Eigentlich haben die Lohrer Stadtwerke ein Interesse daran, viel Trinkwasser zu verkaufen. Schließlich bringt jeder Liter Einnahmen. Doch jetzt gab es einen deutlichen Aufruf zum Wassersparen. Ein Gespräch mit Johannes Goßmann, dem Leiter der Stadtwerke, über mögliche Einschränkungen beim Wasserverbrauch und Möglichkeiten, sie zu vermeiden.
Herr Goßmann, sie haben eine Frisur, für deren Pflege vergleichsweise wenig Wasser benötigt werden dürfte. Müssten sich aktuell viel mehr Lohrer die Haare so kurz schneiden, um die Trinkwasservorräte zu schonen?
GOSSMANN (LACHT): Als Leiter der Stadtwerke muss man selbstverständlich mit gutem Beispiel vorangehen. Es sind die vielen kleinen Änderungen, welche letztendlich zum Ziel führen. Das ist mein kleiner Zusatzbeitrag zum Wassersparen.
Der Zustand der Lohrer Trinkwasserversorgung lässt sich seit Kurzem an der „Wasserampel“ ablesen, die die Stadtwerke auf ihrer Internetseite präsentieren. Derzeit steht sie auf Gelb. Was bedeutet das und was soll die Ampel bezwecken?
Wir wollen mit der Ampel möglichst einfach veranschaulichen, wie es gerade um die Lohrer Trinkwasserversorgung und die Schüttung der Quellen steht. Bei „Grün“ läuft alles wunderbar und es gibt keine Einschränkung. „Gelb“ bedeutet, dass man sparsam mit Wasser umgehen sollte. Wenn die Ampel auf „Rot“ springt, kann es Verbote für die Wassernutzung geben.
Wohin wird die Lohrer Wasserampel als nächstes springen, Rot oder Grün?
Die Ampel steht auf Gelb, weil die Quellschüttungen im Spätsommer immer deutlich nachlassen. Das hat sich in den vergangenen Jahren aufgrund des Klimawandels verstärkt. Seit eineinhalb Wochen aber sind unsere Quellen stabil, die Schüttungen fallen derzeit nicht weiter ab. Damit die Ampel wieder auf Grün springt, bräuchte es allerdings schon eine lang anhaltende Niederschlagsphase. Darauf hoffen wir. Wobei bei Regenfällen im Sommer die Vegetation viel Wasser wegnimmt. Im Herbst und Winter schlägt der Regen eher auf das Grundwasser durch. Weil dann auch der Verbrauch niedriger ist, dürfte die Ampel im Herbst wieder auf Grün springen.
Könnte sie zuvor auch auf Rot springen?
Man kann nie genau vorhersagen, wie sich die Schüttungen entwickeln. Es gab auch schon Jahre, in denen es im Laufe des Septembers noch mal einen deutlichen Einbruch gab. Wenn so ein Einbruch heuer käme, würde die Ampel wohl auf Rot springen. Aber noch haben wir genug Wasser.

War es in Lohr überhaupt schon mal so knapp, dass die Ampel, wenn es sie schon gegeben hätte, Rot angezeigt hätte?
Nein, so kritisch war es noch nie. Es gab allerdings schon Phasen, in denen man gezielt Maßnahmen ergreifen musste. Man kann beispielsweise mit Sportvereinen sprechen, damit sie ihre Rasenfelder nur noch in reduziertem Umfang bewässern. Und natürlich kann man an die Bevölkerung appellieren, sparsam mit dem Wasser umzugehen.
Wie würden die Stadtwerke reagieren, wenn all das nicht reicht und das Wasser wirklich knapp wird?
Wir könnten dann zunächst innerhalb unseres Leitungsnetzes ausgleichen, indem wir Versorgungszonen ändern, weil manche Quellen stabiler sind als andere. Über eine Notleitung zwischen Rodenbach und Wombach könnten wir außerdem Wasser aus dem Verbundnetz der Fernwasserversorgung Mittelmain beziehen. Kleinere Stadtteile könnte man zur Not vorübergehend mit Tankwagen versorgen.
Was würde das für die Verbraucher bedeuten?
Dann könnten wir beispielsweise private Autowäschen, Sportplatz- oder Rasenbewässerung, Poolbefüllung und dergleichen verbieten. Bei Verstößen gäbe es Bußgelder. Aber wir hoffen, dass wir nie in diese Situation kommen.
Weniger verkauftes Wasser bedeutet weniger Einnahmen für die Stadtwerke. Es gilt jedoch die gesetzliche Vorgabe, kostendeckend zu arbeiten. Wären höhere Wasserpreise die Konsequenz des Wassersparens?
Wir wollen aus wirtschaftlicher Sicht natürlich möglichst viel Wasser verkaufen. Je mehr abgenommen wird, desto niedriger ist der Kubikpreis. Aber wenn das Wasser knapp wird, muss man einfach sparen. Bei einem dauerhaft niedrigeren Wasserverbrauch wären höhere Gebühren tatsächlich die logische Folge. Anders könnten wir die hohen Fixkosten in der Trinkwasserversorgung nicht decken.
Eine andere Möglichkeit wäre, die zum Teil hohen Wasserverluste im Leitungsnetz zu reduzieren. Rund jeder sechste Liter Trinkwasser ist voriges Jahr durch Rohrbrüche und Leckagen ungenutzt davongeflossen. Was tun die Stadtwerke dagegen?
Wir hatten zuletzt tatsächlich hohe Wasserverluste, haben aber deutlich nachgebessert. Wir haben beispielsweise unsere Parameter geändert, ab welchen Verlusten wir nach Leckagen suchen. Wir reagieren jetzt auch bei kleineren Rohrbrüchen schneller. Grundsätzlich versuchen wir, dort, wo viele Rohrbrüche sind, Leitungen zeitnah zu sanieren. Aber man kann das nur Zug um Zug machen.

Haben Sie die Hoffnung, dass sich die Situation der Lohrer Trinkwasserversorgung unter den derzeitigen Vorzeichen wieder spürbar entspannt?
Der Klimawandel mit seinen trocken-heißen Sommern lässt sich nicht leugnen. Man kann daher wohl nicht davon ausgehen, dass die Schüttungen unserer Brunnen und Quellen dauerhaft wieder merklich steigen. Daher müssen wir die Struktur unserer Trinkwasserversorgung verbessern. Wie das aussehen könnte, beschreibt ein Gutachten. Es soll im Oktober im Stadtrat vorgestellt werden.
Was steht drin?
Es werden verschiedene Optionen aufgezeigt. Ein zusätzlicher Brunnen wäre natürlich super, allerdings müsste man da erst wissen, wo. Da wären unter anderem Versuchsbohrungen nötig.
Wie sieht es mit interkommunaler Zusammenarbeit aus? Wasser aus Partenstein, Karlstadt, Rechtenbach oder Neuendorf für Lohr, wäre das denkbar?
Wir haben im Rahmen des Gutachtens bei allen Nachbargemeinden angefragt, ob sie in der Lage und bereit wären, uns Wasser abzugeben. So wie es aussieht, gäbe es da Optionen, zumindest für einzelne Stadtteile. Allerdings wären im Einzelfall viele Details abzuklären, vom Leitungsverlauf bis zu der Frage, ob sich das Wasser überhaupt problemlos mit unserem mischen ließe. Wasser ist nicht gleich Wasser, man kann das nicht immer einfach zusammenschütten, weil beispielsweise Ablagerungen drohen. Ob neuer Brunnen, interkommunale Zusammenarbeit oder sonstige Änderungen in der Struktur unserer Versorgung – das muss letztendlich der Stadtrat entscheiden.
Haben Sie die Hoffnung, dass die Lohrer Wasserampel irgendwann wieder dauerhaft auf Grün steht?
Ich bin mir zumindest sicher, dass Sie noch heuer wieder auf Grün springen wird. In den kommenden Jahren, davon gehe ich aus, wird sie allerdings immer wieder auch auf Gelb stehen. Wir arbeiten daran, dass uns die rote Phase erspart bleibt.
Lohrer Wasserversorgung in Zahlen
Im vergangenen Jahr wurden in Lohr 866.553 Kubikmeter Trinkwasser verbraucht. Pro Sekunde sind das gut 27 Liter. Das mit Abstand größte Lohrer Wasserwerk ist das am Schwebberg. Es versorgt die Kernstadt sowie die Stadtteile Lindig, Sackenbach und Sendelbach. Aus den im Wasserwerk Schwebberg gesammelten drei Quellen im Rechtenbachtal stehen in Normalzeiten rund 50 Liter pro Sekunde zur Verfügung, aktuell jedoch nur rund 34. Die aktuelle schwache Schüttung lässt sich auch an den anderen Quellen ablesen: Schönrainquelle (Halsbach): 1,1 Liter pro Sekunde (normal 3), Kiesrainquelle (Ruppertshütten): 2,2 Liter (normal 3,7), Kindsbrunnquelle (Steinbach): 2,9 Liter (normal 6). Unbeeindruckt vom allgemeinen Wassermangel sind bislang die Schüttungen der beiden Tiefbrunnen in der Wöhrde (3,5 Liter pro Sekunde) und in Wombach (4 Liter).
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