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COBURG/LICHTENFELS: Vergewaltigungsprozess: War Rache das Motiv des 59-Jährigen?

COBURG/LICHTENFELS

Vergewaltigungsprozess: War Rache das Motiv des 59-Jährigen?

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    Das Verfahren gegen den angeklagten Lichtenfelser zog auch breite mediale Aufmerksamkeit auf sich.
    Das Verfahren gegen den angeklagten Lichtenfelser zog auch breite mediale Aufmerksamkeit auf sich. Foto: Markus Häggberg

    Mit Spannung erwartet wurde am Freitag auf dem Landgericht das psychiatrische Gutachten zu dem Lichtenfelser Landkreisbürger, der angeklagt ist, am 18. März dieses Jahres eine schwere Vergewaltigung begangen zu haben. Doch nicht nur dafür sollte sich das Schöffengericht der großen Strafkammer Zeit nehmen, auch die vormaligen Verurteilungen des 59-Jährigen gerieten in den Blick.

    Ruhig, aber wie unter leichter Anspannung, saß der Angeklagte neben seinem Verteidiger Peter Christ. Den Blick hatte er während der beinahe vierstündigen Verhandlung – vom Publikum abgewandt - nahezu ausschließlich auf die Richterbank gelenkt.

    „Wir wollen noch mal einen intensiven Blick in die Vergangenheit des Angeklagten werfen“, sagte Richter Klaus Halves gleich zum Auftakt des mittlerweile fünften Prozesstages, dem am 25. November ein letzter folgen wird. Der besagte intensive Blick sollte sich chronologisch auf die Vorverurteilungen des Mannes richten, der vor acht Monaten eine aus dem Westen des Lichtenfelser Landkreises stammende Frau unter Androhung von Messergewalt an verschiedenen Orten vergewaltigte und hernach mit seinem Auto vor der Polizei floh. Auf eine Weise, die auch Verletzungen von Polizeibeamten in Kauf nahm.

    15 Einträge im Zentralregister

    Schon 1984 war er wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt worden. Eine Tat, die sich bei dem im Handwerk tätigen Mann so immer wieder ereignen sollte. Insgesamt sollten von den 15 Einträgen im Bundeszentralregister sechs auf derart gelagerte Taten lauten.

    „Er hat die Tendenz, sich die Opferrolle zuzuschreiben (…) und sich aus der Verantwortung zu stehlen.“

    Der Gutachter über den mutmaßlichen Vergewaltiger

    Ein Umstand, der später im psychiatrischen Gutachten aufgegriffen wurde, wobei davon die Rede war, dass es beim Angeklagten wenig Lerneffekte gab. Andere Verurteilungen lauteten auf Sachbeschädigung, Diebstahl, sexuellem Missbrauch von Kindern und einer schweren Vergewaltigung, für die der Angeklagte schon mal sieben Jahre im Gefängnis saß.

    Ein erkennbares Muster

    Über zwei Stunden lang sollte dann das psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Dr. Thomas Wenske, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in Anspruch nehmen. Was es zutage förderte, war ein erkennbares Muster in den nun beiden Vergewaltigungstaten des Angeklagten. Sowohl bei der Tat von vor gut 20 Jahren wie auch bei der vom März, kam ein Messer zum Einsatz. Die Aggression richtete sich jeweils gegen eine Frau, mit der er eine Beziehung führte. Er schlug seinem Opfer auf den Kopf und führte sich während der Tat leicht berauschende Mengen Alkohol zu.

    Doch im Grunde, so der Gutachter, sollte es nicht um Sex gegangen sein. Worum es ging: Rache und der Wunsch zu erniedrigen. Immer wieder, so Wenske, sei der Angeklagte auch von seinem Opfer verbal erniedrigt worden. „Du hast nichts“ oder „Du kannst nichts“ seien Sätze gewesen, die er dabei zu hören bekam.

    Tendenz, Taten zu verleugnen

    Vor allem aber habe sich die vergewaltigte Frau über das Auto des Angeklagten lustig gemacht, das ihr offenbar zu wenig zum Renommieren geeignet schien. Doch was das Gutachten außerdem aussage, war, dass der Lichtenfelser Landkreisbürger eine „Tendenz hat, Taten zu verleugnen“. Mehr noch: „Er hat die Tendenz, sich die Opferrolle zuzuschreiben (…) und sich aus der Verantwortung zu stehlen.“

    Ein „authentischer Behandlungswunsch“ seiner in Gewalt mündenden Probleme habe nicht bestanden , so der Gutachter, und so auch „nicht zu erwarten, dass er sich therapeutisch künftig engagieren wird“. Auch habe während der Tat selbst „keine Aufhebung der Einsichtsfähigkeit oder Steuerungsfähigkeit durch Intoxikation“ bestanden. Doch was überdies „nachteilig zu werten ist“, so Wenske, war der Umstand, dass sich der 59-Jährige während der Tatausübung in einer stabilen Partnerschaft befand.

    Auf die Frage von Staatsanwältin Bianca Franke, ob die Vergewaltigung „eine geplante oder eine spontane Tat war“, ging der Gutachter anhand mehrerer im Tatwagen aufgefundener Kabelbinder auf eine Wesensstruktur des Angeklagten ein. Besagte Kabelbinder waren zu einer Schlaufe gebunden gewesen. Sie kamen nicht zum Einsatz, durch sie wurde das Opfer nicht gefesselt. Aber wer hat solche vorgefertigten Kabelbinder in seinem Auto? „Der rachsüchtige Täter trifft Vorbereitungen und konstelliert die Tat“, so der Psychiater.

    Was er am Ende der zwei Stunden als Fazit zog, war auch, dass der Angeklagte „aus Bestrafung nicht ausreichend lernt“. Vor allem dieser Satz könnte Anzeichen dafür sein, dass das in wenigen Tagen fallende Urteil neben einer Haftstrafe auch eine Sicherungsverwahrung vorsehen wird.

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