Sterbebilder dienen der Erinnerung an die verstorbenen Angehörigen. Vor Generationen wurde mit ihnen die Nachricht vom Tod eines Menschen im Ort oder in den Nachbarorten verbreitet. Sterbebilder – Trauerbilder oder Gedenkkärtchen – wurden früher vor allem bei katholischen Bestattungen verteilt. Die Religionszugehörigkeit spielt seit vielen Jahren keine Rolle mehr. Sie sind eine Erinnerung, den Verstorbenen mit Gebeten auf dem Weg in die Seligkeit beizustehen.
In der Regel steht neben dem Namen das Geburts- und Sterbedatum, bis Anfang des 20. Jahrhunderts auch der Beruf. Dies war auch auf Grabsteinen üblich. So konnte man vom Haffnermeister, einem Molkereiinhabersohn, einer Sattlermeistergattin bis hin zum tugendsamen Fräulein lesen.
Sterbebild als letzte Visitenkarte
Des Weiteren stand auf Sterbebildern eine Fürbitte, ein Bibelwort, ein Gedicht oder eine Einladung zu einem kurzer Gebet. Die Titelseite war unterschiedlich. Dargestellt wurden häufig die Passion Christi, Herz-Jesu- und Marienbilder, Heilige und Engel. In den 1970-er bis 1990-er Jahren waren vor allem Dürers „Betende Hände“ beliebt.
Zum Ende des vergangenen Jahrhunderts änderte sich die Darstellung der Bildnisse vom christlichen Motivbild zu meist stimmungsvollen Herbst- und Abendlandschaften, mit Blumenbildern oder mit persönlichen Ideen des Verstorbenen. Das Sterbebild war wie eine letzte Visitenkarte.
Eine Anekdote einer Frau, die von ihrer Großmutter berichtete, erzählt, wie wichtig ihr das Sterbebild war. Sie sagte an ihrem 70. Geburtstag, dass sie am nächsten Tag zum Friseur und anschließend zum Fotografen gehen werde, um ein Foto für ihr Sterbebild zu haben. Sie lebte noch 29 Jahre, aber ihr Foto wurde verwendet.
Manche stellten früher das Sterbebild auf den Hausaltar oder in den Herrgottswinkel. Viele haben und hatten diese vor allem in ihrem Gebetsbuch. Daran kann sich der Autor dieser Zeilen erinnern. Ein positiver Nebeneffekt war dabei, dass er sich die Sterbebilder im Gebetsbuch ansah, wenn mal die Predigt zu lange oder zu langweilig war.
Um 1830 verbreiteten sich die Sterbebilder in Bayern
Die ältesten handgeschriebenen Sterbebilder kommen im 16. Jahrhundert vor. Das Brauchtum der Verteilung von Totenzetteln entwickelte sich während der Gegenreformation im 17. Jahrhundert im Gebiet des heutigen Belgien und der Niederlande. Niederländische Quellen geben das Jahr 1668 als das Entstehungsjahr für die ersten Bidprendtjes an.

Zum eigentlichen Durchbruch von Sterbebildern kam es zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Durch Einführung des Stahlstichs 1820, der die Anfertigung von Kopien in großer Zahl ermöglichte, verbreiteten sich die Sterbebilder über das gesamte katholische Europa bis nach Amerika und Kanada; sie erreichten um 1830 Bayern.
Mit Einführung der allgemeinen Schulpflicht war es nun für die „einfachen Menschen“ möglich, die Informationen und Hinweise auf den Sterbebildern zu lesen. Ab 1890 wurden zunächst meist aufgeklebte Fotos der Verstorbenen auf der Textseite eingefügt; sie wurden um 1915 durch das Klischeebild ersetzt.
Gefallenenbilder in den beiden Weltkriegen
Er starb den Ehrentod fürs Vaterland. Er starb als echter deutscher Held, für Kaiser, König und sein Land. Ruht nun auf blutigem Kampfesfeld. (Aus einem Gefallenenbild des Ersten Weltkrieges)
Für die Gefallenenbilder im Ersten Weltkrieg wurde mit Ganzporträt des Soldaten das faltbare Doppelblatt eingeführt. Im Zweiten Weltkrieg ersetzten ab 1941/42 Kriegs- oder nationalistische Symbole und Parolen die religiösen Symbole und Texte. Im Ersten Weltkrieg fand man die Angabe des Regiments und der Kompanie sowie die Todesursache. Beides sucht man auf den Sterbebildern aus dem Zweiten Weltkrieg vergebens. Natürlich durften bei allen Gefallenenbildern nicht die Angaben zu Orden und Ehrenzeichen fehlen.
Viele private Sammlungen haben sich angehäuft

Immer mehr Menschen suchen im 21. Jahrhundert neue Bestattungsformen, bis hin, dass die Asche verstreut wird. So fehlt den Angehörigen ein Ort der Trauer. Das Sterbebild bleibt als einzige sichtbare Erinnerung. Es ist ein Zeitzeuge des Wandels in der Erinnerungskultur.
Auch heute bei Beerdigungen angeboten
Obwohl die Sterbebilder heute nicht mehr unbedingt zum Standardrepertoire einer katholischen Trauerfeier gehören, werden sie weiterhin bei vielen Beerdigungen angeboten. Besonders im ländlichen Bereich, auch am Obermain, sind sie fester Bestandteil. Inzwischen kann jeder sein Sterbebild online individuell selbst gestalten. Oft werden persönliche Fotos aus dem Alltagsleben oder ein Urlaubsfoto verwendet.
Angehörige behalten die Toten so, wie sie gelebt haben, in Erinnerung. Immer mehr Sterbebilder gehen von privaten Sammlungen über Pfarrarchive in die bayrischen Diözesanarchive. Auch Heimatmuseen sammeln Sterbebilder aus vergangener Zeit. Sie sind inzwischen Bestandteil der Ahnenforschung und der Familienforschung.