Zum Tode von Alfred Schneider
Alfred Schneider ist gegangen. Aus einem wirkenden Leben am 18. März. Der Mann, der einer der Väter des Korbmarktes war, hatte Facetten: Sie zeigen Fleiß und Offenheit für Begegnung mit Menschen und Ideen.
Notizen zu dem 1936 bei Kronach Geborenen bergen Schwierigkeiten. Was nicht erwähnen? Was wie gewichten? Schneider scheint der Sorte Mensch zugehörig gewesen zu sein, die dort keine großen Worte zu sich macht, wo andere Romane erzählen.
Korbfachschule geprägt
Das Leben des Mannes, der zur prägenden Gestalt der Korbfachschule wurde, beweist, wie sich unerwartete Welten durch Wissensdurst, Menschlichkeit und Fleiß betreten lassen. Aus kleinen feinflechterischen Verhältnissen stammend, entschied Schneiders Mutter für ihn auf das Erlernen des Flechthandwerks.
Der Vater war ja im Krieg gefallen, aber seine Leistungen an der Lichtenfelser Staatlichen Fachschule für Korbflechterei hätten ihn stolz gemacht. Bald übernahm der 19-Jährige die elterliche Werkstatt und erwarb durch einjährigen Besuch der Wirtschaftsschule kaufmännisches Wissen.
Es war die Nachkriegszeit und ihr fanden Schwellen noch unbürokratisch Einebnungen. Die Wunder der Begegnung boten Aussicht auf Richtungswechsel. So erwies sich sein einstiger Lehrer bald als Mentor: Adam Zasche. Er rief Schneider 1955 an die Staatliche Fachschule für Korbflechterei.
Die Überfüllung damaliger Klassen erklärte den Lehrassistenten-Bedarf. Doch Zasche sah in Schneider mehr: Charisma, gepaart mit Begabung für Pädagogik. Die kommenden Jahre waren von Lehrgängen bei Münchener Professoren geprägt. Fortbildungen hießen: Plastisches Gestalten, Farbgestaltung, Form- und Farbgestaltung. Das, was Schneiders Mutter ihm als Weg empfahl, sollte sich als Berufung statt Chance erweisen.
Belesen und kreativ
In Schneiders Haus beschreitet man eine Welt der Bekenntnisse. Flechtwerk hier, Ideen zur Innenarchitektur dort, Bücher, wieder Bücher und Friede. Hier lebte jemand in Einklang mit Berufung, mit seiner Frau, der Familie, der gefundenen Heimat Lichtenfels und sich selbst. Hier durfte jemand, der auch praktizierender Christ war, nachsinnen, sich besinnen oder entsinnen.
Erlebnisse gab es viele: die Praktika Ende der 1950-er in Hamburg, Mölln und Schweden, die Meisterprüfung, die Leitung der Fachschule für Korbflechterei zwischen '73 und '99, die ehrenamtliche Leitung des Korbmuseums in Michelau oder die Lehrbeauftragung an der Fachhochschule Coburg für Innenarchitektur.
Daten, die mit Leben gefüllt waren, unternahm Schneider doch zwecks Erkundung von Flechtwelten oder Entwicklungshilfe Studienreisen nach Indonesien, beteiligte er sich doch auch an Ausstellungen mit der Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Kunsthandwerks in Frankfurt, Birmingham und Moskau und stellte im Design-Forum von Nürnberg aus. Horizonte weiteten sich – Horizonte, die blieben. Auch in Richtung Naturmaterialien.
Güte und Geschick
Unter Schneiders Leitung und Mitwirkung wurde die Korbfachschule auffällig. Und somit Lichtenfels. Sie taten es auf der Internationalen Handwerksmesse in München, einer BUGA, der Exempla, in Museen, auf Berufbildungskongressen. Oder einer Wanderausstellung in den USA, in Sowjetrepubliken, in Peking oder Triest. Zweimaliger Bayerischer Staatspreis auf der Internationalen Handwerksmesse, Ehrenmedaillen hier und Ehrenmitgliedschaften dort.
Güte, pädagogisches Geschick, eine Vorliebe für Anekdoten und nur eine Zigarette (vor Unterrichtsbeginn) am Tag – so bleibt der 1999 mit der Kulturmedaille der Stadt Lichtenfels ausgezeichnete Mann Mitstreitern als Schulleiter im Gedächtnis. Sein Anteil am Fortbestand der Korbfachschule ist enorm, heißt es doch, er habe mit ausgearbeitetem Konzept am Kultusministerium vorgesprochen. Mensch und Schulleiter – diese Dinge durchwirkten sich gegenseitig und mitunter auch noch nach seiner Zeit als Schulleiter.
Denn immer wenn Korbmarkt war, fuhr er gerne an alte Wirkungsstätte, traf er dort doch auf Schüler, Lehrer, Gleichgesinnte. Noch 14 Tage vor seinem Tod, wurde er von einem einstigen Schüler besucht. Dass sie oder ehemalige Lehrer Besuche abstatteten oder anriefen, kam immer wieder vor. Als Alfred Schneider einschlief, tat er es friedlich und wohl frei von Angst. Vor dem Leben mit seinen Richtungswechseln hatte dieser Optimist ja auch keine.