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LICHTENFELS/COBURG: Volksverhetzung: „Jeder einzelne Aspekt von Covid ist jüdisch“

LICHTENFELS/COBURG

Volksverhetzung: „Jeder einzelne Aspekt von Covid ist jüdisch“

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    Das Justizgebäude in Coburg mit dem Landgericht.
    Das Justizgebäude in Coburg mit dem Landgericht. Foto: Tina Scheler

    Es war nicht das erste Mal, dass der 46-jährige aus dem Landkreis Lichtenfels vor Gericht stand. Er tat es zum zweiten Mal unter ein und derselben Anklage: Volksverhetzung. Am Montag wurde das auf einem Amtsgericht ergangene Urteil am Coburger Landgericht weitgehend bestätigt.

    Bis zum 8. Dezember 2022 gab es keinen Eintrag im Bundeszentralregister des Mittvierzigers. Doch an diesem 8. Dezember sollte am Lichtenfelser Amtsgericht ein Schuldspruch gegen ihn ergehen. Er wurde verantwortlich befunden, im September des Vorjahres über die Plattform Facebook eine englischsprachige Nachricht gestreut zu haben, die darauf lautete, dass „jeder einzelne Aspekt von Covid jüdisch“ sei. Zum Beleg führte der Mann auf der mit Davidsternen gezierten Botschaft Namen von in den USA tätigen Personen an, die in der Pharmaindustrie und im Gesundheitswesen tätig sind beziehungsweise waren.

    Beide Seiten unzufrieden

    Die Verbreitung dieser Nachricht sollte dem im Angestelltenverhältnis stehenden Mann eine Geldstrafe in Höhe von 6300 Euro einbringen. Ein Strafmaß, gegen das der Verurteilte Einspruch einlegte. Doch mit seinem Einspruch war er nicht alleine, denn auch die Staatsanwaltschaft sollte sich mit dem damaligen Urteil unzufrieden zeigen, hielt sie es doch für zu gering.

    „Zur Sache machen wir keine Angaben, zur Person wird er sich äußern“, führte zu Verhandlungsbeginn Verteidiger Andreas Wölfel für seinen Mandanten ins Feld. Dann begann in der Schöffensitzung, die unter Leitung von Richterin Karolin Lindner stand, die Untersuchung des einstigen Vorfalls.

    Der Angeklagte bleibt stumm

    Aus Sicht des Gerichts diente der damalige Beitrag dazu „eine gesteigerte Ablehnung der Juden auszudrücken“. Was die Sicht des Angeklagten auf sein Tun war, sollte dieser während der Verhandlung für sich behalten.

    Mitteilsamer war hingegen der Polizeibeamte, der in diesem Fall in den Zeugenstand trat. Es handelte sich um einen 52-Jährigen, dem aufgrund der Davidsterne der Post während allgemeiner Internet-Recherchen aufgefallen war. Sein Eindruck zu Bildern und Text: „Wenn ich das als unbedarfter Leser so sehe, könnte der Eindruck entstehen, es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Judentum und Covid-Pandemie, so, dass sie der Nutznießer sind oder Covid herbeigeführt haben.“

    Musterbeispiel für Antisemitismus

    Tatsächlich, so der Polizeibeamte, habe es mit diesem Artikel schon mehr auf sich, wurde er doch von einem europäischen Parlament als Musterbeispiel für Antisemitismus im Netz befunden. Doch nicht nur, dass der Artikel, in dem Personen und ihre Positionen aufgeführt werden, propagandistisch sei. Er biete auch überprüfbare Fehlinformationen.

    Einer Personalie, der das Gericht keine Aufmerksamkeit schenken brauchte, war die von Mortimer J. Buckley. Dieser Mann, ein ausgewiesener Katholik, wurde in den USA Teil einer antijüdischen Verschwörungstheorie, in der fälschlicherweise behauptet wurde, er sei Jude. Woher nun der von dem Angeklagten auf Facebook verbreitete Beitrag genau kam, das konnte der ermittelnde Polizist nach eigenem Bekunden nicht ermitteln.

    Nicht das erste Mal auffällig

    Doch woran sich der Beamte erinnerte, war, dass der Angeklagte wohl schon einmal in Angelegenheit verwickelt war, die in ähnliche Richtung spielte. Damals habe er im Stil einer Werbung für elektrische Rasierer einen Post abgesetzt, der dazu aufrief, Seitenscheiteln zu begegnen. Dazu fügte er wohl einen Hitlerkopf in das Post ein.

    Für Verteidiger Wölfel sollte sich die Berufung der Staatsanwaltschaft unzulässig ausnehmen. Es gäbe da nämlich die Vorgabe, wonach bei einer Verurteilung, die sich in Nähe der von der Staatsanwaltschaft geforderten Höhe aufhält, kein Einspruch erfolgen dürfe. Ansonsten forderte Wölfels überhaupt einen glatten Freispruch, vor allem darum, weil sich aus seiner Sicht durch die englischsprachige Botschaft nicht klar eine Diffamierung von Juden ergeben habe.

    Staatsanwältin Julia Eimer sah die Sache naturgemäß anders. Aus ihrer Sicht sei der Tatvorwurf bewiesen und die Geldstrafe um 700 Euro zu erhöhen.

    Geldstrafe leicht gesenkt

    Eine Stunde sollte sich das Gericht für eine Urteilsfindung Zeit nehmen. Als es den Saal F wieder betrat, sprach Karolin Lindner das Urteil. Sie befand den Bad Staffelsteiner der Volksverhetzung für schuldig. „Wir sind der Ansicht, dass der Angeklagte den Tatbestand verwirklicht hat, dergestalt, dass er einen Inhalt verbreitete, der zum Hass gegen Gruppen beiträgt. Dass der Angeklagte zum Hass aufstacheln wollte, auch davon gehen wir aus“, so die Richterin.

    Jedoch kam das Gericht auch überein, aufgrund neuer Einsichten in die finanziellen Verhältnisse des Verurteilten, dessen finanzielles Strafmaß zu senken. Statt der 6300 Euro wird er nun 5850 Euro zu zahlen haben.

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