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Hofheim: Unterfränkin in Schweden: "Die jungen Leute lässt die Pandemie scheinbar kalt"

Hofheim

Unterfränkin in Schweden: "Die jungen Leute lässt die Pandemie scheinbar kalt"

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    Katharina Haus aus Hofheim ist seit drei Jahren Krankenschwester in Stockholm. Dass sie während der Arbeit zeitweise eine Atemschutzmaske trägt, hinterlässt Spuren.
    Katharina Haus aus Hofheim ist seit drei Jahren Krankenschwester in Stockholm. Dass sie während der Arbeit zeitweise eine Atemschutzmaske trägt, hinterlässt Spuren. Foto: Katharina Hau

    Die Hofheimerin Katharina Hau lebt seit fast drei Jahren in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Als Krankenschwester erlebt sie die Corona-Lage in Schweden hautnah mit. Im Gespräch mit dieser Redaktion spricht Katharina Hau über ihre Eindrücke in der skandinavischen Metropole während der vergangenen Monate. Was sie vom "schwedischen Weg hält" und was Deutschland und Schweden voneinander lernen können.

    Frage:  Wie nehmen Sie die Corona-Lage in Schweden wahr?

    Katharina Hau: Die Coronalage in Schweden ist sehr zweigeteilt. In der Stadt, beim Einkaufen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln wird seltenst Abstand gehalten. Es gibt vereinzelte Personen mit Mundschutz. Die Leute, die auf Abstand achten, sind meist eher ältere Personen. Man hört auch öfter, dass die Leute denken Corona sei nicht schlimm oder es schon längst wieder vorbei wäre und es den Virus nicht mehr geben würde. In Krankenhäusern ist die Lage genau umgekehrt. Leute, die in die Notaufnahme kommen, verheimlichen ihre Corona-Symptome zum Teil und wollen auf gar keinen Fall als Covid-19 Patient behandelt werden, aus Angst mit anderen positiven Menschen vermischt zu werden und sich zu infizieren. Ein Teil der Patienten möchte auch von uns Schutzkleidung (Handschuhe und Mundschutz) bekommen, damit sie sich nicht bei uns infizieren. Sobald die Leute ins Krankenhaus kommen, haben sie oft große Panik vor dem Virus.

    Wie zufrieden sind Sie, wie die schwedischen Behörden mit der Pandemie umgehen?

    Hau: Also einerseits ist es natürlich schön, dass wir weiterhin nahezu alles machen können, was wir wollen und viele Freiheiten haben. Andererseits fragt man sich zu welchem Preis. Bei der ersten Welle im Frühjahr sind wir in der Notaufnahme von Patienten überrannt worden. Rettungswagen waren vor der Notaufnahme die Straße entlang Schlange gestanden. Wir wussten nicht wohin mit so vielen Menschen. Wenn ich meine Kollegen in Deutschland höre, war es dort nicht so. Hier wurde das Krankenhauspersonal regelrecht verschlissen. Im Moment kommen wir wieder an ähnlich hohe Zahlen. Zum Glück jedoch (noch) nicht ganz so schlimm,wie im Frühjahr.

    Wie verantwortungsvoll sind die Schweden selbst?

    Hau: Vor allem die jungen Leute lässt die Pandemie scheinbar kalt. Es wird nur selten Abstand gehalten, die Leute gehen weiterhin feiern und es gibt auch viele Leute die offensichtlich Erkältungssymptome haben (zum Beispiel viel Husten) und trotzdem im Bus oder beispielsweise Supermarkt sind. Auch auf der Arbeit müssen wir jedes Mal an den Abstand erinnern und darauf hinweisen, dass die Patienten bitte in ihre Armbeuge und nicht in unser Gesicht husten sollen.

    Welche Unterschiede können Sie im Gegensatz zu Deutschland erkennen?

    Hau: Für mich wirkt es so, als würde man die Lage in Deutschland deutlich ernster nehmen. Hier verlässt man sich auf die Vernunft der Bevölkerung und hofft, dass es dadurch klappt. Wer sich nicht daran hält, der hält sich eben nicht daran. In Deutschland greift man durch und hat feste Regeln die für alle gelten und bei nicht befolgen gibt es eben eine Strafe.

    Was finden Sie besser? Die Corona-Politik in Deutschland oder den "schwedischen Weg"?

    Hau: Ich finde es schade, dass man das Gefühl hat, dass auf die Krankenhäuser keine Rücksicht genommen wird. Die zweite Welle, die auch bei uns im Moment grassiert, stellt eine hohe Belastung für alle Mitarbeiter im Krankenhaus dar. Zudem ergeben sich aus der hohen Belastung der Ärzte und Pflegekräfte natürlich auch Nachteile für die Patienten. Wir haben eine höhere Arbeitsbelastung und weniger Personal durch viele Krankheitslücken. Jedoch ist es für viele Kleinunternehmen und die Wirtschaft hier besser. Ich bin der Meinung weder/noch ist optimal, ein Mittelweg wäre wünschenswert.

    Katharina Haus aus Hofheim ist seit drei Jahren Krankenschwester in Stockholm. Zweitweise arbeitet die junge Frau mit Atemschutzmaske.
    Katharina Haus aus Hofheim ist seit drei Jahren Krankenschwester in Stockholm. Zweitweise arbeitet die junge Frau mit Atemschutzmaske. Foto: Katharina Hau

    Können Sie die Kritik am "schwedischen Weg" verstehen?

    Hau: Ja kann ich, da ich die negativen Aspekte am eigenen Leib erfahren darf.

    Die Infektionszahlen steigen wieder in fast allen Ländern. In Deutschland steigen auch die Todeszahlen deutlich und es sind mehr Erkrankte im Krankenhaus. Auch in Schweden gibt es eine neue Welle von Infektionen. Die Todesfälle steigen dort aber so gut wie gar nicht. (Quelle: Google Statistik "Corona Schweden")

    Wie erklären Sie sich das?

    Hau: Ich glaube es liegt daran, dass hier schon so viele Menschen gleich im Frühjahr Kontakt mit dem Virus hatten. Im Frühjahr waren es nicht nur Risikogruppen und ältere Menschen die aufgrund von Corona auf stationäre Pflege angewiesen waren, sondern auch junge, gesunde Menschen in den Zwanzigern. Jetzt haben wir zwar wieder eine deutlich höhere Belastung, jedoch sind es nicht nur noch Leute wegen Corona, sondern auch einfach nur mit Corona. Viele bekommen den Virus zwar wieder, aber nicht genauso schlimm wie am Anfang. Ich vermute, dass sich unser Immunsystem auf die neue Belastung einstellt.

    Was können die Länder vielleicht voneinander lernen?

    Hau: Schwierige Frage. Vielleicht, dass beide Extreme nicht unbedingt der richtige Weg sind. In Deutschland geht es den Unternehmen schlecht und in Schweden dem medizinischen Personal. Schweden könnte mehr auf die Einhaltung von Hygieneregeln und Abstand, eine striktere Begrenzung der Gäste in Restaurants und so weiter achten. Eventuell wäre auch hier eine Maskenpflicht für öffentliche Verkehrsmittel und Geschäfte besser. Im Gegenzug könnte Deutschland vielleicht nicht alles von 100 auf 0 runterfahren (siehe erster Lockdown), sondern einfach alles in reduziertem Maße. . Zudem fände ich eine Aufklärung in beiden Ländern wichtig: über das richtige Tragen von Mundschutz, dass Einweghandschuhe mehr Schaden bringen als Nutzen oder man sich einfach nicht ins  Gesicht fassen sollte, wenn man unterwegs ist. Ein Mundschutz der nur den Mund bedeckt, Leute die sich mit ihren Handschuhen ins Gesicht fassen oder am Handy spielen, dass sie sich danach wieder ins Gesicht halten, sieht man immer noch sehr häufig in beiden Ländern und das finde erschreckend.

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