Blickt Holger Weininger, Geschäftsführer der Volkshochschule (Vhs) im Landkreis Haßberge, derzeit auf die Warteliste für seine Integrationskurse, wird schnell deutlich: "Wir könnten aus dem Stand auf jeden Fall drei bis vier weitere anbieten."

Doch Holger Weiniger hat ein Problem, wie derzeit viele seiner Zunft. Für Kurse braucht er nicht nur Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sondern auch Lehrkräfte. Genauer: hochqualifizierte Lehrkräfte. Ein Hochschulabschluss in Germanistik allein reicht nicht aus, es braucht Zusatzqualifikationen. So will es das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz: BAMF.
Der Staat stiehlt sich einmal mehr aus der Verantwortung
Befürworter des harten Kurses mahnen: Die hohen Anforderungen des BAMF an das Lehrpersonal von Integrationskursen seien berechtigt. Gerade in diesem Bereich könne man nicht mal eben jeden ranlassen. Diese Denke ist falsch.
Denn wenn die Folge dieser Politik gar keine sprachliche Integration ist, anstatt einer mit Lücken, schadet das langfristig nicht nur den Geflüchteten, sondern der gesamten Gesellschaft. Der Staat stiehlt sich einmal mehr aus der Verantwortung. Das zeigt sich derzeit auch im Landkreis Haßberge. Hier dürfte der Bedarf an Kursen noch deutlich höher sein, als Holger Weiniger ihn allein bei der Vhs beziffert. Möglichst viele Geflüchtete brauchen jetzt Zugang.
Menschen lernen Sprache im Alltag und vor Ort
Lücken, so viel ist sicher, sind nicht zu vermeiden: Zugewanderte sprechen nicht fließend Deutsch, weil sie ein halbes Jahr einen Integrationskurs besuchen – egal wie hoch die Qualifikation der Lehrkraft und wie gut die didaktische Aufbereitung des durchstandardisierten Deutschunterrichts sein mag. Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten eine Abschlussnote und ein Zertifikat, klar. Sie brauchen es, um am Ende eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten.

Was aber hilft den Geflüchteten das Blatt Papier, wenn sie beim Bäcker in der Schlange stehen oder im beim Arzt im Behandlungszimmer sitzen? Die Sprache lernen sie, indem sie mit den Menschen im Alltag und vor Ort in Kontakt treten. Die Lücken schließen sich so erst mit der Zeit. Integration ist ein Prozess.
Kurse für Sprachdozenten ebenfalls Mangelware
Und trotzdem sind die sprachlichen Grundlagen wichtig. Doch dafür ist zweitrangig, ob ein Germanist am Lehrerpult steht oder einer Person mit Hochschulabschluss in Deutsch als Fremdsprache. Natürlich geht es an dieser Stelle nicht darum, dass von nun an auch Maurer oder Mathematiker Geflüchtete im staatlichen Auftrag unterrichten. Wer aber nah dran ist an der deutschen Sprache, wie es Germanisten nun einmal sind, sollte die Möglichkeit dazu bekommen – und das ohne große Hürde. Bislang sind hier Zusatzqualifikationen von 140 Stunden nötig. Doch auch die Plätze in den Kursen für künftige Sprachdozentinnen und -dozenten sind: natürlich Mangelware.
Bleibt also das Fazit: Nur mit Mut zur Lücke kann die sprachliche Integration, zu der möglichst viele Geflüchtete Zugang haben, in Zeiten des Lehrkräftemangels wirklich gelingen.