Schleicher im Skoda Fabia auf der Autobahn, alternde Männer mit Geräuschemissionen und Schulabbrecherinnen als Wellnesscoachs im Internet - der bayerische Comedian Harry G knöpft sie sich in seinem vierten Bühnenprogramm „Hoamstories“ alle vor. Über 500 Menschen hat er mit einem temporeichen Auftritt am Freitag in der Stadthalle gut unterhalten.
Harry G, als Markus Stoll in Regensburg geboren und in München lebend, kultiviert die Rolle des grantelnden Bayern. Er sei mit seinem Mountainbike durch den Spessart gefahren, berichtet der 46-Jährige eingangs. Das sei eine der schönsten Gegenden, die er je gesehen habe. In Regensburg sei er sogar an der Spessartstraße aufgewachsen (die es laut Google Maps tatsächlich gibt). Nur sei es halt so schwierig, von München in den Spessart zu kommen.
Der schleichende Übergang ist das Markenzeichen von Harry G
Und schon ist er auf der Autobahn und mitten im Programm, mit dem er seit vorigem Jahr tourt. Das ist eines der Kennzeichen von Harry G neben dem Hut, dem Herumtigern auf der Bühne und dem Einbinden des Publikums: der schleichende, elegante Übergang von einem Thema zum nächsten, den man zunächst gar nicht mitbekommt.
Die Schnarchnasen auf der Autobahn sind, so seine Erkenntnis, immer im gleichen Autotyp unterwegs, dem Skoda Fabia. „Drin sitzt die graue Eminenz, Ilse auf dem Weg zum Kaffeekränzchen.“ Nur ein Auto sei noch schlimmer, der Golf Plus, heute „Sports Van“, der höher ist, sodass man mit dem Rollator direkt hineinfahren könne.
An sich merkt der Comedian aber auch schon die Veränderungen, die mit dem Älterwerden einhergehen. Er habe neue Marotten bekommen, das Aufseufzen beim Hinsetzen, das anlasslose Räuspern und das laute Niesen. Dafür gebe es sogar einen Fachausdruck: „Old man noises“ (Lärm alter Männer), was wie das neue Album der Rolling Stones klinge.
Das anlasslose „so!“ des alternden Mannes
Besonders auffällig sei aber, dass alternde Männer ohne Grund „so!“ sagten, begleitet von einem aufmunternden Klatschen auf den eigenen Oberschenkel. Damit kaschierten Männer, „dass sie nichts zu tun haben“. Die Frauen dächten dann: „Ah, jetzt macht er was.“
Wenn er mit einem „so!“ in den Keller gehe, denke seine Frau, er sehe nach der Heizung. Tatsächlich genehmige er sich eine Halbe aus dem dort aufgestellten Bierkühlschrank. Das sei seine „me time“ (Zeit für mich), also die Zeit, in der er sich um sein seelisches und geistiges Wohl kümmere.
Zu diesem Thema sei mittlerweile jede Schulabbrecherin auf Instagram unterwegs, beispielsweise die Birte. Sie gebe Ratschläge zum Kochen mit Leinsamen und empfehle ihren Followern die Etablierung einer Morgenroutine.
Mehr als Granteln
Auch im neuen Programm sind bekannte Typen wie sein Kumpel Alfons, der Extremraucher mit der tiefen Stimme, und sein Nachbar Arno Brüggemann dabei. Letzterer leidet unter dem Preußensyndrom, er muss immer auffallen, und fährt natürlich einen Tesla, „die hässlichste Kiste auf der Welt, der Thermomix auf Rädern“.
Die Zugabe von Harry G spielt in Duisburg, der Stadt, die ein Tesla wäre, wäre sie denn ein Auto. Ausführlich schildert er die unappetitliche Nahrungsaufnahme eines Paares in einer Currywurstbude, dann kommt der Schlussgag: Er habe gehört, wie der Mann zu seiner Frau sagte: „So eine gute Currywurst bekommen wir daheim in Lohr nicht.“
Im Laufe des zweieinhalbstündigen Programms fragt man sich immer wieder, ob das wirklich Granteln ist oder nicht vielmehr ein Protest gegen die Zumutungen des Lebens. Harry G erfindet ja so gut wie nichts, er bringt nur die Absurditäten des modernen Alltags lautstark, temporeich und mit Witz auf den Punkt. Nur so geballt tauchen sie im Alltag nicht auf, sonst wäre es ja gar nicht mehr auszuhalten.
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