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LICHTENFELS: Weltlinkshändertag: Ein Blick an den Obermain

LICHTENFELS

Weltlinkshändertag: Ein Blick an den Obermain

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    Linkshänderin Milena, 9 Jahre alt, in der Grundschule Marktzeuln.
    Linkshänderin Milena, 9 Jahre alt, in der Grundschule Marktzeuln. Foto: Heinz Fischer

    Linkshänder gab es schon zur Zeit der Höhlenmalereien: Wir finden linkshändige Speerwerfer, doch sie sind in der Minderheit. Der aktuelle Anteil der Linkshänder weltweit liegt bei zirka zehn bis 15 Prozent, in Deutschland bis 20 Prozent. Offizielle Zahlen vom Bundesamt für Statistik gibt es nicht. Der Frauenanteil ist um zwei Prozent geringer als bei den Männern. Bei Zwillingen ist mit großer Wahrscheinlichkeit einer von beiden Linkshänder.

    Die Händigkeit eines Menschen ist angeboren. Meist kann man schon im dritten, spätestens im sechsten Lebensjahr feststellen, welche Hand bevorzugt wird. Linkshänder bekamen immer wieder zu hören: „Ein normaler Mensch macht alles mit rechts.“ Linkshänder hielt man für problematisch. „Aus einem Linkshänder kann nicht rechtes werden.“ Diese Vorurteile waren nicht auszurotten.

    Bis in die 1970er Jahre und zum Teil bis in die 1980er Jahre des letzten Jahrhunderts reagierten Eltern und Lehrer mit Zwang. Linkshändige Kinder wurden genötigt, in der Schule umzulernen; die besorgten Eltern wollten ihrem Kind Probleme ersparen.

    Vor 50 Jahren „umerzogen“

    Konzentrationsstörungen und schlechte Schrift wurden befürchtet. Kinder kämen generell nicht so gut in der Schule mit, so die einhellige Meinung. Eltern handelten in guter Absicht, erreichten aber durch die Umerziehung das Gegenteil. Umerzogene Linkshänder berichten von Kopfschmerzen, von Lese-Rechtschreibschwäche und von Konzentrationsstörungen. Sie brauchten insgesamt länger, Aufgaben zu erledigen, entwickelten Minderwertigkeitskomplexe, fühlten sich unsicher und zogen sich zurück.

    Nicht nur die Schreibhand steht in der Wissenschaft im Mittelpunkt der Forschung, sondern die gesamte Tätigkeit: Wie wird der Ball geworfen, mit welcher Hand werden Gegenstände und Werkzeuge benutzt. Umerzogene Kinder schrieben mit der rechten Hand, erledigten andere Tätigkeiten weiterhin meist mit der linken Hand.

    Es ist nicht immer sofort zu erkennen, ob jemand eindeutig Links- oder Rechtshänder ist: „Gemischt-Händer“ benutzen für bestimmte Tätigkeiten oder Aufgaben die linke und dann wieder die rechte Hand. Die Händigkeit kommt nicht aus den Händen, sondern aus dem Gehirn. Die beiden Gehirnhälften sind dafür verantwortlich. Dort gibt es eine Aufgabenverteilung. Bei Linkshändern verarbeitet das Gehirn Informationen anders.

    „Mei Bub is a Lodze!“: Das musste der Autor dieser Zeilen bei seiner Einschulung im Jahr 1963 selbst erfahren. Am ersten Schultag nahm seine Mutter den Lehrer zur Seite und sagte, dass ihr Sohn ein „Lodze“ sei. So werden die Linkshänder in der Mundart am Obermain bezeichnet. Ein mühsames Schreiben begann. Beim Diktat immer der Letzte und mit vielen Fehlern. Kein Wunder, dass die Deutschnote in der gesamten Grundschulzeit nur „ausreichend“ war.

    Erst in den höheren Klassen kam Besserung. Schon vor der Schule begannen die Gängeleien. Der Spruch: „Mal mit der schönen Hand!“ gehörte zum Alltag des Kindes. So versteckte sich der kleine Andreas zum Malen unter der Eckbank in der Küche; dort malte er heimlich mit der linken Hand. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert.

    Keine Vorurteile

    Im Kindergarten und in der Grundschule haben die Kinder nicht mehr mit Vorurteilen zu kämpfen. Linkshänderscheren sind eine Selbstverständlichkeit.

    Nach einer schriftlichen Anfrage bei der Schulamtsdirektorin Stefanie Mayr-Leidnecker macht der LehrplanPLUS, der momentan an bayerischen Grundschulen gültig ist, zum Umgang mit Linkshändigkeit klare Aussagen, die die Lehrerinnen und Lehrer umzusetzen haben: Die Lehrkraft begleitet die Schreibentwicklung aller Schülerinnen und Schüler und unterstützt sie durch gezielte individuelle Hinweise sowie Hilfestellungen, insbesondere, was die Entwicklung der Rechts- oder Linkshändigkeit betrifft.

    Auf die Unterstützung der Linkshänder im Kunstunterricht sei zu achten. So sollen Linkshänder etwa beim Benutzen von grafischem Werkzeug spezielle, für Linkshänder geeignete Techniken erlernen.

    Sicher darf jedes Kind laut Lehrplan inzwischen links schreiben, doch manchmal fehlt es den Pädagoginnen und Pädagogen an Wissen, wie sie das Kind beim Schreibenlernen fachgerecht unterstützen können. Denn typisch für das Linkshänder-Kind ist die Hakenhaltung, durch die die Schüler und Schülerinnen mehr Mühe als die Rechtshänder haben.

    Die Lehrkräfte müssen dem Kind die Schreibhaltung und die Blattlage zeigen. Eine verkrampfte Schreibhaltung entsteht oft, um zu vermeiden, dass die Tinte verwischt. So legt man das Papier links vor das Kind und dreht es leicht nach rechts. Der Stift sollte nicht zu weit unten gefasst werden. Während des Schreibens wird das Papier von der rechten Hand nach links geschoben. Grundsätzlich sollten Eltern wie Lehrer diese Kinder immer wohlwollend unterstützen.

    Yvonne Seeliger, Schulleiterin der Grundschule Marktzeuln äußerte sich zur Thematik: „In unserer Schule gibt es spezielle Schreibunterlagen für Linkshänder, mit deren Hilfe sie das Blatt schräg halten können. Wir achten darauf, dass möglichst zwei Linkshänder zusammensitzen, um sich nicht gegenseitig beim Schreiben zu behindern. Ansonsten können sich die Kinder frei entwickeln“.

    Alles auf Rechts

    Linkshänder haben im Alltag des 21. Jahrhunderts ihre Probleme, denn die Welt ist auf Rechts ausgerichtet. Nicht nur Werkzeuge sind auf Rechts programmiert. Wer einen Handwerksberuf erlernt, bekommt das tagtäglich zu spüren. Im Alltag sind Schalthebel im Auto oder der Dosenöffner in der Küche nur von Rechtshändern leicht bedienbar. Beim Auto sind Linkshänder in England im Vorteil.

    Der frühere US-Präsident Obama ist einer der prominenten Vertreter der Linkshänder.
    Der frühere US-Präsident Obama ist einer der prominenten Vertreter der Linkshänder. Foto: dpa

    Sind Linkshänder dadurch, dass sie sich permanent anpassen müssen, flexibler, sogar intelligenter und kreativer? Verwiesen wird an prominente Linkshänder wie Leonardo da Vinci oder Picasso, Mozart, Beethoven, Goethe und Einstein. Dies kann aus aktueller wissenschaftlicher Sicht nicht bestätigt werden. Unter den fünf Staatschefs der USA seit 1981 finden sich vier Linkshänder: Clinton, Obama, Ronald Reagan und George Bush.

    Beratungsstelle für Linkshänder

    Linkshänder in Deutschland werden seit Jahrzehnten nicht allein gelassen. Die erste deutsche Beratungs- und Informationsstelle für Linkshänder und umgeschulte Linkshänder gibt es seit 1985 in München. Die inzwischen verpönten Umschulungen von Linkshändern gehören der Vergangenheit an, dennoch ist noch viel zu tun. Im öffentlichen Leben haben Linkshänder oft das Nachsehen; in der tagtäglichen Welt ist vieles nicht für Linkshänder geeignet.

    Erfreulich ist, dass es immer mehr Produkte für Linkshänder gibt. Linkshänder & Co in Erfurt hat auch einen Online-Versand. Der Online-Shop Lafüliki in Bamberg verkauft Linkshänder-Schreibunterlagen und Haushaltswaren wie Schäler, Kellen oder Dosenöffner.

    Linkshänderkurse für Vorschulkinder werden in Lichtenfels von der Ergotherapeutin Uschi Maurer angeboten. Den Internationalen Linkshändertag am 13. August gibt es seit 1976.

    Abschließend sei gesagt: Wichtig ist, von Beginn an die Händigkeit zu akzeptieren. Lassen Sie das Kind die Hand, die es benutzen möchte, selbst wählen. Geben Sie Ihrem Kind nicht automatisch alle Spielsachen und Gegenstände in die rechte Hand. Vergessen Sie nicht: Schere, Lineal und Füller gibt es auch für Linkshänder.

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