„Die derzeitige Lage in der Landwirtschaft ist schwierig und frustrierend. Die Betriebe stehen mit dem Rücken an der Wand, besonders die Schweinehalter. Wenn man die politischen Entscheidungen nicht mehr nachvollziehen kann, wird der Boden bereitet, das Extreme gestärkt werden. Ich hoffe, dass die Entscheidungsträger dies noch erkennen.“ Mit dieser Deutlichkeit zeigte BBV-Kreisobmann Klaus Merkel beim „Behördentreff des Bayerischen Bauernverbands“ Probleme der Landwirtschaft auf und bezeichnete das gegenseitige Verständnis unter der Landwirtschaft und den Behörden von hoher Wichtigkeit.
Merkel verwies darauf, dass die Landwirtschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit und Produktionsabläufe ständig Berührungspunkte mit Baugesetzbuch, Veterinärrecht, Naturschutz, Wassergesetzen oder der Straßenverkehrsordnung habe und auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen sei.
Der Bayerische Bauernverband (BBV) verstehe sich auch als Vertreter der konventionellen und der biologischen Landwirtschaft. Beide Bewirtschaftungsformen dienten der Ernährungssicherheit und der Pflege der Kulturlandschaft. Deswegen wolle man sich auf keinen Fall durch eine verschiedenartige Bewirtschaftung auseinander dividieren lassen, und Bio und konventioneller Anbau sollten in einem vernünftigen Miteinander geschehen.
"Es wurde aber mehr Angebot geschaffen, als der Markt aufnehmen kann."
Klaus Merkel,BBV-Kreisobmann
Allerdings seien derzeit die Preise beim Getreide derart im Keller, so dass derzeit ein Umsteigen tunlichst unterlassen werden sollte. „Manches war gut gedacht, aber nicht gut gemacht, denn der Markt kann nur soviel aufnehmen, wie auch abgenommen wird. Es wurde aber mehr Angebot geschaffen, als der Markt aufnehmen kann.“
Ähnlich sah es auch Kreisbäuerin Cäcilie Werner, „die Situation in der Landwirtschaft ist dramatisch. Wir Frauen machen Aufklärung mit Kochkursen und vielen anderen Angeboten, damit wir überzeugen. Aber ich sehe bei den Lebensmitteln mit den niedrigen Preisen und großen Konzernen für regionale Produkte schwarz.“
Klaus Merkel nahm auch zu den Schlepperdemonstrationen Stellung und bewunderte alle Landwirte, die mit ihrem Schlepper bis nach Berlin gefahren seien. Er habe das Gefühl, dass die Botschaft zumindest in München von Ministerpräsident Markus Söder und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber gehört worden sei, wenn auch eine Umkehr noch nicht ersichtlich sei.
"Manche Messstellen sind auch nicht sonderlich gut, und die Wasserwirtschaft muss hier nachbessern."
Leonhard Rosenritt vom WWA Bad Kissingen im Bezug auf die Nitrat-Messstellen
Als ärgerliches Thema sprach er dann die Messstellen an. Hier könne man nur den Kopf schütteln und manche Vorgehensweise sei ein „kompletter Unsinn“. Die jetzige Regelung reiche und mit Sicherheit könne man damit das Ziel eines Messwertes unter 50 mg/N erreichen. Viele Messstellen lägen auch nicht im Einflussbereich von Landwirten.

Leitender Baudirektor Leonhard Rosenritt vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Bad Kissingen gab in diesem Zusammenhang zu, dass die Messstellen eigentlich für ganz andere Zwecke gedacht waren und man bei der Diskussion auch die Bemühungen der Landwirt zur Reduzierung von Nitratwerten vergesse.
Die jetzige Düngeverordnung treffe die Landwirtschaft wirklich. „Manche Messstellen sind auch nicht sonderlich gut, und die Wasserwirtschaft muss hier nachbessern. So sind wir dabei neue Stellen zu bohren und machen neue Vorschläge für die Binnendifferenzierung. Allerdings werden wir dabei nicht alle roten Gebiete herausbekommen.“
Bei den Gewässerstreifen sei das WWA Bad Kissingen eines der Pilotämter, in denen die Kulisse in den nächsten fünf bis sechs Monaten überprüft werden soll. Derzeit müssten die Landwirte aber das Gesetz und den Fünf-Meter-Uferstreifen beachten.
"Die Bauern-Milliarde wird nicht ausreichen."
Klaus Merkel,BBV-Kreisobmann
BBV-Kreisobmann Merkel hielt es auch für notwendig, sich mehr Zeit für eine Düngeverordnung zu lassen. „Wir haben doch sinkende Werte, außer ein paar Einzelnen. Diese könnte man genauer anschauen. Aber flächendeckend restringente Vorgaben zu machen ist schmerzhaft.“
Er befürchtete, dass man wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müsse. Wenn dies nicht verhindert werde, würden die Betriebe weiterhin deutlich abnehmen. Selbst im grünen Bereich wäre die Entwicklung so heftig, dass eine langfristige Bewirtschaftung nicht mehr möglich sei. „Wir brauchen ja dann 1 000 Hektar, um überleben zu können. Die Bauern-Milliarde wird nicht ausreichen, um das abzufedern.“
Auch über die Zulassung oder Streichung bestehender Pflanzenschutzmittel werde derzeit diskutiert, weil manche Mittel hormonell wirksam sein könnten. „In der Humanmedizin gibt es jedoch Stoffe, die viel mehr Probleme bereiten. Dazu gehört auch der Wirkstoff der Pille, die weit vor den Pflanzenschutzmitteln steht. In der Öffentlichkeit wird jedoch ein ganz anderer Eindruck erweckt.“
„Vielmehr brauchen wir eine qualifizierte und akzeptierte Landwirtschaft.“
Herbert Lang, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Herbert Lang, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, sah es als Wunsch an, „aus dieser Nummer herauszukommen, dass Landwirtschaft und Nitrat ein schlüssiger Kreislauf sind. Seit zehn Jahren wird viel unternommen, um den Dünger der Pflanze ins Maul zu bringen.“ Er forderte eine sachliche, faire und verständnisvolle Diskussion untereinander und dass die Fakten von allen Seiten beleuchtet würden. Er warnte davor, dass man glaube, alles nur über Kontrollen besser in den Griff zu bekommen. „Vielmehr brauchen wir eine qualifizierte und akzeptierte Landwirtschaft.“
Auch die Ziele von „Tierwohl“ könne man nicht von heute auf morgen umsetzen. So verwies er darauf, dass man 1978 im Landkreis noch 4000 Betriebe hatte, die auf 1200 zurückgegangen seien. Von diesen bewirtschafteten wiederum 300 Betriebe mehr als die Hälfte des Landkreises. Hinsichtlich der Tierhaltung gab er zu bedenken, „dass in den letzten 30 bis 40 Jahren sieben von zehn Tieren weg sind und damit die Tierhaltung um 70 Prozent abgebaut wurde. Aber das interessiert anscheinend niemand“.

Ebenso werde der Klimaschutz falsch dargestellt, denn in der Landwirtschaft könne man eine positive Klimabilanz vorweisen. Demgegenüber habe sich die Anzahl der Autos seit 1978 wohl verdoppelt und da könne man doch nicht mit einem fairen Umgang mit der Landwirtschaft sprechen. „Wer nicht verstanden wird, kann auch nicht auf Verständnis hoffen“, betonte Herbert Lang und bezeichnete die Landwirtschaft ein Spiegelbild der Gesellschaft. Deswegen beziehe man auch mehr die Schüler mit ein.
Man müsse nämlich die Leute mitnehmen „und die Landwirtschaft hat zu 100 Prozent Zukunft. Wir lassen uns nicht unterkriegen, denn was wir tun, ist die Ernährung der Bevölkerung – und das macht uns stolz. Einziges Risiko ist dabei, dass der faire Umgang miteinander fehlt.“
Landrat Wilhelm Schneider sagte: „Ich weiß, dass es bei den Schweinehaltern brennt, und weiß auch wo den Landwirten der Schuh drückt. So hoffe ich, dass bei der Düngeverordnung noch eine Nachbesserung kommt und wir von der Schweinepest nicht betroffen werden.“
Auch vom Amt mache man sich bei den Landwirten und Bauern nicht immer beliebt, biete aber immer wieder in strittigen Fällen Gespräche an. Es sei zu wünschen, dass die Demonstrationen Früchte tragen, denn die Probleme in der Landwirtschaft können nur durch die demokratischen Parteien gelöst werden.