Am Wochenende gab's auf dem Marktplatz mal wieder einen Spezialmarkt für heimische Flechtwaren. Ein Markt mit Überraschendem, einem Zwischenhoch und der Frage, ob es noch in diesem Jahr zu einer Zweitauflage kommen könnte.
Samstag, 13 Uhr, warme Temperaturen und Sonnenschein: „I gfrei mi“, sagt Theresia Asam im Idiom ihrer schwäbischen Heimat. Auch sie, die in der Korbstadt einen entsprechenden Laden betreibt, ist vor Ort. Aber sie hat um diese Uhrzeit auch eine Frage: „Wo sind die Lichtenfelser?“ Doch sie gibt auch zu, dass es Mittagszeit ist und es drei Stunden vorher noch ganz anders war.
Viele Kauflustige bereits vor dem offiziellen Beginn
Denn schon bevor um 10 Uhr der Markt begann, „waren überall Leute zu sehen, die kauften und interessierte Fragen stellten“. Nur dann, im Lauf der Stunden, sei es „anders, aber nicht besser“ geworden. Auffällig an der Frau ist, dass sie immer gute Laune hat und sich nicht allzu lange mit dunklen Gedanken aufzuhalten scheint.
Etwas „zum Schönsein“ bei „Nachbar“ Rainer Groth entdeckt

Im nächsten Moment tritt ein Ehepaar an ihren Stand und sorgt gleichfalls für Heiterkeit. Er fragt, auf ein länglich geflochtenes Objekt deutend: „Für was ist das gedacht?“ Asam antwortet: „Zum Schönsein.“ Es ist eine Redewendung, von der Asam sagt, sie habe sie dem Manne entführt, der ihr in einigen Metern und mit dem Rücken zum Rathaus sitzend, seinen Stand aufgebaut hat: Korbflechter Rainer Groth. Auch an seinem Stand ist Dekoratives zu sehen, wenngleich auch mehr zu praktischer Verwendung, vorwiegend in Form von Brot- oder Obstschalen. Doch dort wie hier bietet sich dem Marktbesucher eine Kunstfertigkeit in Materialvielfalt.

An laut Manfred Rauh, Geschäftsführer des ZEF (Zentrum europäischer Flechtkultur Lichtenfels e.V.), acht Ständen fanden sich zehn Flechter. Sie zum Mitmachen zu animieren, sei einfach gewesen. Sie hätten sich spontan entschlossen. Gemeinsam dürften sie gegen 14 Uhr etwas erlebt haben, was sich als Zwischenhoch beim Besucherandrang bezeichnen lässt. Wanderer und vor allem Radfahrer, die den Beweis erbrachten, dass die Korbstadt entlang einer Magistrale für Radtouristen liegt, trudeln ein und nehmen sich Zeit zum Schauen. Und hie und da auch für Käufe.
Leidenschaftlicher Flechter mit Gesangsqualitäten
Etwa um diese Zeit hält ein Radtouristenpaar beim Stand von Heinrich Geßlein an. Der einstige Krankenpfleger und Weidenanbauer ist nicht nur ein leidenschaftlicher Flechter mit Sinn für Weidenwerk zur Landschaftsgestaltung, sondern auch Mitglied eines Gesangvereins mit Stimmlage Tenor. Wer bei ihm für die Ukraine spendet, dem bringt er ein Ständchen. So wie dem Paar vor ihm. Sang er wenige Minuten vorher noch eine Arie aus der Oper Nabucco, so hebt er nun zu „Ja, mir san mim Radl da“ an.

Dass man an ihn einen Liederwunsch herantragen könnte, der ihm unbekannt sei oder bei dem er textlich nicht sicher wäre, davor hat Geßlein keine Angst. Auf „ein paar hundert Lieder“ beziffert er sein Repertoire. „Wir haben zur Arbeit immer gesungen“, klärt der aus der Landwirtschaft Stammende auf. Diesen Flechtmarkt sieht er als gute Gelegenheit, „gerade nach Corona-Zeit mal wieder Bekannte zu sehen“.
Dass er Werbung für das Flechthandwerk an sich machen könnte, daran zweifelt er nicht. Sein Werbeeffekt, so sagt er, „sei nicht zu unterschätzen“. 2021 gab es zwei solcher Märkte. 2022 ist bislang nur ein Markt geplant gewesen. Denn 2022 soll es auch wieder einen Korbmarkt geben. Allerdings signalisierte Manfred Rauh, er sei für Unterredungen zu einem zweiten kleinen Flechtmarkt dieser Art noch in diesem Jahr grundsätzlich offen.