Peter Dechant ist deutschlandweit als Unternehmer bekannt. Und wenn nicht er, dann doch die Bauwerke aus seinem Haus. Unternehmern aber unterstellt man gerne, sie seien reine Zahlenmenschen. Doch spätestens an Ort und Stelle des Firmensitzes in der Abt-Knauer-Straße wird man mit etwas konfrontiert, das sich mit bloßen Zahlen nicht mehr vereinbaren lässt. Das Haus ist gewissermaßen auch eine Galerie und für die Allgemeinheit geöffnet. Das wirft Fragen auf. Eine Begegnung zur Kunst, zu ihrem Wesen und was Peter Dechant mit ihr verbindet.

Dechant erscheint vorbereitet zum Gespräch. Es ist früher Abend, sogar schon Feierabend und der Mann nimmt sich Zeit. Diplom-Ingenieur (FH) des Bauingenieurwesens ist der Familienvater, sehr wohl also ein Zahlenmensch. Doch dann legt der Geschäftsführer ein bisschen unsicher lächelnd einen Stapel Papiere und Unterlagen vor. Sie weisen ihn unter anderem als Mit-Autor eines Beitrags aus, der in einem Buch zur Neuen Nationalgalerie zu finden ist.
Sie sprechen aber auch von „Ingenieurbaukunst“ und davon, dass bei Dechant keine Handwerker, sondern „Betonkünstler“ anzutreffen seien. Doch der Satz, den der 59-Jährige einleitend zu sich und dem heutigen Treffen formuliert, ist so spektakulär unspektakulär, dass man sich selbst aussuchen kann, ob der Begriff Kunst dadurch nun an Weite gewinnt oder verliert. Er sagt: „Wir hatten noch ganz viele graue Wände und wir wollten sie schöner machen.“
Spannende Innenarchitektur
Worauf er anspielt, war die 2016 getroffene Entscheidung, eine Ausstellung im Haus stattfinden zu lassen. Seitdem kam und kommt es von Zeit zu Zeit zu Vernissagen in dem mehrstöckigen Gebäude, dessen Innenarchitektur selbst schon von Kunst spricht.

An diesem Ort scheinen sich die Begriffe Architektur und Kunst miteinander zu vermählen und auch Dechant wird jetzt einen Satz sagen, der nachklingen soll: „Architekten sind immer zuerst Künstler.“
Und jetzt, bei einer Tasse Kaffee, fällt der Blick auf das Papier, das von durch Dechant umgesetzten Bauvorhaben spricht und dabei die Namen der Architekten nennt, die auch als Künstler weltweite Begriffe wurden: Oscar Niemeyer, Sir Norman Foster oder Ludwig Mies van der Rohe. Letzterer hinterließ uns einen Satz, der seine Sicht auf Minimalismus zusammenfasste und in unseren Sprachgebrauch Eingang fand: „Weniger ist mehr.“

Doch was ist aus Peter Dechants Sicht Kunst? „Da hab' ich fei lang nachgedacht – Kunst ist, wenn einer was macht, was mehr als einer Person gefällt“, wird seine Definition lauten. Er selbst jedenfalls sei „künstlerisch total unbegabt und von der Ausbildung her geradlinig-technisch orientiert“. Es zöge ihn darum mehr so zum Staunen. Der Mann sagt noch mehr und in freundlicher Nachdenklichkeit: „Ich bewundere immer die Menschen, die die elementarsten Lebensgrundlagen auch außer Acht und weglassen, und sagen: 'Ich mach' das, weil ich Künstler bin'.“ Jetzt ist ein Stichwort gefallen und es lautet auf Bewunderung.
Ein Universalgenie
Wenn er einen Künstler – lebend oder tot – treffen und diesem eine Frage stellen könnte, welcher würde das wohl sein? „Also wenn, dann wäre es wohl Michelangelo, weil er ein Universalgenie war. Ich würde ihn fragen, wie man mit einer damals so begrenzten Lebenszeit so viele Werke schaffen konnte, wie man das in einem Lebenspensum abarbeiten kann“, lautet die Antwort, bei der Dechants Staunen noch wächst.

Darüber, dass ein Michelangelo in einem Gestell und knapp unterhalb der Decke der Sixtinischen Kapelle auf dem Rücken liegend, trotz des knappen Bildausschnitts, all die Relationen der zu malenden Fresken im Kopf hatte. Doch Michelangelo hin und Renaissance her, er selbst ist mehr der Pop-Art zugewandt, insbesondere der des Künstlers Peppone.
Diesen Künstler, der vermutlich unerreichbar ist, hätte er gerne mal an den Wänden in der Abt-Knauer-Straße 3. Diese Wände bergen Erinnerungen – an renommierte oder aufsteigende Könner wie Cleff III. oder Caroline Gherega. Ersterer porträtierte schon den Schauspieler Günter Strack (+), mit dem ihn eine persönliche Freundschaft verband, Letztere hinterließ in einer Mischung aus Pop Art, Präzision und Jackson Pollock beeindruckende Werke mit den Titeln „Frankfurt Airport – Terminal 3“ oder „Rio de Janeiro.“
Schon der Hauptsitz ist staunenswert. Nicht nur wegen der großflächigen Bilder, der hier vorzufindenden Skulpturen oder gewisser weiterer Schaustücke, so wie diesem Motorrad mit Fahrradkette und Tischauflage, sondern wegen der durch sie entstehenden Atmosphäre, die in der Lage ist, die Glätte von Sichtbeton in Freundlichkeit zu verkehren.
Zeit für Entdeckungen
Es ist ein Ort, an dem man sich Zeit für Entdeckungen nehmen darf. Jeden Tag während der Geschäftszeiten. Wer hier ausstellt, der kann ein Großer sein, aber er muss es nicht. Auch heimatlichen oder regionalen Künstlern will das Haus seine Wände leihen, sofern die Arbeiten für gut befunden werden. Doch bedeutete eine Ausstellung hier für einen Künstler auch schon mal Starthilfe für die eigene Karriere?
Dechant denkt nach, greift sich ans Kinn und nennt Cleff III. „Ich habe tatsächlich eine Rückantwort von ihm, der gesagt hat, er habe dadurch eine Reihe von Aufträgen bekommen.“ Manch ein Besucher, der sich hier schon zum Schauen und Staunen eingefunden hat, war durchaus namhaft. So wie Julius Eduard Erdmann Ernst-August Prinz von Anhalt. So viel zum Adel bzw. Hochadel, doch wie sieht es mit Peter Dechant und seinen eigenen Galeriebesuchen aus?
Ist er in seinen Urlauben im Louvre, in der Eremitage, im Tate Modern oder im Guggenheim zu finden? Dechant winkt lachend ab. Der Grund? „Ich gehe ganz selten in Galerien, weil ich ganz selten Urlaub mache.“ Wenn er sich Kunst aber dennoch vor Augen führt, kann es sein, dass er dazu eigene Gedanken formuliert. So schrieb er erst jüngst einen Beitrag über die Niemeyer-Sphere.
Gedankliche Ursprünge
Und dann verrät Dechant noch etwas, das zu den gedanklichen Ursprüngen des kunstfreundlichen Firmensitzes führt. Schon bei vielen Kunden habe er gesehen, dass es Mezzanine, also Halb- und Zwischengeschosse, für Kunst gibt. Doch vor allem waren da so Vorreiter wie das Bauunternehmen Riedel in Schweinfurt, das „die Kunst auf solche Weise gefördert hatte, wie es bei Debus in Untersiemau auch einmal Gepflogenheit war“.
Doch was hat der kunstsinnige Unternehmer Peter Dechant mit seiner Galerie vor? „Mindestens eine Ausstellung pro Jahr soll es hier geben, aber eigentlich nenne ich das Ganze eher unseren Showroom – weil wir dort Sichtbeton zeigen.“