Jan Heinle aus Geroda macht eine Ausbildung zum Metzger. 18 Kilometer fährt er täglich mit dem Roller zu seinem Ausbildungsbetrieb in Weißenbach. Morgens beginnt sein Arbeitstag um 6 Uhr. Eine Busverbindung gibt es nicht, schon gar nicht zu dieser Uhrzeit. Der beginnende Herbst macht dem jungen Azubi Sorgen. Nebel, Schnee und glatte Straßen sind in dieser Jahreszeit Normalität.
Jan ist kein Einzelfall. So wie ihm geht es vielen junge Azubis im Landkreis Bad Kissingen. Einmal in der Woche muss der junge Mann darüber hinaus nach Haßfurt zu seiner Berufsschule. Das sind 80 Kilometer, die er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen muss. Drei Stunden Fahrzeit insgesamt kommen an so einem Tag mit Bus und Zug zusammen. Mit dem Auto wäre er wenigstens zwei Stunden unterwegs.
Familie unterstützt Fahrten
Im ersten Ausbildungsjahr musste ihn seine Mutter bei schlechten Wetterverhältnissen zur Arbeit fahren. Doch das ging nur, weil sein Arbeitgeber mit den Uhrzeiten kulant war. „Immerhin saß ich bis zu meinem 16. Geburtstag morgens fast eine Dreiviertelstunde auf dem Mofa“, sagt Jan und schüttelt den Kopf.
Heute darf er offiziell 45 Kilometer pro Stunde fahren. Im Sommer sei das auf diese Entfernung kein Problem, doch im Winter kaum zumutbar. „Zu meinem 17. Geburtstag möchte ich auf jeden Fall versuchen, eine Sondergenehmigung für den Weg zur Arbeit zu bekommen, wenn es dafür eine Chance gibt“, sagt Jan.
Sondergenehmigung sinnvoll
Doch er zweifelt. Er habe gehört, dass eine solche Genehmigung nur schwer zu bekommen sei. In seinen Augen sind die Sondergenehmigungen sehr sinnvoll und nötig, denn „dadurch würden bestimmt mehr junge Leute eine Ausbildung auf dem Land machen“. Für viele Gleichaltrige ist die schlechte Erreichbarkeit der umliegenden Dörfer eine große Hürde. Deshalb ziehen sie weg, in Gegenden, in denen die Ausbildungsstätte besser zu erreichen ist.
Für die Umsetzung solcher Sondergenehmigungen ist das Landratsamt Bad Kissingen zuständig. Auf Nachfrage teilt die Behörde mit: „Wesentliche Kriterien sind (...) die Entfernung zwischen Wohnort und Ausbildungsstelle, für den individuellen Fall nicht ausreichende Verkehrsverbindung durch den ÖPNV oder die vorgegebenen Arbeitszeiten.“ In jedem Fall, so heißt es weiter, habe aber eine Abwägung der Gründe im Rahmen einer Einzelfallprüfung stattzufinden. Dabei seien sich die Verantwortlichen bewusst, dass den Kriterien der Einzelprüfungen „gerade in ländlich geprägten Gebieten mit ihren besonderen regionalen Gegebenheiten nicht ausreichend Rechnung“ getragen werde.
Vogel sieht Handlungsbedarf
Auch andere Gemeinden der Brückenauer Rhönallianz sind betroffen. Jochen Vogel (CSU), Bürgermeister von Motten, beschäftigt das Thema schon lange. „Ich finde die Regelung nicht zeitgemäß“, stellt er fest. Vielen Jugendlichen, die gerne in ihren Dörfern wohnen bleiben möchten, werde es besonders schwer gemacht. Ihm selbst seien einige Fälle bekannt, bei denen Jugendliche gerne eine Ausbildung im Landkreis machen würden, aber „oft scheitert es an den Fahrtwegen“. „Gerade weil die Situation auf dem Land besonders schwierig für die Zukunft der Jugendlichen ist, muss diese Sonderregelung für junge Auszubildende verbessert werden“, sieht Vogel Handlungsbedarf.
In der vergangenen Woche hatte er sich deshalb gemeinsam mit Landrat Thomas Bold (CSU) und zwei weiteren Landräten aus Niederbayern mit Gerhard Eck (CSU), Staatssekretär im Innenministerium, getroffen. „In dieser Besprechung ging es um die besondere Situation der jungen Auszubildenden in den ländlichen Gebieten Bayerns“, sagt Vogel.
Der Bedarf an einer Erneuerung des Kriterienkataloges für eine solche Sondergenehmigung sei nach dieser Besprechung sichtbar gewesen, ergänzte er. „Wir erhalten in Kürze ein Ergebnis aus der Besprechung, so hat es der Staatssekretär zugesagt“, sagt der Bürgermeister zufrieden.