auf dem Marktplatz ein. Unter dem Motto „Ein Leben für Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung“ hatte der Verein „Miteinander Füreinander“ hierzu aufgerufen. Gut zwei Stunden lang herrschte ein scharfer Ton bei Rundumschlägen hauptsächlich zu Themen wie Corona.
Russische Fahnen und rund 100 Menschen, die teils in solche gehüllt waren – das war die offensichtlichste Auffälligkeit dieser Demonstration, die ansonsten die üblichen Protagonisten wie Bernd Grau, das AfD-Kreistagsmitglied Theo Taubmann oder die streitbaren Impfpflichtgegnerinnen Anna Herz und Antje Seiß als Redner in petto hatte.
„Es gibt eine Diskriminierung von Russland-Deutschen.“
Konstantin Elberg, Demonstrationsteilnehmer
Laut einer Ankündigung sollte sich der Termin um die Klima-Krise, Migrations-Krise, Corona-Krise und Ukraine-Krise drehen, aber es sollte doch zuallermeist um die Corona-Krise gehen. Für Konstantin Elberg, der auch mit einer russischen Fahne auf dem Platz stand, war das aber weniger das bestimmende Tagesthema. Ihn trieb eine Beobachtung an. „Es gibt eine Diskriminierung von Russland-Deutschen“, erklärt er ein unbestrittenes Faktum, das schlimm genug ist und derzeit durch die Medien geht.
Eine Stunde lang nur Corona als Thema

Die Sorge, dass Menschen russischer Abstammung wegen des Ukraine-Konflikts Anfeindungen ausgesetzt sind, trieb auch Julia aus Kulmbach um. Sie wollte gegenüber dieser Zeitung ihren Nachnamen nicht nennen, denn „sonst kommt noch ein Ukrainer und macht mein Auto kaputt“, wie die junge Frau begründete. Über Facebook und Tiktok habe sie von der Veranstaltung erfahren und zeigte einen Unmut darüber, dass nach gut einer Stunde Veranstaltungsdauer das Thema Anfeindung von russischstämmigen Mitbürgern immer noch nicht aufs Tapet gekommen war.
Mit Blick auf die wohl 25 russischen Fahnen- und Flaggenträger samt deren Anhang im Publikum meinte sie, dass in Anbetracht dessen von ihnen „wohl viele nicht gekommen wären, die gekommen sind“. Wären sie nicht gekommen, hätte das lediglich die Fortsetzung eines Trends bedeutet, wonach das Thema Corona gar nicht mehr so viele Demonstranten mobilisiert.

Ein irritierender Moment ereignete sich während der Rede einer Frau mit russisch-deutschem Hintergrund. Auch sie trat ans Mikrofon, auch sie wollte ihren Namen nicht nennen, und auch sie malte drastische Bilder. Sie beschwor ein Bild aus jener Zeit, in welcher gegen „bestimmte Gruppen“ absichtlich Hass geschürt wurde, der dann zu Konzentrationslagern führte. Doch wer war eigentlich der Adressat ihrer Rede? Schürt ihrer Sicht nach die Presse? Die Bundesregierung? Der Mitmensch mit Facebook-Account? Vieles blieb allgemein gehalten, schwammig und sich an der Grenze zwischen Konkretem und Unkonkretem verlierend. Aber dann wurde es doch konkret: „Ja, es ist eine militärische Sonderoperation zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine“, so die Frau.
Kein Widerspruch gegen angebliche Entnazifizierung
Und dann war er da, der unbemerkt irritierende Moment, der darin lag, dass seitens der Corona-Demonstranten keine Regung gegen das Gesagte um die Entnazifizierung aufkam. Der Rest der Veranstaltung war thematisch von dem geprägt, was man abseits eines Sonntags an den Montagabenden auf dem Marktplatz zu Corona schon wiederholt zu hören bekommen hat, inklusive Verschwörungstheorien. Allerdings in scharfem Ton und durchaus auch gespickt mit eindeutigen Rache- und Revanchismustendenzen, vor allem in Richtung einer Politik, deren Krisenmanagement als versagend angesehen wird.

Dass die Einführung einer angedachten allgemeinen Impfpflicht jüngst im Bundestag nicht durchgekommen ist, wurde von einem Redner nicht als gutes Zeichen oder Funktionieren der Demokratie gewertet, sondern eher als taktisches Geplänkel und Täuschungsmanöver.
Über der Nachmittagsveranstaltung lag auch noch ein anderweitiger Hauch. Etwas, das sich für Außenstehende so anfühlen mochte, als ob eine Bewegung befürchtet, künftig womöglich an Bedeutung zu verlieren. Oder wie sagte ein weiterer Redner zu Beginn seiner Ansprache: „Na, kennt ihr mich noch?“