Der Traum vom Eigenheim veranlasst viele junge Familien zum Bau eines eigenen Hauses – meist in einem schönen Neubaugebiet, wie es sie vielerorts im Altlandkreis Bad Brückenau und anderswo ja gibt. Die wenigsten denken allerdings daran, eines der vielen leer stehenden Häuser im Ortskern für sich herzurichten. Denn oft ist eine Sanierung dieser alten Gebäude kostspielig, zumindest jedoch aufwändiger und meist langwieriger als der Neubau eines Hauses. Karl Josef Beck aus Platz hat das nicht zurückgeschreckt. Er hat sich vor zehn Jahren einem solchen Projekt verschrieben und die alte Schule in Platz inzwischen mit seiner kleinen Familie mit neuem Leben erfüllt.
1844 wurden die beiden Gebäude in der Ortsmitte errichtet. Bis 1904 wurden sie als Volksschule genutzt. Viele Platzer Bürger saßen hier in der Schulbank. In den 1970er Jahren gab es schon einmal eine komplette Renovierung des Schulgebäudes, das später dann aber aufgelassen wurde. Einige Jahre diente das Schulhaus dann der örtlichen Bank als Schalterraum, danach stand es mehrere Jahre leer. So lange, bis Schreiner Karl Josef Beck auf der Suche nach einem Haus mit einem passenden Nebengebäude für seine Schreinerwerkstatt war.
„Heute kann man das schon als jugendlichen Leichtsinn bezeichnen“, scherzt Beck über den Kauf des Anwesens. Im Frühjahr 2003 nahm er sich dem alten Gemäuer an und richtete zunächst das Erdgeschoss für sich allein her. Vor vier Jahren dann kam seine Frau Tanja mit dazu, kurz darauf erblickte Sohn Tizian das Licht der Welt und beanspruchte mehr Platz in dem Wohnhaus. Der Grund für den jungen Familienvater, auch das Obergeschoss der alten Schule herzurichten.
Für Karl Josef Beck bedeutete das viel Eigeninitiative. Als Schreiner hatte er jedoch das Wissen und Können, viele Arbeiten selbst zu verrichten. „Anders wäre eine solche Sanierung gar nicht bezahlbar gewesen“, sagt Beck. Schwer gemacht hätten ihm die Finanzierung seines Vorhabens allerdings die Banken, sagt der Bauherr. Denn da das Haus in der Ortsmitte steht und noch dazu an der viel befahrenen Hauptverkehrsstraße nach Bad Kissingen liegt, wurde es als eher unattraktiv für eventuelle Nachkäufer eingestuft. Ein zu hohes Risiko für die Banken, um den Eheleuten ein Darlehen zu geben. Lediglich für die Komplettsanierung des Daches habe man ihm einen Kredit gegeben.
Für die Familie waren die letzten zwei Baujahre finanziell somit eine harte Zeit. Tanja Beck musste trotz des Nachwuchses wieder Vollzeit in ihrem Beruf als Krankenschwester arbeiten, um die Familienkasse aufzubessern. Karl Josef Beck werkelte unterdessen alleine an dem alten Haus weiter.
„Es gab Zeiten, in denen er um fünf Uhr früh angefangen und bis abends um acht gearbeitet hat“, erzählt Tanja Beck.
Der Aufwand aber hat sich gelohnt. Aus dem alten Schulgebäude ist ein heimeliges Zuhause für die Familie geworden. Dabei haben die Becks darauf geachtet, dass das historische Ambiente des Hauses erhalten geblieben ist. So ist heute noch der alte Fußboden im heutigen Esszimmer zu sehen; eine alte Schultafel, die Beck im Haus gefunden hat, ziert die Wand über dem Esstisch; der Durchgang zur Küche ist mit den tragenden Balken abgetrennt und dient zum Teil als Bücherregal.
Aus überschüssigen Eichenbalken aus dem Obergeschoss schreinerte Karl Josef Beck die Treppe, die heute in die oberen Räume führt. Unter ihr fand eine alte Schulbank aus dem Bestand der früheren Volksschule einen dekorativen Platz. Außerdem verbrachte Beck viele Stunden damit, die alten Türen im ersten Stockwerk zu restaurieren und somit zu erhalten.
„Wir lieben alte Sachen, deshalb beziehen wir gerne solche alten Stücke in die Raumgestaltung ein.“
Tanja Beck
Um den Nostalgie-Flair perfekt zu machen, kombinieren die Becks in ihrer Einrichtung alte Möbel mit neuen Gegenständen und nehmen damit Bezug auf das Alter des Hauses, in dem sie wohnen. „Wir lieben alte Sachen, deshalb beziehen wir gerne solche alten Stücke in die Raumgestaltung ein.“
Beendet sind die Sanierungsarbeiten trotz zehnjähriger Bauphase nicht. Fertiggestellt werden müssen noch das obere Badezimmer und ein zweites Kinder- oder Gästezimmer. „Wir müssen eben immer sparen, um weiter machen zu können.“ Im Frühjahr nächsten Jahres allerdings soll auch diese Hürde gemeistert sein.
Bereut hat Karl Josef Beck den Kauf des alten Schulgebäudes nicht. „Wir haben hier sehr viel Platz, und könnten uns gar nicht vorstellen, in einer modernen Wohnung zu leben.“
Dass Beck durch seinen Einsatz ein historisches Gebäude im Ortskern von Platz erhalten hat, das vermutlich anderweitig dem Verfall preis gegeben gewesen wäre, ist eine zusätzlich ehrenvolle Entlohnung für seine Mühen.