Der Neujahrsempfang des Lions-Clubs im Stadtschloss sollte am Samstagabend nachdenklich machen. Oder gar inspirieren? Mit dem einstigen Schüler des hiesigen Meranier-Gymnasiums, Thomas Hofmann, schaffte es ein Oberfranke zum Präsident der Eliteuniversität TU München (TUM). Jetzt war der Professor im Saal, zeigte sich zugänglich und sprach vor Publikum über das, was die Zukunft bringen wird, und worauf sich Universitäten besser einrichten sollten.
Dieter Deuerling ist Chefarzt der Reha-Klinik Lautergrund. Überdies ist er auch der neue Präsident der „Lions“ vom Obermain und bewies als solcher Sensibilität. Ihm fiel in einer Begegnung vor einem Jahr auf, wie interessant er Hofmanns Vortrag doch fand. Dann suchte Deuerling Kontakt aufzunehmen und wurde verblüfft – angenehm verblüfft. „Er hat auf meine E-Mails persönlich geantwortet“, so der Mediziner, der auf seine Anfrage zu einem Vortrag eher eine Antwort einer Sekretärin erwartete.
Wertschätzende Mails
Und noch etwas fiel Deuerling zu Hofmann auf: „Es waren sehr angenehme, sehr wertschätzende E-Mails.“ Doch abgesehen vom fachlichen Wissen Hofmanns, sprach aus Sicht Deuerlings noch etwas für eine Einladung an den Obermain, etwas, das lokalpatriotische Färbung besaß und von Deuerling mit „Wenn man schon solche Experten hat“ angerissen wurde. Als es zur Zusage kam, sollte die Freundlichkeit und Wertschätzung seitens Hofmann aber noch eine Steigerung erfahren, denn: „Er hat auch von Anfang an gesagt, er wird kein Honorar nehmen.“ So war er nun da und sollte für eine gute Stunde lang das erste Kapitel des Lions-Veranstaltungsjahrs gestalten – bei freiem Eintritt für Publikum und vor gut 100 Gästen, die zumeist aus „Lions“ bestanden.

„Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich mal (Universitäts-) Präsident werde (…) und mal promoviere“, begann Hofmann und wies darauf hin, vor bald 40 Jahren in Lichtenfels Abitur gemacht zu haben. Der Weg des Mannes führte in die Lebensmittelchemie, in eine Professur auf diesen Zweig und für molekulare Sensorik. Darüber hinaus zu weltweiten wissenschaftlichen Auszeichnungen und 2023 zur Würdigung als „Hochschulmanager des Jahres“.
Womit man beim eigentlichen Punkt angelangt wäre, denn Hofmann, 2019 zum Präsident der TUM ernannt, sprach ja nicht über molekulare Sensorik, sondern über all das, was eine Universität im Blick behalten muss. Ab jetzt ging es in seinem Vortrag vor allem um die Zukunft des Lernens und die steht in engstem Zusammenhang mit gesellschaftlichen Herausforderungen. Und damit, womöglich ob all der künftigen Ungewissheiten als Horrorszenario empfunden werden zu können.
Zukunft bedeutet Dynamik
„Heute KI, morgen Quantencomputing – und das dynamisiert sich gegenseitig“, so Hofmann das Unausweichliche ansprechend. Aber an diesem Punkt sollte noch etwas an dem Gast aus München auffallen: Er wirkte nie ängstlich, befangen oder gar resignierend. Sein Fazit: Wenn sich die Welt ändert, müssen sich die Universitäten eben auch ändern. Doch wie diese Veränderungen aussehen werden, dazu brachte Hofmann ein verblüffend verändertes Bild von Forschung an: „90 Prozent aller chemischen Versuche werden nicht mehr im Labor, sondern im Rechner stattfinden.“ Ergo: „Der Chemiker von morgen muss halber Informatiker sein.“
Auffällig war, dass Hofmann stets den Eindruck vermittelte, künftige Veränderungen könnten auf freundliche, ja menschenfreundliche Weise geschehen. Im Blick bei alledem stünden nämlich die Studenten und insbesondere deren persönlichen Begabungen. „Ich bin der Meinung, dass jeder Studierende ein Talent hat, das wir mitunter noch gar nicht kennen“, so der TUM-Präsident.
Begeisterung wecken
Solche Talente gelte es zu fördern, um bei einem Studenten vor allem eines zu wecken: Begeisterung fürs eigene Tun. Und an dieser Stelle, nachdem Hofmann auch nicht mit Kritik an einem neuen europäischen Geist sparte, dem er „Technologie-Aversion“ bescheinigte, gelang ihm auch so etwas wie ein Übertrag in die Wirtschaft, orientierte sich seine Rede doch sehr an Praktikabilität.

Es gelte auf Forschungsprojekte zu setzen, die in der Realität auch wirtschaftliche Erfolge versprechen. Ein solcher Geist ließe sich dadurch befördern, dass studentische Arbeitsgruppen „Unternehmensstrukturen“ aufbauen. An der TUM jedenfalls gäbe es solche Gruppen. Doch der Wandel in der Forschung geht laut Hofmann in Richtung eines „Ping-Pong“ zwischen Universitäten und Wirtschaft, wisse er doch, dass Innovationen nicht nur an Universitäten stattfinden.
Der Grund: In quantenhightech-computerisierter Welt greife auch die Wirtschaft auf Daten zurück, welche Universitäten zur Verfügung stehen. Aufmerksam lauschte das Publikum und manch ein Unternehmer im Saal mochte sich die Frage gestellt haben, wie das mit der Förderung der Begeisterung in seinem Betrieb umsetzbar wäre.
Worte aus dem Weltall
Darin nämlich, in der Förderung der Ressource Mensch, sollte Hofmann im Nachgang seines Vortrags auch einen Übertrag zur lokalen Wirtschaft sehen. Doch ein vom Beamer auf Leinwand geworfenes Bild sollte es noch geben, das lange in Erinnerung bleiben dürfte: das des ersten weiblichen Kommandanten der ISS, Samantha Cristoferetti. Auch sie war an Hofmanns TUM und glaubt man ihr, ist die TUM „nicht nur Uni, sondern ein Gefühl“.