Der „Hummelhof“ bei Trossenfurt bot mit seinem künstlerischen Ambiente und seiner Natur eine ideale Arena für die 8. Deutsche Meisterschaft im berittenen Bogenschießen, die am Wochenende im ungarischen und koreanischen Wettkampf für die „Steppenreiter“ stattfand und den interessierten Zuschauern zeigte, dass für die Bogenreiter alles Glück auf Erden auf dem Rücken von Pferden sitzt.
Nach den Europameisterschaften der berittenen Bogenschützen vor einigen Jahren fand nun mit der 8. Deutschen Meisterschaft schon das zweite große Event auf dem „Hummelhof“ mit dem ungarischen und dem koreanischen Wettkampf statt.
Für viele gilt dabei der ungarische Wettkampf als das „Sahnestück“ der Bogenreiterei und hat seinen Ursprung natürlich in Ungarn und bei den Steppenvölkern. Mongolen und Türken galten als Anhänger dieser Kampfform, bei denen sie ihre Pfeile auf Feinde abschossen und dann anscheinend geflüchtet sind. Die Gegner haben sie verfolgt und während des Wegreitens schossen die Bogenschützen noch einmal zurück, was heute im letzten „Partherschuss“ zum Ausdruck kommt. Dieses berittene Bogenschießen geriet jedoch in Vergessenheit, bis es der Ungar Lajos Kassai in den 80er Jahren wiederentdeckte und es sich seitdem als neue Sportart immer mehr verbreitet.
Bei diesem „Kassai-Wettkampf“ wird auf einer Wettkampfbahn aus verschiedenen Richtungen auf ein Ziel geschossen – nach vorne, zur Seite und nach hinten. Die Bahn ist 90 Meter lang und in der Mitte stehen, neun Meter seitlich versetzt, drei Zielscheiben, auf die in einem Zeitlimit von 16 bis 18 Sekunden die Pfeile abgeschossen werden müssen.
Eine noch junge Sportart
Die berittenen Bogenschützen sind derzeit noch eine überschaubare Zahl von Sportlern, denn sie bestehen aus offiziell 110 Mitgliedern über ganz Deutschland verteilt, von denen etwa die Hälfte aktiv reitet. „Unser Ziel ist langfristig natürlich eine Zahl von 1000. Dann werden wir auch Landesverbände gründen. So haben wir die Teilnehmer an dieser Deutschen Meisterschaft über mehrere Qualifikationsturniere ermittelt“, betont Benjamin Diepolder vom Vorstand der „Steppenreiter“. Es waren bei dieser Meisterschaft aber Vertreter aus vielen Bundesländern vertreten und sogar aus Luxemburg, wobei der Schwerpunkt der Teilnehmer aus Süd- und Ostdeutschland kam. Insgesamt waren 30 berittene Bogenschützen gemeldet, von denen dann 28 bei nicht gerade besten Wetterbedingungen am Start waren. Die Grasarena war nämlich durch die Hufe bald aufgeweicht und manche Pferde waren auch mehr eine Sandbahn gewohnt.
Einen solchen Sandparcours möchte sich in naher Zukunft auch die Familie Pfister aus Neuhof/Michelau im Steigerwald einrichten, denn der Virus des berittenen Bogenschießen hat seit einiger Zeit fast die ganze Familie befallen. „Mit dem Umgang mit Pferden sind wir auf unserem Erlebnishof im Steigerwald schon lange vertraut, aber nun kam das Bogenschießen vom Pferd noch dazu“, meinte Oliver Pfister, der eine Scheckstute reitet und das erste Mal an einer solchen Meisterschaft teilnimmt. Die zwölfjährige Tochter Johanna schießt ihre Pfeile sogar von einer Kaltblüterstute ab: „Das geht sehr gut, denn schließlich bin ich ja auch nicht so schwer.“
Johanna ist das erste Mal bei einer Deutschen Meisterschaft dabei und möchte natürlich auch einen guten Platz einnehmen. „Ich freue mich auf den Wettbewerb und hoffe auf ein gutes Abschneiden. In der Wertung kann man auch ablesen, wie man unter den Erwachsenen dastehen würde, denn es ist ja nur die Zeitvorgabe anders. Im Moment scheint noch Max als Deutscher Meister unschlagbar, aber nach ihm kommt bestimmt meine Chance“, sagt sie selbstbewusst. Schließlich hat sie sich über vier Qualifikationsturniere für diese Deutsche Meisterschaft bewähren müssen. Und genau das traf auch ein und Mama Sandra Pfister freute sich über die Ergebnisse der übrigen Familienmitglieder. „Wir waren alle sehr zufrieden, vor allem mit dem Abschneiden unserer Tochter. Schließlich waren wir das erste Mal bei einer Deutschen Meisterschaft dabei und waren schon so erfolgreich.“
Mama Sandra Pfister steht stolz daneben, auch wenn es bei ihr nicht so geklappt hat. „Aber die Turniere sind immer spannend, weil man deutschlandweit viele Gleichgesinnte und Freunde trifft. Natürlich ist mit diesem Hobby viel Fahrerei verbunden und wir fahren gerne zu Veranstaltungen, die aber nicht weiter als 200 bis 300 Kilometer entfernt sein sollten.“
Was den besonderen Spaß an diesem berittenen Bogenreiten ausmacht, bringt Oliver Pfister zum Ausdruck. „Du kannst eigentlich alles mit dem Pferd machen, brauchst dazu aber ein cooles Pferd und musst selbst auch Spaß am Bogenschießen haben.“ Dass dies bei vielen so schnell geht, erklärt Sandra Pfister: „Es werden inzwischen ja viele Kurse angeboten und dabei wird es dich gründlich gelehrt. Natürlich hast du einen großen Vorteil, wenn du schon vorher mit dem Bogen geschossen hast und nicht auch dieses noch völlig neu erlernen musst.“
Harmonie von Pferd und Reiter
Die berittenen Bogenschützen kommen dabei zum großen Teil aus der normalen Reiterei und bringen dafür auch ihre bisherigen Pferde wie Warmblüter oder Vollblüter mit. „Die Pferde müssen aber vom Charakter her cool sein und sich ausbilden lassen. Pferde vom Hochleistungssport sind dafür schwieriger einsetzbar“, gesteht Benjamin Diepolder, ebenfalls Teilnehmer an der Meisterschaft, ein. Die Harmonie von Reiter und Pferd hält er für ganz wichtig und er weiß auch, wann man den Pfeil am besten abschießt. „Am besten ist es, wenn das Pferd nicht in einem hohen, sondern in einem flachen Galopp über den Parcours geht. Wenn das Pferd dann in der Schwebephase ist und mit allen vier Beinen in der Luft, dann ist es am ruhigsten und dann ist auch der Zeitpunkt für den ,Release' (Loslassen des Pfeiles).“
Die Deutsche Meisterschaft wurde auch entschieden im Koreanischen Wettkampf, der sich vom ungarischen darin unterscheidet, dass er bei größerer Geschwindigkeit ausgeführt wird. Die Zuschauer sahen jedenfalls interessante Wettkämpfe.