Am 16. August ist der Tag des heiligen Rochus, für Lohr ein besonderer Tag. Traditionsbewusste Lohrer gehen mit der Prozession zur Valentinuskapelle und gönnen sich ein „Löhrer Essen“. In diesem Jahr gibt es eine Sondersituation durch den Feiertag Mariä Himmelfahrt einen Tag vorher.
Das Ereignis, durch das der Rochus-Tag zu einer Art Lohrer Feiertag wurde, liegt schon fast 360 Jahre zurück. Seinerzeit war Rochus in Franken ein ziemlich populärer Heiliger. An ihn erinnerten sich die Lohrer, als 1666 eine Pestepidemie drohte.
Im 30-Jährigen Krieg hatte die Seuche rund zwei Drittel der Lohrer Bevölkerung dahingerafft. 1666 zog die Pest, wohl von geflohenen Engländern mitgebracht, von den Niederlanden den Rhein und seine Nebenflüsse hinauf und war entlang des Mains schon bis Hanau gelangt.
Gelöbnis abgelegt
Die Lohrer gelobten, am Todestag des heiligen Rochus, also am 16. August, jedes Jahr in einer Prozession zur Valentinuskapelle über der Stadt hinaufzuziehen, wenn Lohr diesmal von der Pest verschont bliebe. So geschah es. Das kleine Gotteshaus ist den drei Seuchenheiligen Valentinus, Rochus und Sebastian geweiht.
In diesem Jahr fällt der 16. August auf einen Samstag und am Tag vorher ist der Feiertag Mariä Himmelfahrt - ein verlängertes Wochenende für Lohr. Traditionsbewusste Lohrer Geschäfte machen schon immer erst nach der Rückkehr der Prozession auf - lohnt sich das am kommenden Wochenende überhaupt?
Angelika Winkler, die Vorsitzende der Lohrer Werbegemeinschaft, hat deswegen eine „Blitzumfrage“ gemacht. Ergebnis: Rund 20 Prozent der Mitgliedsgeschäfte bleiben geschlossen. Weitere 20 Prozent haben von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Circa 60 Prozent der Geschäfte machen von 10 bis 14 Uhr auf.
„Die Mehrheit von rund 80 Prozent ist also für die Kundschaft geöffnet“, stellte Winkler fest. Alle Mitgliedsgeschäfte nähmen Rücksicht auf die Prozession und bauten beispielsweise Warenständer erst danach auf.
Mit dem Rochus-Tag verbunden ist auch das „Löhrer Essen“, bestehend aus Leberknödel, Beizfleisch, Sauerkraut und Schwarzbrot. Seit rund 45 Jahren serviert Margitta Gottschalk, ehemalige Wirtin des Schönbrunnens, an Rochus diese Speisenkombination. Übernommen hat sie diese Tradition vom Gasthaus Zur Sonne im Ottenhof.
An neuem Ort weitergeführt
Bei deren früherer Wirtin gab es an Rochus das „Löhrer Essen“. An diesem Tag sei „jeder dahinter gerannt“, erinnert sich Gottschalk. Nach der Schließung der Sonne übernahm Gottschalk die Tradition für ihre damalige Gaststätte, das Bräustüble der Lohrer Brauerei.
„Ich hatte ja keinerlei Erfahrungen damit und habe 100 Portionen vorbereitet“, berichtete sie. Diese waren in einer Stunde weg. Aber wesentlich mehr Gäste wollten dieses Essen haben. „Ich stand in meinem Biergarten wie ein kleines Kind und habe mich so geschämt.“
Deshalb versprach sie allen zu kurz Gekommenen, dass es das „Löhrer Essen“ ausnahmsweise auch am Tag darauf geben würde. „Es sind fast alle am nächsten Tag wiedergekommen.“ In den nächsten Jahren bereitete sie jeweils 300 Portionen vor, „die habe ich auch gebraucht“.
Mittlerweile werden im Schönbrunnen noch rund 180 Portionen am Rochus-Tag bestellt. Viele Portionen werden nach Gottschalks Angaben auch abgeholt. Gegessen wird auch nicht nur im Anschluss an die Prozession, die Gäste kämen deswegen bis zum Abend.
Im Schönbrunnen werden rund 180 Portionen am Rochus-Tag bestellt
Die Zahl habe sich reduziert, weil die traditionsbewussten Lohrer auf natürlichem Weg weniger würden. Aber ein Blick ins Reservierungsbuch zeige nach wie vor: „Am 16. August ist voll“. Sie freue sich, dass die Kirche und auch die Stadt die Tradition hochhielten.
Auch bei Sebastian Merz, dem Wirt des Keiler-Brauhauses, gibt es dieses Gericht am Rochus-Tag. „Ich bin ja in Lohr geboren und kenne diese Tradition“, erzählte er. Seit neun Jahren ist er Wirt des Brauhauses und seither hat es, außer zu Zeiten der Pandemie, dieses Essen immer an Rochus gegeben.
Auch die Stammtische wiesen darauf hin, „letzte Woche haben die ersten schon danach gefragt“. Die Zahl habe zwar abgenommen, aber abhängig von der Witterung würden 20, 30 bis 50 Portionen bestellt. Mittags kämen die, die bei der Prozession mitgelaufen seien.
Auch mit Kartoffelbrei
Als Daniela Mehling noch Wirtin der Rose war, stand bei ihr am Rochus-Tag ebenfalls das Traditionsessen auf der Speisekarte. Allerdings in einer „De-luxe-Version“, wie sie lachend vor einigen Jahren der Redaktion verriet: Statt Brot gab es bei ihr Kartoffelbrei als Beilage.
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