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KÖNIGSBERG: "Alles andere sähe aus wie eine Flucht" - Erich Stubenrauch will Bürgermeister von Königsberg bleiben

KÖNIGSBERG

"Alles andere sähe aus wie eine Flucht" - Erich Stubenrauch will Bürgermeister von Königsberg bleiben

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    Der Chef im Rathaus ist nicht mehr Herr über das Stadtsäckel. Weil Königsberg pleite ist, hat die kommunale Rechtsaufsicht am Landratsamt im September die Haushaltsführung der Stadt übernommen. Bürgermeister Erich Stubenrauchs Herausforderung ist es seitdem, jeden Cent zu sparen, damit diese in der Bayerischen Gemeindeordnung verankerte „vorläufige Haushaltsführung“ 2014 ein Ende hat.

    „Der Spaßfaktor ist momentan gering“, sagt Stubenrauch über seinen Job. Trotzdem wird sich der Freie Wähler im Frühjahr wieder zur Wahl stellen, „alles andere sähe aus wie eine Flucht“. Noch in dieser Amtsperiode möchte der Bürgermeister mit seinem Stadtrat „ein Konsolidierungskonzept erstellen“ und dann die Schere ansetzen, wo immer es erträglich ist.

    Dabei ist es nicht so, dass es seit dem Investitionsstopp im September nicht schon Einschnitte gegeben hätte. Besonders bitter war, dass die Stadt ihr Leuchtturmprojekt, das Astronomiemuseum „Regiomontanum“, auf Eis legen musste, weil sie trotz sprudelnder Förderquellen nicht einmal ihren Eigenanteil von rund 30 000 Euro beisteuern kann. In Kottenbrunn und Altershausen wurden Maßnahmen zur Dorferneuerung ausgesetzt. Doch all das reicht nicht, „wir müssen unsere gesamte Infrastruktur verschlanken“, sagte Erich Stubenrauch am Donnerstag. Da wollte die Heimatzeitung von ihm wissen, wie er seine Stadt in eine rosigere Zukunft steuern will.

    Doch das Stadtoberhaupt erklärte zunächst, wie Königsberg in die prekäre Lage geraten ist. Es seien die seit Jahren sinkenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die die Stadt praktisch in die Insolvenz getrieben haben. Im Jahr 2007 flossen noch drei Millionen Euro in den städtischen Haushalt, im laufenden Rechnungsjahr waren es nur noch 900 000 Euro. Das dahinterstehende Problem hat einen Namen: „Monostruktur“ sagt Stubenrauch, Königsberg hängt am Tropf der Fränkischen Rohrwerke, die zu rund 60 Prozent zum Gewerbesteueraufkommen beitragen. Mittlerweile hat der Wellrohrsteller zehn Auslandswerke und „dank der unternehmerfreundlichen Gesetzgebung von Kanzler Schröder ganz andere steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten“, drückt es der Rathauschef aus. Zu deutsch: Dem Global Player scheint es wirtschaftlich gut zu gehen, aber die den Firmensitz beherbergende Kommune profitiert davon bei weitem nicht mehr so, wie es früher war. „Und daran wird sich nichts mehr ändern“, ist sich der Bürgermeister sicher.

    Um mehr Gewerbesteuer einzutreiben, gäbe es zwei Möglichkeiten. Königsberg siedelt weitere Betriebe an. „Aber das ist aussichtslos, wir sind umzingelt vom Naturpark“, weiß Stubenrauch. Und Variante 2 sieht der 56-Jährige allenfalls als letztes Mittel: Den Hebesatz (gegenwärtig bei 350 Prozent) für die Steuer zu erhöhen. Das würde manch kleinen Betrieb arg beuteln – und die Großen würden wohl ihre eigene Antwort auf die Mehrbelastung finden, orakelt der Bürgermeister.

    350 Prozent betragen auch die Königsberger Hebesätze für die Grundsteuer A und B, die in der jüngeren Vergangenheit recht konstant um die 70 000 Euro respektive 360 000 bis 370 000 Euro jährlich in die Stadtkasse spülten. Die Stellschraube arg nach oben drehen, scheut sich der Bürgermeister, er würde sonst vielen einfachen Häuslebesitzern wehtun. Auch die verschiedenen Gebühren, die das Rathaus den Bürgern abverlangt, stehen auf dem Prüfstand. Nur wird dadurch die Kasse nicht voller: die Beiträge etwa für Trinkwasser oder Müllabfuhr sind so zu gestalten, dass die Wasserversorgung und Abfallwirtschaft kostendeckend arbeiten, bereichern darf sich eine Kommune daran nicht.

    Könnte Königsberg nicht mehr Kapital aus dem Tourismus schlagen? Gerade die malerische Kernstadt zieht Scharen von Besuchern an. Der Rathauschef ist skeptisch. Es gibt keinen verlässlichen Gradmesser für den Tourismus, in die Statistiken des Beherbergungsgewerbes fließen nur die Übernachtungszahlen von Betrieben mit zehn Betten und mehr, da ist Königsberg nicht erfasst. Viele Busgruppen bringen inzwischen nicht nur ihren eigenen Stadtführer mit, sondern haben auch Kaffee und Imbiss an Bord. Da sei nicht viel Geld zu holen, glaubt Stubenrauch.

    Abgesehen davon, dass sich die Stadt Königsberg schon ab nächstem Jahr Gewinne aus ihren großflächigen Fotovoltaikanlagen verspricht und in näherer Zukunft auch Nutznießer vom geplanten Windkraftgebiet WK 88 westlich Kleinmünster sein möchte (zwei Generatoren würden auf Königsberger Gemarkung stehen), ist Bürgermeister Stubenrauch bei der Einnahmenseite somit bei den Silberlöffeln angelangt: Die Regiomontanus-Stadt nennt 400 Immobilien ihr Eigen, vom alten Wiegehäuschen über die Schulen bis zu den Stadttoren. „Die Tore oder den Schlossberg werden wir natürlich nicht verkaufen“, sagt Stubenrauch, aber die Stadt wird sich nun von einigen Immobilien trennen. Kommunen dürfen Grund und Gebäude nicht verschleudern, weswegen Königsberg für die in Frage kommenden Objekte Wertgutachten in Auftrag geben muss.

    Wer sich den Sparstrumpf überzuziehen hat und die Einnahmen nicht wesentlich erhöhen kann, muss die Ausgaben zurückfahren. „Und hier steht alles auf dem Prüfstand“, kündigt Stubenrauch, der im angestammten Beruf Bauingenieur ist, an. Es beginnt mit dem Personal-Check, den die Rechnungsprüfung gerade im Rathaus durchführt, wo Stubenrauch in den letzten Jahren aber ohnehin Stellen abgebaut hat. Der Sparzwang könnte die Beförderung der Kindergartenkinder betreffen, die jährlich mit 30 000 Euro zu Buche schlägt. Die gesamte Summe ließe sich nicht einsparen, weil dann alle Buslinien neu kalkuliert und mit dem Fuhrunternehmer verhandelt werden müssten.

    „Braucht Königsberg eine Bücherei?“, denkt das Stadtoberhaupt laut nach. Über den Daumen gepeilt 10 000 Euro pumpt Königsberg jährlich in die Stadtbücherei in der Alleestraße und es täte ihm natürlich leid, wenn sich die Schulkinder hier in der Mittagspause keine Lektüre mehr holen könnten, aber irgendwo muss ja gespart werden. Die Ausgabenkürzungen werden das Volksbildungswerk betreffen, das Jahr für Jahr mit einem Zuschuss von 10 000 Euro rechnen durfte. Und auch die anderen Vereine müssen sich auf weniger Unterstützung einstellen. Ausgesetzt sind bereits Übungsleiterzuschüsse für Sportclubs, künftig will sich Stubenrauch auch nicht mehr in dem Maße am Unterhalt des Geländes des TV Königsberg beteiligen wie bisher. Noch hat jeder der zehn Ortsteile seine eigene Feuerwehr, aber auch das wird über kurz oder lang zur Disposition stehen. Schon in der letzten Stadtratssitzung diskutierten die Räte darüber, ob sie das Begrüßungsgeld für Neugeborene in Höhe von 300 Euro streichen sollen; eine Entscheidung darüber fiel noch nicht. In den kommenden Sitzungen wird man auch die Vor- und Nachteile der Zugehörigkeit zum Deutschen Burgenwinkel abwägen, dessen Mitgliedschaft die Stadt bis dato 39 000 Euro kostete.

    Noch sind wenige konkrete Sparbeschlüsse gefasst, Erich Stubenrauch weiß, dass jetzt erst einmal in den Köpfen der Verantwortlichen die Erkenntnis reifen muss, dass mancher Luxus der Vergangenheit angehört. Weil er es dem neuen Stadtrat nicht zumuten will, gleich überall den Rotstift anzusetzen, arbeitet er darauf hin, die entscheidenden Schritte vor der Kommunalwahl in die Wege zu leiten. „Und ich sehe schon Möglichkeiten, uns zu verschlanken und damit wieder mehr Spielraum zu gewinnen.“

    Überhaupt hält es der Bürgermeister für unverhältnismäßig, dass ihm und seinen Räten die Hoheit über den Haushalt entzogen wurde. Bei einem Verwaltungshaushalt von rund sechs Millionen Euro und 1,7 Millionen Euro im Vermögenshaushalt war es am Ende ein Fehlbetrag von 192 000 Euro, der zum Schiffbruch führte: Für Stubenrauch eine viel zu kleine Summe, um mit einem Wachhund bestraft zu werden. Aber am Artikel 69 der Gemeindeordnung „Vorläufige Haushaltsführung“ kommt auch er nicht vorbei.

    Das kann sich frühestens im März oder April 2014 ändern, wenn die Stadt einen neuen Haushalt aufgestellt hat, den die Rechnungsprüfung für solide empfindet. Selbst dann wird Königsberg über Jahre hinaus eisern sparen müssen. „2019 wird interessant“, blickt Erich Stubenrauch nach vorne. In diesem Jahr laufen der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II aus, und da hofft er zweierlei: Dass sich das positiv auf die Kommunen auswirkt – und dass er auch dann noch Bürgermeister von Königsberg sein wird.

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