Was war denn das? Was der Fränkische Theatersommer am Donnerstagabend mit „Rohrmuffen und Nagellack“ ins Stadtschloss und dort auf die Bühne brachte, hatte eine eigenwillige Qualität. Eigenwillig im besten Sinne, denn das Theaterstück für zwei Personen stellte sich vor rund 50 Besuchern als unerwartet vielschichtig heraus. Es hatte Ebenen, Unterhaltungswert und glaubhafte Akteure.
Neues aus Unterschnepfenbach
Mal angenommen, es gäbe Unterschnepfenbach wirklich. Dann gäbe es dort eine Klempnerei mit Heizungsbau und einem Chef, der Schorsch heißt, den Großteil seines Lebens gelebt hat, der Leberkäsbrötchen isst und seinen Betrieb so führt, wie man ihn halt immer schon geführt hat. So einen Chef stellte Rainer Dohlus dar; im Dialekt so daheim wie in der Latzhose und alteingesessenen Ansichten.
Frisch von der Uni
Man macht die Dinge, weil sie immer schon so gemacht wurden. Doch dann kommt Jasmin, von der Uni, von der neuen Generation und von der Anspruchshaltung, dass man den Betrieb auf Vordermann bringen müsste; ökonomisch und vor allem sonstwie.
Und plötzlich wird die Firma zu einer Bühne, auf der das Gendern ebenso verhandelt wird, wie moderne Ansichten zum Pay-Gap oder zur Notwendigkeit, das Controlling zuzulassen. Diese Jasmin, fordernd, mit Anspruchshaltung und auch berechtigten Sichtweisen, wurde von Sarah Tordai gegeben. Glaubwürdig.
Unerwartete Wendungen
Aber wer nun dachte, dass das Stück, das von Dohlus verfasst wurde, erwartbare Wendungen haben wird, der sah sich angenehm getäuscht. Denn bald kam der Verdacht auf, dass der Schorsch womöglich der Vater von Jasmin sein könnte. Also strebte eine Nebenhandlung auch auf einen Vaterschaftstest zu.
Gleich drei Liebhaber
Aber das auch nur darum, weil der Schorsch herausfand, dass seine damalige Freundin, die Mona Schnitzelmann, gleichzeitig zu ihm noch zwei weitere Liebhaber hatte. Dass Mutti so lose war, darunter wiederum hatte ihre Tochter Jasmin zu leiden und daraus ergaben sich wiederum einigermaßen nachvollziehbar manche ihrer Ansichten zur Welt.
„Wie man isst, so arbeitet man.“

Herrlich war auch die ungestelzte und glaubwürdige Sprache, derer sich Schorsch bediente. Jasmin testete er beispielsweise beim gemeinsamen Essen darauf, ob sie für seine Firma taugt, und ob sie gut arbeiten kann. Denn: „Wie man isst, so arbeitet man.“ Besser noch: „Wer net schnell und rückstandsfrei isst“, der kommt gar nicht in Betracht. Wortwitz war da und der wirkte nie gekünstelt.
Kompromiss gut, Ende gut
Und irgendwann fiel sogar ein Wort, das wirklich aus dem Fundus eines Installationsbetriebs stammt und dem Publikum in Erinnerung bleiben dürfte: Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl.
Am Ende, nachdem Schorsch und Jasmin sich und ihre widersprüchlichen Ansichten aneinander abgearbeitet hatten und nachdem sie sein Herz sogar für Frauenfußball weitete, sollte es zu keiner platten Lösung kommen. Es wurde besser und blieb im Rahmen des eher Unerwartbaren, denn Schorsch war laut Vaterschaftstest zu 99,5 Prozent eben nicht der Erzeuger.
Kandidat als Lebenspartner

Das brachte ihn als möglichen Lebenspartner ins Spiel, denn die woke und studierte Jasmin fand durchaus auch Gefallen an manchen seiner bodenständigen Ansichten. Die Moral umarmte den Kompromiss und eben das machte das Stück nicht billig.
Nie durchschaubar
Mit diesem Stück hat sich der Fränkische Theatersommer selbst einen Gefallen getan, glitt es doch nie in die Durchschaubarkeit ab.
Einen Anteil daran hatten auch die Schauspieler, die sich vielleicht mal verhaspelten, aber stets in ihren Rollen blieben.