Kann das funktionieren? Kann ein Bürgermeister seine Bürger online zusammentrommeln, statt mit ihnen, wie sonst üblich, im Sportheim, im Bürgersaal oder in der beliebtesten Gastwirtschaft im Ort über die Lokalpolitik zu diskutieren? So wirklich wissen tut das Peter Kraus (CSU), das Gemeindeoberhaupt von Gädheim, nicht, aber er versucht es: Am Dienstag ab 19 Uhr mit den Gädheimern, am Freitag zur gleichen Uhrzeit mit den Ottendorfern.
Einerseits nämlich möchte Kraus mit einer Präsenzveranstaltung jetzt während der zweiten Welle der Corona-Pandemie kein Risiko für die Gesundheit seiner Bürger eingehen; andererseits will er ihnen gerade jetzt, wo sich viele Menschen infolge der ihnen auferlegten Kontaktbeschränkungen ohnehin etwas einsam fühlen, nicht auch noch das Miteinander der Bürgerversammlungen nehmen.
"Das ist für mich natürlich auch absolutes Neuland."
Peter Kraus, Bürgermeister von Gädheim
"Das ist für mich natürlich auch absolutes Neuland", verriet der seit 2014 im Amt befindliche Kraus dieser Redaktion am Donnerstag. Wie gut die Resonanz sein wird, bleibe abzuwarten, aber der Rathauschef ist durchaus optimistisch. Zum einen nämlich hat er die Hoffnung, dass das neue Format Leute anzieht, die normalerweise nicht so schnell an einer Bürgerversammlung teilnehmen würden - die Jüngeren vor allem. Zum anderen befürchtet er nicht, dass gerade die älteren Generationen, die in der Regel die Mehrheit bei den Dorftreffen stellen, bei dem digitalen Event außen vor sind, weil sie mit der Computerwelt nicht zurecht kommen.

Ältere Bürger sind online nicht abgehängt
"Die Erfahrungen der letzten Monate zeigen, dass sich gerade die älteren Bürgerinnen und Bürger intensiv mit der modernen Technik in Form von Smartphones oder Tablets beschäftigen." Daher sehe er sehr wenige Fälle, die aufgrund der Online-Situation nicht dabei sein könnten. Aber hier verweist der Lokalpolitiker auch auf die umgekehrte Situation: Das Gädheimer Sportheim, der einzige Ort, der sich dank seiner Raumgröße für die Zusammenkunft unter Corona-Bedingungen eigne, sei nicht barrierefrei: "Hier konnten wir also auch nicht garantieren, dass jeder Bürger wirklich teilnehmen kann"; zudem gehörten die Betagteren ja zu den Risikogruppen in der Pandemie.
Genutzt wird die Plattform Zoom
Stattfinden wird die Bürgerversammlung über die Online-Plattform Zoom, "da hier sowohl die Qualität als auch die Übersichtlichkeit für die Benutzer gegeben sind", wie Kraus findet. Die Teilnehmer gelangen des Bürgermeisters Worten zufolge über einen einfachen Link zum Online-Portal und müssen hier nur noch ihren Namen angeben und den Zugriff auf Kamera und Mikrofon definieren. Einen technischen Support für jene, die mit Internet oder Zoom nicht zurechtkommen, könne die Gemeinde "wegen der kurzen Entscheidungsfrist" kaum leisten; möglicherweise sei der Bürgerdienst zur Stelle, um das eine oder andere Problem mit Smartphone, PC oder Tablet zu lösen.
Chatfunktion ermöglicht Bürgerbeiträge
Und wie in einer Wirtschaft oder in einem Siedlerheim ist auch die "Community" bei den großen Online-Treffen am Dienstag und Freitag nicht allein zum Zuhören oder Zusehen verdonnert: "Grundsätzlich kann sich jeder Teilnehmer zu Wort melden. Es gibt die Möglichkeit einer Chatfunktion", verspricht Peter Kraus. Wer während seiner Präsentation eine Frage habe, könne sie sogleich stellen oder im Anschluss durch digitales Handheben signalisieren, dass er einen Beitrag beisteuern will. Offen ist die Versammlung übrigens für alle Gemeindebürger, also auch für Teilnehmer aus Greßhausen.
Smart Gädheim: Zukünftig Präsenz-Versammlung und online?
"Ich bin jedenfalls sehr gespannt", blickt der Bürgermeister auf Dienstag und Freitag. Und denkt auch gleich weiter: Falls alles gut klappt, will er sich überlegen, ob die Gemeinde Gädheim nach der Pandemie parallel zur Präsenz-Bürgerversammlung auch die Online-Variante anbietet.