Was macht ein Hüttenwirt ohne Hütte? Er lässt sich etwas einfallen. So jedenfalls hält es Bernhard Oßner. Nachdem der Landkreis das alte Berghaus Rhön abgerissen hat, überbrückt der neue Pächter die Zeit bis zur Fertigstellung des Neubausseit vergangenem Sommer mit einem Festzelt.
Selbst dem Rhöner Winter trotzt er mit Zeltbahnen, Gestängen, Holz und Glas. Das hat seinen Reiz. Durchs Fenster schauen die Gäste von ihren rustikalen Tischen aus in den verschneiten Winterwald.
Allerdings geht es nicht ohne Einschränkungen. "Jetzt fahren wir im Notbetrieb", gesteht Oßner. Geöffnet ist nur samstags und sonntags. Die Gäste nehmen es gelassen. Der gebürtige Niederbayer mit dem zünftigen Dialekt auch : "Die Leute sind locker drauf", beobachtet er. Lockerer vielleicht als zwischen festen Wänden. Kein Wunder: Wenn das Zeltdach im Winterwind flattert und, je nach Außentemperatur, die kleine oder große Zeltheizung durch einen fetten Schlauch warme Luft in den Raum pustet, ist man herrlich weit weg von den Zwängen zwischen gewöhnlichen vier Wänden.

Wasser muss aufgetaut werden
Damit es den Besuchern warm ums Herz wird, haben Oßner und seine Mitarbeiter gründlich vorgearbeitet. Denn nach durchfrorener Nacht mit minus zehn Grad draußen ist es drinnen zwischen den Zeltbahnen nicht wärmer. "Wir brauchen ein bis zwei Stunden, um alles gangbar zu machen", sagt der Wirt. Die Ölheizung muss eingeschaltet werden, sowie Trinkwasservorräte und die Tanks im Sanitärcontainer aufgetaut werden. Aufs weiche Dach musste das Team schon steigen, um es von einer 15 Zentimeter starken Schneedecke zu befreien. Kaffeeautomat und Spülmaschine sucht man vergeblich. Die wären bei Frost gleich hinüber.
"Die Leute nehmen es nicht krumm", freut sich Oßner. Die Gäste am vergangenen Sonntag schätzt er auf 400 bis 500. Auf den 200 Sitzplätzen herrschte ein reger Wechsel. Gut komme die Selbstbedienung an. Mit zwei bis drei Kräften könne man Wünsche so viel rascher erfüllen als mit Bedienung am Tisch.
Geringe Wartezeit sei ein Erfolgsrezept. "Wer zu lange warten muss oder keinen freien Parkplatz findet, der kommt nicht wieder", ist Oßner überzeugt.
Ab Ostern wieder Sommerbetrieb
Das es jetzt wieder wärmer wird, sieht der Wirt mit gemischten Gefühlen. Ab Ostern möchte er sein Zelt gerne wieder auf Sommerbetrieb umstellen. Das heißt, mehr Öffnungstage, mehr Auswahl auf der Karte, später Zapfenstreich und mehr Personaleinsatz.

Die Herausforderung mit dem Zelt hat er nur wegen seines beruflichen Werdeganges angenommen. "Ich habe 30 Jahre Erfahrung mit der beweglichen Gastromie", sagt er. Bevor der gelernte Metzger 2010 den Schwarzen Adler in Oberthulba übernahm, war er im Raum Landshut und Österreich mit einem Festzelt unterwegs, gerne auch auf Pferde-Veranstaltungen. Über das Rakoczy-Reitturnier in Bad Kissingen lernte er die Rhön schätzen. Was der 55-Jährige am Berghaus Rhön an Material aufgebaut hat, gehört ihm. Das ermöglicht ihm, der Bewirtung ihren eigenen Charakter zu geben. Dass er vor der Kälte nicht zurückschreckt, zeigt er mit seinen Langlaufskiern in der Dreihütten-Loipe oder beim Skitouren-Gehen in den Alpen.
Bei aller Abhärtung setzt Oßner für den nächsten Winter auf die Fertigstellung des neuen Berghauses Rhön. Es soll im November in Betrieb gehen. Dieser Zeitplan erscheint ehrgeizig, weil bisher nur der Keller mit seinen Basaltstein-Wänden steht. Er ist das Überbleibsel vom alten Berghaus. Es ist davon auszugehen, dass Oßner den Baufortschritt nebenan aufmerksam verfolgt. Denn noch eine kalte Jahreszeit mit dem Zelt zu improvisieren, mag er sich nicht vorstellen. "Ein Winter reicht", sagt er mit einem vielsagenden Lächeln.