Als Landrat Wilhelm Schneider am Montagnachmittag zur aktuellen Corona-Lage vor dem Kreistag Stellung nimmt, pendeln die Zahlen der Sieben-Tage-Inzidenz etwa bei 75. Aber "die Zahlen steigen gewaltig", so der Landrat. "Wir haben die Kriterien für die rote Ampel überschritten - und wir bewegen uns in Richtung dunkelrot", sagt Wilhelm Schneider. Er soll Recht behalten, denn schon am Dienstagnachmittag, als die neue Zahlen vorliegen, wird deutlich, dass der Landrat Recht hat. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist mittlerweile auf 90,6 geklettert, bis dunkelrot fehlen nicht mal mehr zehn Punkte.
"Es könnte kritisch werden."
Wilhelm Schneider, Landrat
"Es könnte kritisch werden", benötigt der Landrat keine Kristallkugel, um in die nähere Zukunft zu blicken. "Aber wir müssen handlungsfähig bleiben, um zentral reagieren zu können." Es klingt beinahe beschwörend. Das Ermitteln der Kontaktpersonen, laut Schneider unabdingbar, erfordere gewaltige "Raum- und Personalressourcen". "Wir haben unsere Auszubildenden verstärkt eingesetzt. Die Regierung hat uns das Placet gegeben, dass wir vier weitere Mitarbeiter für das Contact Tracing Team (CTT) einstellen können. Wir haben die Bundeswehr angefordert und alles Erforderliche getan, um noch Herr der Lage sein zu können."
Neun von hundert fehlen
Eine Kontaktverfolgung läuft wie folgt ab: Ist eine Infektion mit dem Coronavirus durch einen Test nachgewiesen, erfragen die CTTs systematisch alle direkten Kontakte des Betroffenen der vergangenen Tage zurück bis zu dem Tag, an dem die ersten Symptome aufgetreten sind, und noch zwei Tage weiter zurück. Denn schon vor dem Ausbruch der Erkrankung könnten die Betroffenen das Virus weiterverbreitet haben. Dabei kommen die Gesundheitsämter bei Befragungen oft auf 40 bis 100 Kontaktpersonen pro Infiziertem. Das Gesundheitsamt informiert die ermittelten Kontaktpersonen und stellt sie unter häusliche Quarantäne. Bei der Kontaktnachverfolgung, so Wilhelm Schneider, fehlten derzeit pro hundert ermittelten Kontaktpersonen etwa neun Adressaten, die sich infiziert haben könnten. Die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und zugewiesene Kräfte tätigten derzeit etwa hundert Anrufe täglich zur Kontaktverfolgung. Derzeit seien hier 23 IfSG-Mitarbeiter (Infektionsschutzgesetz), 12 aus dem Gesundheitsamt und 16 Angehörige der Bundeswehr, insgesamt also zwischen 45 und 50 Personen, im Einsatz.
„Diffuses“ Infektionsgeschehen
Dem Gesundheitsamt Haßberge wurden seit der Meldung vom Montag 11 weitere auf das Coronavirus positiv getestete Personen gemeldet (Stand: 27. Oktober, 15.25 Uhr), teilt die Behörde mit. Damit erhöhe sich die Gesamtzahl der bisher bestätigten Fälle auf 362. Inzwischen seien 251 Bürger wieder genesen. Demnach sind laut Gesundheitsamt aktuell 105 Personen im Landkreis mit dem Virus infiziert. Aktuell werde niemand stationär im Krankenhaus behandelt, die Verläufe seien eher mild. Sechs Menschen sind im Zusammenhang mit der Infektion seit deren Ausbruch verstorben. In häuslicher Isolation befinden sich 716 Personen, wie die Behörde mitteilt, etwa 7275 seien inzwischen wieder aus ihrer häuslichen Isolation entlassen. Wie das Gesundheitsamt Haßberge schreibt, handelt es sich um ein „diffuses“ Infektionsgeschehen, das nicht auf einzelne, wenige Infektionsherde zurückzuführen sei. Es gelten weiterhin die Regeln der Corona-Ampelstufe „Rot“ der Bayerischen Staatsregierung, so das Amt.
"Eines haben wir eindeutig festgestellt: Die meisten Infektionen kommen aus dem persönlichen Bereich."
Wilhelm Schneider, Landrat
Am Ende seiner "Regierungserklärung" zur Corona-Pandemie im Landkreis appellierte Landrat Wilhelm Schneider an die gesamte Bevölkerung: "Helfen Sie bitte mit, sich und andere möglichst zu schützen und die aktuelle Entwicklung zu bremsen. Halten Sie Abstand, befolgen Sie die Hygieneregeln und tragen Sie eine Alltagsmaske. Es ist ganz wesentlich, dass sich jeder von uns so verhält, wie es vorgegeben ist. Das heißt: die persönlichen Kontakte möglichst einschränken soweit es geht. Denn eines haben wir eindeutig festgestellt: Die meisten Infektionen kommen aus dem persönlichen Bereich. Es ist eine große Aufgabe, die wir uns stellen, aber wir müssen sehen, dass wir das Heft des Handelns in unseren Händen behalten."
Aktuell gelten für den Landkreis folgende Maßnahmen (Stufe Rot):1. An privaten Feiern (wie insbesondere Hochzeits- oder Geburtstagsfeiern oder ähnlichen Feierlichkeiten) dürfen unabhängig vom Ort der Veranstaltung maximal die Angehörigen von zwei Hausständen oder höchstens fünf Personen teilnehmen. Diese Begrenzung gilt auch für den gemeinsamen Aufenthalt im öffentlichen Raum, in privat genutzten Räumen, auf privat genutzten Grundstücken und auch in der Gastronomie.2. In der Gastronomie ist die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle von 22 Uhr bis 6 Uhr untersagt. Von 22 Uhr bis 6 Uhr darf an Tankstellen und durch sonstige Verkaufsstellen und Lieferdienste kein Alkohol verkauft werden.3. Überall dort, wo Menschen enger/länger zusammenkommen, gilt Maskenpflicht, das heißt im Einzelnen:- auf Begegnungs- und Verkehrsflächen einschließlich der Fahrstühle in allen öffentlichen und öffentlich zugänglichen Gebäuden sowie in Freizeiteinrichtungen (wie Freizeitparks) und Kulturstätten (wie Museen und Ausstellungen)- auch am Platz in Schulen aller Jahrgangsstufen, also auch in der Grundschule, und in Hochschulen- auch am Platz bei Tagungen und Kongressen sowie in Theatern, Konzerthäusern, sonstigen Bühnen und Kinos und für die Zuschauer bei sportlichen Veranstaltungen- auf den Begegnungs- und Verkehrsflächen der Arbeitsstätte, insbesondere in Fahrstühlen, Fluren, Kantinen und Eingängen. Gleiches gilt für den Arbeitsplatz, soweit der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht zuverlässig eingehalten werden kann. Andere Sonderregelungen in der 7. BaylfSMV zum Verhalten am Arbeitsplatz gehen vor. Die Maskenpflicht gilt im Übrigen aus selbstverständlichen Gründen nicht in den Kantinen am Platz während der Einnahme von Speisen und Getränken.Die Regeln gelten bis zum Ablauf des Tages, an dem der Landkreis Haßberge letztmals in der Bayerischen Corona-Ampel unter den Städten und Landkreisen mit „7-Tage-Inzidenz über 50“ (rot) bzw. „7-Tages-Inzidenz über 100“ aufgeführt ist. Bei erneuter Aufführung des Landkreises Haßberge würden die Regeln nach demselben Muster automatisch wieder in Kraft treten und gelten.Quelle: Landratsamt Haßberge