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LICHTENFELS: Warum der Hundertjährige Kalender aus Klosterlangheim kommt

LICHTENFELS

Warum der Hundertjährige Kalender aus Klosterlangheim kommt

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    Bekannte Bauernregel: „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich?s Wetter – oder?s bleibt, wie es ist.“
    Bekannte Bauernregel: „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich?s Wetter – oder?s bleibt, wie es ist.“ Foto: Fotocomunity

    Bauernregeln haben das Leben unserer Eltern und Großeltern begleitet. Die bekanntesten Bauernregeln sind die regionalen Vorhersagen des Hundertjährigen Kalenders von Abt Knauer aus dem Klosters Langheim.

    Bauernregeln wurden seit dem 13. Jahrhundert von Generation zu Generation weitergegeben. Sie spiegeln den Wunsch der Menschen wider, das Wetter vorhersagen zu können. Die Reimform macht sie einprägsam. Bauernregeln sagten den Menschen das Wetter für die nächsten Jahreszeiten und vor allem für die Erntezeiten voraus. Sie gelten für die Region, in der sie entstanden sind; sie sind nicht überregional zutreffend.

    Kalenderreform hatte Auswirkungen

    1582 revidierte Papst Gregor XIII. den julianischen Kalender. Der neue Kalender wurde um zehn Tage verkürzt und brachte dadurch viele Bauernregeln aus ihrem Konzept. Das hatte Auswirkungen auf die ursprünglichen Lostage des Bauernkalenders.

    Eine sehr bekannte Bauernregel ist der Siebenschläfertag am 27. Juni. Nach der Kalenderreform müsste er jetzt auf den 7. Juli fallen: „Das Wetter am Siebenschläfer-Tag noch sieben Wochen bleiben mag.“ In zwei von drei Fällen ist das Wetter der folgenden sieben Wochen ähnlich wie das Wetter Ende Juni. Erfahrungsgemäß stabilisiert sich in diesem Zeitraum die Wetterlage über Europa. Dann entscheidet sich, ob unser Sommerwetter vorwiegend durch warme südliche oder kalte nördliche Luftströmungen beeinflusst wird.

    Schafskälte trifft bis 80 Prozent zu

    Eine Bauernregel ist mehr als „nur“ ein Spruch. Die Bauernregel der „Schafskälte“ trifft nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu 80 Prozent zu. Von Schafskälte spricht man, wenn es zwischen 4. und 20. Juni nochmals richtig kühl wird. Grund für den Kälteeinbruch ist die feuchte und kühle Luft, die von Nordwesten einströmt. Die Schafe sind zu diesem Zeitpunkt normalerweise schon einmal geschoren, die Kälte kann für die Tiere bedrohlich werden. Bauern und Schäfer waren ständig in der freien Natur; sie haben das Wetter intensiv beobachtet und ihr Wissen weitergegeben. Auch Tierbeobachtungen führen zu Bauernregeln: „Hocken die Hühner im November in den Ecken, kommen bald Frost und Winters Schrecken.“

    Bauernregeln gibt es in zwei Kategorien

    Manche Bauernregeln beziehen sich auf die Lostage, manche beziehen sich auf bestimmte monatsabhängige Wettersituationen. Lostagsregeln hatten eine große Bedeutung; häufig trafen sie zu. Bestimmte Tage im Kalender wurden aufgrund langjähriger Beobachtung zu wichtigem Wissen bei der Wetterprognose. Fast alle Regeln sind an Namenstage bekannter Heiliger gekoppelt. Die älteren Leser werden sich erinnern, dass sie sich nicht am 24. November, sondern „einen Tag vor Kathrein“ getroffen haben; man sprach auch nicht vom 30. November, sondern vom „Andreastag“. Am Obermain wurden diese Merktage beachtet. Weitere Lostage im November: Allerheiligen, Hubertus, Martin und Elisabeth.

    Wie ist der Hundertjährige Kalender entstanden?

    Mauritius Knauer schrieb sein Wettertagebuch als Abt im Kloster Langheim. Ein Stich von Friedrich Weigant nach einer Zeichnung Johann Jakob Faber im Jahr 1661.
    Mauritius Knauer schrieb sein Wettertagebuch als Abt im Kloster Langheim. Ein Stich von Friedrich Weigant nach einer Zeichnung Johann Jakob Faber im Jahr 1661. Foto: Repro: Andreas Motschmann

    Der „Hundertjährige Kalender“ vom Obermain ist die Summe von Erfahrungen und Naturbeobachtungen, die Mauritius Knauer, in Weismain am 14. März 1613 geboren, in seinem Wettertagebuch von 1652 bis 1658 als Abt des Klosters Langheim niederschrieb. Er wollte den Bauern, die nach dem verheerenden 30-jährigen Krieg wirksamer Hilfe bedurften, eine praktische Orientierungshilfe an die Hand geben, „daß er wisse, wie zu fruchtbarer Bebauung sowohl der Äcker als Weinberge jährich die Witterung.“

    Wetterbeobachtungen aus dem Kloster Langheim

    Der Kalender war vornehmlich für die Bauern. Dies verdeutlicht der deutsche Untertitel: „Beständiger Hauskalender, aus welchem jährlich die Witterung zu erkennen und nach dieser Gestalt der Wein- und Feldbau mit Früchten und Nützen anzuordnen, die Missjahre zu erkennen und der bevorstehenden Not weislich vorzukommen. Auf das Frankenland und sonderlich auf das Stift Bamberg gerichtet.“ Knauer fand die Bestätigung in der uralten Erfahrung des Siebenjahres-Rhythmus der damals bekannten fünf Planeten, der Sonne und des Mondes. 2021 ist Saturnjahr.

    Anspruch auf zuverlässige langfristige Wetterprognosen hat Abt Mauritius Knauer nicht erhoben. Das blieb späteren Zeiten vorbehalten, die aus Knauers Beobachtungen ohne Hemmungen einen „Hundertjährigen Kalender“ mit angeblich genauen Wettervorhersagen destillierten und Bestsellererfolge ernteten.

    Immerwährender Kalender wurde 1721 Hundertjähriger Kalender

    Die vermutlich erste gedruckte Ausgabe als „Immerwährender Kalender“ erschien 1701, lange nach dem Tod Mauritius Knauers. Der offensichtlich geschäftstüchtige Stadt-Physikus Hellwig aus Erfurt und der ebenso tüchtige Verleger Weinmann machten den „Immerwährenden Kalender“ zum „Hundertjährigen Kalender“.

    Als 1938 der Münchner Verleger Ernst Heimeran im Bamberger Archiv ein Originalmanuskript Knauers entdeckte und veröffentlichte, kam das Wettertagebuch wieder ins richtige Licht. Es ist zweifellos eine großartige wissenschaftliche Leistung. Der Wert dieses Buches liegt zu einem großen Teil in der Darstellung des ländlichen Lebens nach dem 30-jährigen Krieg. Vor 357 Jahren starb Mauritius Knauer am 9. November 1664 im Kloster Langheim.

    Einige Bauernregeln wurden im 21. Jahrhundert wissenschaftlich bestätigt, einige wurden widerlegt, alle wurden umfassend beschrieben. Nicht jede Regel wird für bare Münze genommen. Der Spaß an reimender Dichtung stand oft Pate. Viele Regeln treffen wegen Erderwärmung mit veränderten Blüte- und Erntezeiten eh nicht mehr zu. Trotzdem haben Bauernregeln ihren Sinn. Man interessiert sich für Naturphänomene und so geht das Wissen nicht verloren.

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