Mal schnell eine Schachtel Aspirin besorgen oder das Arztrezept einlösen – in Schney ist das nur noch bis Ende August möglich. Zum 31. dieses Monats schließt nämlich die Schloss-Apotheke in der Friedrich-Ebert-Straße ihre Pforten. Aber nicht freiwillig, wie Inhaber Hartmut Pensel betont: „Mir wäre es lieber gewesen, wenn ich die Apotheke in Schney noch ein paar Jahre hätte betreiben können.“ Für ihn sei die Schloss-Apotheke nicht nur ein Geschäft gewesen, in dem die Schneyer ihre Medikamente kaufen, sondern eine soziale Anlaufstelle, besonders für die älteren Menschen. Aber die Entwicklung des Geschäftsumfelds seit 2017 habe ihm letztlich keine andere Wahl gelassen, als die seit 1984 bestehende Apotheke zu schließen, so Hartmut Pensel.
Das Ende wurde vor fünf Jahren eingeläutet
Letztendlich hätten vier Gründe hätten Ausschlag gegeben. So habe sich mit Dr. Michael Schnapp der einzige Hausarzt im größten Lichtenfelser Stadtteil vor fünf Jahren aus Altersgründen zur Ruhe gesetzt. Alle Bemühungen der heimischen Politiker – von der Bundestagsabgeordneten über den Bürgermeister bis hin zu den Schneyer Stadträten – nutzten nichts, bis heute konnte kein Arzt überzeugt werden, sich in der Schney niederzulassen. „Das Ende der Hausarztpraxis war das Todesurteil für die Apotheke“, sagt Pensel, der die Schloss-Apotheke seit 15 Jahren betreibt.

„Wir sind eine klassische Apotheke und leben hauptsächlich von Arztrezepten“, sagt er. Fehlt der Arzt, kommen keine Patienten und lösen ihre Rezepte ein. Und wer in Lichtenfels oder Burgkunstadt zum Arzt geht, hole sich zumeist auch dort seine Medikamente. Deswegen sei 2017 schon klar gewesen, dass die Schloss-Apotheke „eine endliche Geschichte“ sei. Dass er die Apotheke, die aufgrund des Endes der Hausarztpraxis etwa ein Drittel ihres Umsatzes eingebüßt hatte, trotzdem noch fünf Jahre lang offen halten konnte, hat laut Pensel zwei Gründe: die treuen Schneyer Kunden sowie seine hochmotivierten und engagierten drei Mitarbeiter. Zwei von diesen werde er übrigens in seinen weiteren drei Apotheken – Pensel betreibt neben der Rats-Apotheke in der Lichtenfelser Innenstadt noch die Stadt- und die Adelgundis-Apotheke in Bad Staffelstein – übernehmen. Die Apothekerin stamme aus dem Raum Kulmbach und suche sich dort eine neue Stelle, erläutert Pensel.
Fachkräftemangel und Krankenstand machen Apotheken zu schaffen
Als zweiten Grund für die Geschäftsaufgabe führt Hartmut Pensel den Fachkräftemangel an. „Wir müssen unsere Apotheken mit guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzen, doch wir haben ein großes Problem, Personal zu finden.“ Durch Corona sei die Problematik noch verschärft worden, die Pandemie habe den Krankenstand nach oben schnellen lassen.

Ursache Nummer drei ist die rasant steigende Inflation. Denn an den Einnahmen habe sich in den vergangenen bald 20 Jahren kaum etwas geändert. So stammt das Vergütungssystem für Apotheken laut Pensel noch aus dem Jahr 2004. Seither erhalte eine Apotheke von den Krankenkassen normalerweise zwischen 6,50 und sieben Euro pro verkauftes Medikament. Zum 1. Januar 2013 habe es eine Erhöhung von 25 Cent gegeben, seither sei die Vergütung eingefroren.
Durch den Überfall Russlands auf die Ukraine und dessen Folgen schössen nun die Kosten, besonders für Energie, nach oben. Hatte die Schloss-Apotheke also trotz des seit 2017 gesunkenen Umsatzes um ein Drittel zumindest noch schwarze Zahlen geschrieben (Pensel: „Aus betriebswirtschaftlichen Gründen hätte ich sie eigentlich schon früher schließen müssen.“), ist es mit diesen nun vorbei. Und es kommt für seinen Berufsstand noch dicker, so der Apotheker weiter und führt Schließungsursache vier an. Denn die Bundesregierung plane, bei der Vergütung für Medikamente in den beiden kommenden Jahren insgesamt 170 Millionen Euro zu sparen. Für die Schloss-Apotheke in Schney bedeute das für 2023 und 2024 jeweils mindestens 5000 Euro weniger Gewinn, und damit lasse sich das Geschäft nicht weiter aufrecht erhalten, sagt Pensel.
Man merkt ihm an, wie bitter es für ihn ist, den Laden in der Friedrich-Ebert-Straße dicht machen zu müssen. „Die Apotheke hatte in der Pandemie offen, wir haben Masken verkauft, geimpft, Impfzertifikate ausgestellt, und jetzt müssen wir den erhöhten Kassenabschlag schultern“, sagt Pensel mit Bitternis in der Stimme und sieht düster, was die Zukunft kleinerer Apotheken angeht. So sei die Zahl der Apotheken in Deutschland in den vergangenen Jahren von 24.000 auf aktuell 18.000 gesunken, in den kommenden Jahren rechnen Experten mit einem weiteren Rückgang auf 15.000 Apotheken. Speziell für Lichtenfels gibt Hartmut Pensel auch der Rückgang der Zahl der Hausärzte zu denken. Viele hätten in den vergangenen Jahren ihre Praxen aus Altersgründen geschlossen, Nachfolger seien nur selten oder nie gefunden worden, und von den noch praktizierenden Hausärzten seien fast alle schon über 60 Jahre. Deswegen appelliert der Apotheker an die heimischen Politiker, neue Ärzte in die Stadt zu locken.
Medikamente können an die Kunden ausgeliefert werden
Abschließend hat Hartmut Pensel aber auch noch eine gute Nachricht. So sei das Apotheken-Team in Schney im September teilweise noch vor Ort, Rezepte könnten eingereicht, würden dann aber über die Rats-Apotheke in Lichtenfels oder die beiden Filialen in Bad Staffelstein ausgeliefert werden. Dieser Lieferdienst für seine treuen Kunden soll auch nach der Schließung der Schloss-Apotheke durch seine in Schney bestens bekannte Mitarbeiterin Katrin Herold beibehalten werden. Der Notdienst, fährt Pensel fort, werde in 13-tägigem Turnus von den anderen Apotheken im Landkreis übernommen.