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LICHTENFELS: Vom „heiligen Gehölz“ Holunder

LICHTENFELS

Vom „heiligen Gehölz“ Holunder

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    Im Juni blüht in vielen Gärten am Obemain der Hollerbusch.
    Im Juni blüht in vielen Gärten am Obemain der Hollerbusch. Foto: Andreas Motschmann

    Im Juni dominiert der Geruch der Holunderblüten. Frau Holle lässt es schneien aus den Doldenrispen am Hollerbusch, in dem sie wohnt. Sambucus nigra, der schwarze Holunder, stand über Jahrhunderte als Hausapotheke der Bauern in hohem Ansehen. Obwohl in der Region überall zu sehen, kennt kaum jemand noch die Bräuche und Mythen, die sich hinter diesem unscheinbaren Baum früher verborgen haben. Im heutigen Beitrag geht es um den Holunderbaum in Geschichte und Gegenwart.

    „Ringel, ringel, reihe, sind wir Kinder dreie, sitzen unterm Hollerbusch, machen alle Husch, Husch, Husch!“ Die älteren unter den Lesern haben den Kinderreim als kleine Kinder auf der Straße oder im Garten mit anderen Kindern gespielt. Ein Hollerbusch war etwas Besonderes. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich, dass sein Vater nie einen Holunderbaum im Garten abgesägt oder herausgenommen hätte. Was macht diesen Baum geheimnisvoll?

    „Vor dem Holler muss man den Hut ziehen.“

    Alte Volksweisheit

    „Vor dem Holler muss man den Hut ziehen“, sagt eine alte Weisheit. Das „heilige Gehölz“ schenkte unseren Vorfahren Blüten und Beeren als Grundlage für Medizin oder für Speis und Trank, mit den Früchten wurde gefärbt. Vor dem „zähen Holler“, der überall wuchs, hatte man Respekt; er galt als unverwüstlich.

    Dieser „Lebensbaum“ beherbergte der Sage nach gute Geister, so wie die Frau Holle der Brüder Grimm ein guter Geist ist. Volkssagen berichten davon, wie Frau Holle die Seelen der Menschen prüft: Als alte und hilflose Frau bittet sie um Nahrung und Obdach, belohnt die Hilfsbereiten und bestraft die Geizigen. Frau Holle gilt nach anderen Berichten als Bringerin der Kinder beziehungsweise führt die Seelen der ungetauft gestorbenen Kinder mit sich. Man pflanzte den Holunder oft zum Schutz gegen böse Geister und gegen den Blitzeinschlag als Hausbaum.

    Frau Holle gilt als Schirmherrin der Spinnerinnen

    Frau Holle schützt als Schirmherrin die Weber und Spinnerinnen. Den fleißigen Spinnerinnen half sie, wenn sie mit ihrem Soll im Rückstand waren. Viele bekannte Volksmärchen, so auch „Frau Holle“, nehmen dieses Motiv auf. Neben den Mägden und Hausfrauen bedankten sich bei Frau Holle auch die Kinder, die in den Spinnstuben mitarbeiten mussten.

    Der Apostel Thomas wird am 21. Dezember und am 3. Juli verehrt. In einigen Dörfern schüttelten am Thomas-Tag im Juli junge Mädchen einen Hollerbusch während des Abendläutens der Kirchenglocken kräftig durch. Die Richtung, aus der der erste Hund bellte, gab an, aus welcher Richtung der Bräutigam kommen werde.

    Die Nachgeburt wurde unter Hollerbüschen vergraben, um Mutter und Kind zu segnen und vor Unheil zu bewahren. Verstorbene wurden auf Holunderzweige gebettet. Ein sterbender Holunder auf dem Hof wies auf den baldigen Tod eines Bewohners hin. Verstorbenen Familienmitgliedern brachte man eine Schale Milch unter dem Haus-Hollerbusch dar.

    Bei den Kelten Symbol für Tod und Wiedergeburt

    Die germanische Holla, strenger und gleichzeitig hilfreicher weiblicher Schutzgeist für Haus und Hof, ist namensverwandt mit dem Holunder und trägt im althochdeutschen Namen „holuntar“ die Bedeutung „Baum“ mit.

    Bei den Kelten war der Holunder ein heiliger Baum. Im druidischen Baumkalender ist der Holunder der 13. und letzte Jahresbaum. Er schließt das Jahr ab und steht für Tod und Wiedergeburt. Im Christentum wurde er als heidnischer Baum verteufelt, solange, bis die Geschichte aufkam, in der die Gottesmutter auf der Flucht nach Ägypten die Windeln des Jesuskindes auf einem Holunderstrauch getrocknet hatte; der Holunder wurde wieder akzeptiert.

    Holunder ist Nahrungsnetz für viele Vogelarten

    Ein Holunderbaum, botanisch ein Strauch, wird bis zu 20 Jahre alt. Holunder spielt wegen des geringen Durchmessers und ungünstiger physikalischer Eigenschaften in der Holzverarbeitung kaum eine Rolle. Man setzt ihn im Kunsthandwerk und in der Flöten- und Pfeifenherstellung ein. Naturschützer lieben den Holunder; seine Früchte und die Holunderblattlaus bieten Nahrung für 62 Vogelarten.

    Der Holunder als Wetterpflanze warnt vor Frost und gibt Entwarnung: Sobald der Holunder lange Triebe bekommt, ist die Nachtfrostgefahr vorbei. Er zeigt darüber hinaus die Legeleistung der Hühner an: „Wenn der Holunder blüht, legen die Hühner weniger Eier.“

    In den vergangenen 20 Jahren erfährt der Holunder als Heilpflanze neue Beachtung. Die Biomedizin erkennt seine Wirkungsweisen immer mehr an. Beeren, Blüten und Blätter leisten fern jeder Mystik gute Dienste für die Gesundheit. Aus Blüten lässt sich Erkältungstee oder Sirup für Kuchen und Muffins machen. Aus den Beeren entsteht gesunder Holundersaft und schmackhaftes Holundergelee.

    Rezept für Hollerküchlein In Pfannkuchenteig ausgebackene Dolden, auch Hollerküchlein genannt, sind eine leckere Zugabe zu Kaffee und Kuchen. Für drei bis vier Personen: zehn bis zwölf Holunderblüten-Dolden, 150 Gramm Mehl, drei Eier, 200 Milliliter Milch, 200 Milliliter Wasser (nach Belieben auch mit Kohlensäure, alternativ Weißwein oder Bier), drei bis vier Esslöffel Sonnenblumenöl, optional ein Päckchen Vanillezucker, optional Puderzucker und Zimt, optional Früchte. Zubereitung: 1. Blütendolden nach Bedarf abwaschen und sanft trockentupfen. 2. Mehl mit Eigelb, Milch, Wasser (oder anderen Flüssigkeiten) und einer Prise Salz in einer Schüssel zu einem flüssigen Teig verrühren und 20 bis 30 Minuten ruhen lassen. 3. Eiweiß mit Vanillezucker steif schlagen und unter den Teig heben. 4. Öl in einer Pfanne erhitzen. 5. Blütendolden einzeln in den Teig tauchen und in der Pfanne goldgelb ausbacken. Ganz nach Belieben können sie mit Puderzucker und Zimt bestreut oder mit Früchten serviert werden. Guten Appetit!

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