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KREIS HASSBERGE: Elektroautos: Neue Herausforderung für Lebensretter

KREIS HASSBERGE

Elektroautos: Neue Herausforderung für Lebensretter

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    Der Blick unter die Motorhaube eines Renault Zoe zeigt: Bei einem Elektroauto ist einiges anders als bei den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Auch Feuerwehrleute müssen hier einiges dazulernen.
    Der Blick unter die Motorhaube eines Renault Zoe zeigt: Bei einem Elektroauto ist einiges anders als bei den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Auch Feuerwehrleute müssen hier einiges dazulernen. Foto: Foto: Peter Schmieder

    Im Kampf gegen den Klimawandel spielen Elektroautos eine wichtige Rolle. Allerdings bringen sie auch neue Herausforderungen mit sich. Dazu gehört nicht nur der Aufbau einer neuen Infrastruktur von Stromtankstellen, sondern auch das richtige Verhalten nach einem Unfall. Denn die hohe Spannung, die die Batterie in solchen Fahrzeugen erzeugt, stellt auch eine Gefahr für Rettungskräfte dar.

    „Einfach mit Wasser löschen ist nicht drin“, sagt Karlheinz Vollert, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Hofheim. Wenn die Lebensretter die Hochvolt-Kabel und Batterien an der falschen Stelle berühren, kann durchaus Lebensgefahr bestehen. Dafür gibt es bei Elektrofahrzeugen bestimmte Stellen, an denen die Leitungen durchtrennt werden sollten, bevor weitere Arbeitsschritte folgen. „Das wird auch für uns spannend werden, weil das bei jedem Auto wo anders ist“, bringt der Feuerwehrkommandant eine Sorge zum Ausdruck.

    E-Autos als Anschauungsobjekte

    Ein weiteres Problem sieht Vollert im Bezug auf Batteriesäure. „Bisher war das zu vernachlässigen“, meint er. Zwar benötigen auch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor eine Autobatterie, die musste aber nicht annähernd so viel leisten wie die Akkus der elektrisch angetriebenen Autos.

    Noch hatte die Hofheimer Feuerwehr keinen Fall, in dem ein Elektroauto in einen Unfall verwickelt war. Ihre Haßfurter Kameraden hingegen mussten am 22. Dezember erstmals bei einem Unfall auf der Aldi-Kreuzung einen Renault Zoe stromfrei legen, bevor sie weitere Maßnahmen ergreifen konnten.

    Vorbereitet auf den Ernstfall hatten sich die Haßfurter Floriansjünger schon. „Wir hatten schon mal eine Fachfirma da“, berichtet Haßfurts Feuerwehrkommandant Martin Volpert. Auch die E-Autos des Stadtwerks hatten sie schon als Anschauungsobjekte bei sich.

    Wie sein Hofheimer Kollege sieht auch Martin Volpert es als Problem, dass bei den verschiedenen Herstellern von Elektroautos vieles nicht vereinheitlicht ist. Beispielsweise seien die Soll-Schnittstellen, mit denen sich der Strom im Fahrzeug schnell abschalten lässt, bei verschiedenen Fahrzeugtypen an verschiedenen Stellen.

    Karte hinter der Sonnenblende

    Eine große Hilfe ist den Feuerwehrleuten in einem solchen Fall die Rettungskarte. Im Bezug auf den Unfall auf der Aldi-Kreuzung kurz vor Weihnachten erzählt der Feuerwehrkommandant: „Die Fahrerin hatte die Karte ganz vorbildlich hinter der Sonnenblende.“ So fanden die am Einsatz beteiligten Retter die Karte gleich und konnten schnell erkennen, an welchen Stellen sie auf stromführende Kabel achten mussten.

    Sollte die Karte im Auto nicht so leicht zu finden sein, gibt es für die Feuerwehr noch eine weitere Möglichkeit, an die Informationen zu kommen: Bei der Leitstelle ist eine Kennzeichenabfrage möglich. Die Einsatzkräfte müssen dort nur das Kennzeichen des verunglückten Fahrzeugs angeben und erhalten dann alle Daten für den betreffenden Fahrzeugtyp per E-Mail. Martin Volpert weist darauf hin, dass dabei der Datenschutz immer gewahrt bleibt. Ein Feuerwehrmann erfährt auf diese Weise zwar, um welchen Fahrzeugtyp es sich handelt, Name oder Adresse des Halters werden ihm aber nicht angezeigt.

    Problematisch wird es vor allem, wenn die Lebensretter eine Schere oder Säge ansetzen müssen, um verunglückte Personen aus einem verformten Unfallfahrzeug zu befreien. „Die Frage ist: Wo kann ich schneiden, ohne dass dann der Feuerwehrmann unter Strom steht?“, sagt Martin Volpert. Auch hier ist das Problem die sehr unterschiedliche Bauart der Elektroautos verschiedener Hersteller.

    Startschwierigkeiten

    „Das muss sich erst einspielen“, meint der Hofheimer Kommandant Karlheinz Vollert zum Umgang der Floriansjünger mit den Hochvolt-Akkus in den neuen Fahrzeugen. „Es wird am Anfang sicher Probleme geben.“

    Ersthelfern empfiehlt er, bereits wenn sie den Notruf absetzen, im Telefonat mit der Rettungsleitstelle zu erwähnen, wenn es sich bei einem der Unfallfahrzeuge um ein Elektroauto handelt. Dann können sich die Einsatzkräfte schon auf dem Weg zur Unfallstelle darauf einstellen, was sie zu tun haben.

    Wenn ein Auto am Ende des Kennzeichens ein E stehen hat, handelt es sich um ein Fahrzeug mit Elektromotor. Umgekehrt kann allerdings auch ein Wagen ohne diese Kennzeichnung elektrisch betrieben sein; das E auf dem Nummernschild ist keine Pflicht.

    „Es kommt immer auf die Art des Unfalls an“, sagt Kreisbrandrat Ralf Dressel. Ähnlich wie Karlheinz Vollert sieht auch er vor allem ein Problem in brennenden Batterien, bei denen mehr Gefahrstoffe austreten könnten als bei den kleineren Autobatterien eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. Zur Gefahr, dass Rettungskräfte einen Stromschlag bekommen könnten, meint er: „Wir gehen ran, wie wir an eine Elektroanlage rangehen.“

    Angst vor einem Stromschlag

    Doch was bedeutet ein Unfall mit Beteiligung eines Elektroautos eigentlich für einen Ersthelfer? „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nie“, meint Martin Volpert. Rein theoretisch könne es passieren, dass durch die Deformation des Fahrzeugs bei einem Unfall die Karosserie mit stromführenden Teilen in Berührung kommt und dadurch selbst unter Strom steht. Experten schätzen diese Gefahr allerdings als extrem gering ein, zumal die Fahrzeuge für solche Fälle viele Sicherheitseinrichtungen haben – beispielsweise eine Notabschaltung, die die Stromzufuhr beendet, sobald ein Airbag auslöst.

    Rechtlich besteht eine Pflicht, einem Verunglückten zu helfen. Wer das nicht tut, macht sich wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar. Dabei ist aber kein Helfer verpflichtet, sich selbst in Gefahr zu bringen. „Das klassische Beispiel ist ein brennendes Auto“, sagt Rechtsanwalt Steffen Vogel. Hier sei es durchaus verständlich, wenn ein Ersthelfer aus Angst vor den Flammen oder gar davor, dass das Fahrzeug in die Luft fliegen könnte, dem Unfallwagen nicht zu nahe kommen will. Dass aber die Angst vor einem Stromschlag als Rechtfertigung dafür ausreicht, einen Verletzten nicht aus einem Elektroauto zu holen, bezweifelt Vogel. „Das würde ich schon als sehr gewagt ansehen.“

    Allerdings sollten sich Menschen, die an eine Unfallstelle kommen, nicht zu viele Sorgen um juristische Konsequenzen machen. „Unterlassene Hilfeleistung ist ein sehr seltener Paragraph“, erklärt Vogel. „Der Staat will halt nicht, dass einer wegschaut.“ Wichtig sei also vor allem, den Notruf zu wählen und Hilfe zu holen. „Sobald jemand das macht, was man erwarten darf, wird ihm keiner einen Strick drehen.“

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