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HASSBERGKREIS: Jeder orange Eimer ein Fragezeichen

HASSBERGKREIS

Jeder orange Eimer ein Fragezeichen

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    Immer wieder einmal tauchen sie auch in Ortschaften im Landkreis Haßberge auf, die orangen Eimer, auf deren Deckel ein Aufruf zu Schuh- und Kleiderspenden klebt. Wie dieser Tage zum Beispiel in Wülfingen. Und sobald die etwa kniehohen Container entdeckt werden, sorgen sie – zumindest in Teilen der Bevölkerung – für Unmut.

    Zwar dürfte es sich inzwischen herumgesprochen haben, dass die Befürchtung Unsinn ist, die Eimer könnten mit Lockstoffen versehene Tierfallen darstellen, weil angeblich manche Katze im Zuge der Sammel- und Abholaktion verschwunden ist. Untermauert wurde diese Theorie dadurch, dass die Böden der Eimer etwa faustgroße Löcher aufweisen – deren Zweck jedoch eher darin bestehen dürfte, die Behältnisse als herkömmliche Eimer unbrauchbar zu machen als Katzen durchs Nadelöhr zu locken. Schon vor Jahren hatte die Haßfurter Polizei bei der entsprechenden Nachfrage der Heimatzeitung aufgestöhnt und sich gewundert, wie hartnäckig sich dererlei Katzenfängergerüchte halten.

    Doch inzwischen ist es vor allem die mangelnde Seriosität, die viele Bürger dem Verein „Pro Humanitas – Hilfe für Mensch und Tier e. V.“ unterstellen, der hinter der großen Schuh- und Kleidersammlung „der Umwelt zuliebe“ steht. Auch diesmal wiesen Leser die Heimatzeitung auf kritische Berichterstattung über Pro Humanitas im Internet hin, kaum dass die orangen Eimer auf Kreisgebiet erschienen waren. Und tatsächlich: Fokus Online etwa berichtete im Oktober 2013, dass der Verein mit Sitz in Schwäbisch Hall in Rheinland-Pfalz keine Spenden mehr sammeln dürfe. Als Grund nannte das Nachrichtenmagazin, der Verein habe gegenüber der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier als landesweite Spendenaufsicht jegliche Auskunft über die Verwendung des gesammelten Geldes verweigert. Daher gebe es keine Gewähr für die Verwendung der Spenden zu karitativen Zwecken. Und wegen „erheblicher Zweifel an ordnungsgemäßen Sammlungen und einer zweckentsprechenden Verwendung des Sammlungsertrages“ führte im selben Jahr auch der WDR Pro Humanitas in der „Liste dubioser Sammler“.

    Ob die angeblich um Mensch- und Tierwohl besorgte Organisation seriös arbeitet oder nicht, darum scheint sich in Bayern niemand zu scheren. Zum 1. Januar sei im Freistaat das Sammlungsgesetz ersatzlos aufgehoben worden, teilte das Innenministerium auf Anfrage der Heimatzeitung mit. „Mit der Aufhebung des Sammlungsgesetzes sind die Erlaubnispflichten für Haus- und Straßensammlungen einschließlich der Werbung für Fördermitglieder sowie die nachgehenden Pflichten der Sammlungsträger zur Vorlage einer Abrechnung samt den korrespondierenden Überwachungsbefugnissen der Behörden entfallen“, antwortete stellvertretender Pressesprecher Martin Scholtysik. Eine „Spendenaufsicht“ und Überwachung der Sammlungen von Spenden sammelnder Organisationen gebe es somit in Bayern – wie in den meisten anderen Ländern – nicht mehr.

    Ob Pro Humanitas in Bayern Spenden sammelt, darüber liegen dem Ministerium wegen der Aufhebung des Sammlungsgesetzes keine Informationen vor. Allerdings weist der stellvertretende Pressesprecher darauf hin, dass schon nach dem alten Sammlungsgesetz die Sammlung von Altkleidern und Schuhen keiner sammlungsrechtlichen Erlaubnis bedurfte, wenn sie nicht in Form der Straßen- und Haussammlung – also durch direktes Ansprechen des potenziellen Spenders – erfolgt sei. Altkleidersammlungen erfolgten in der Regel durch Handzettelwerbung und das Aufstellen von Containern. „Diese Form der Sammlung unterlag schon nach der früheren Rechtslage nicht der sammlungsrechtlichen Erlaubnispflicht“, stellt das Innenministerium heraus. Für Altkleidersammlungen gebe es nach dem Kreisabfallwirtschaftsgesetz lediglich eine Anzeigepflicht, der Vorgang falle in den Geschäftsbereich des Umweltministeriums.

    Meint es „Pro Humanitas“ also gut mit den Spenden und mit Mensch und Tier? Das Urteil darüber bleibt jedem möglichen Wohltäter selbst überlassen. Auch die Heimatzeitung hätte der Organisation gerne die Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen, inwieweit ihre Aussage „Unterstützt weltweit Projekte, die Menschen und Tieren zugute kommen“ zutrifft. Doch das war nicht möglich: Wer die Telefonnummer 0791-9597399 anruft, die Pro Humanitas auf den orangen Eimern stets zusammen mit der Adresse Weißdornweg 6 in 74523 Schwäbisch Hall angibt, hört stets die Ansage: „Die von Ihnen gewählte Rufnummer ist leider nicht verfügbar.“ Und ein Hinweis auf eine Homepage im Internet und eine Emailadresse fehlen und ließen sich auch nicht googeln.

    Dass sich mit Altkleidern viel Geld machen lässt, scheint inzwischen unstrittig. Experten sprechen von einem „Millionenmarkt“. Wer Altkleider zu karitativen Zwecken sammelt, sollte der Öffentlichkeit darüber Rechenschaft ablegen können – und wollen. Das wollte bei der gegenwärtigen Pro-Humanitas-Aktion in der Region auch die mit der Abholung beauftragte Recyclingfirma Pagitex in Lichtenfels nicht. Trotz anderslautender Zusicherung gegenüber dem HT kam ein Gespräch mit der Geschäftsleitung nicht zustande.

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