Alle Jahre wieder findet Ende Juli die sogenannte „Römerstädter Wallfahrt“ statt. Aus ganz Deutschland kommen Heimatvertriebene aus dem ehemaligen Römerstadt, dem heutigen Rymarov in Tschechien, nach Zeil. Doch in diesem Jahr feierten die Teilnehmer und die Stadt Zeil ein besonderes Jubiläum, die Wallfahrt jährt sich zum 70. Mal. Hinzu kommen noch 45 Jahre Patenschaft zur Wallfahrt. Doch der Beziehung nicht genug. Vor drei Jahren wurde die Städtepartnerschaft zwischen Zeil und Rymarov besiegelt. Zur Jubiläums-Feier war auch eine starke Delegation aus Rymarov und Umgebung erschienen.
Wie ist die Römerstädter Wallfahrt“ entstanden? Am 5. August 1714 legte die Bürgerschaft von Römerstadt (heute Rymarov) und Umgebung im Altvatergebirge (Mähren) ein Gelübde ab, alljährlich die Annawallfahrt zum nahegelegenen Lindenkirchl aufgrund der Errettung aus der Pestzeit durchzuführen. Nach der Vertreibung 1946 wählte man als Ersatz für die unerreichbare Kirche das Zeiler Käppele, um damit die Tradition der Wallfahrt fortzusetzen. Seit 1947 kommen die Heimatvertriebenen des Heimatkreises Römerstadt aus ganz Deutschland nach Zeil.
Der Festabend begann am Samstag im „Zeiler Esszimmer“. Eine halbe Stunde vorher fand eine Totenehrung am Mahnmal am Kreuzfriedhof statt. Peter Tiletschek, der Redakteur der Heimatzeitung „Römerstädter Ländchen“, hielt hierzu die Gedenkansprache Er gedachte der Frauen, Männer und Kinder, die Opfer von Krieg und Gewalt wurden, der Soldaten, die in den Weltkriegen starben oder in Gefangenschaft kamen. Er erwähnte auch die Heimatvertriebenen und schloss hier die Landsleute ein, die eine neue Heimat suchen mussten. Er schloss seine Ansprache mit den Worten: „All jene seien uns Mahnung und Ansporn, im steten Einsatz für eine gerechte Versöhnung unter den Menschen und Völkern, für Toleranz und Frieden zu Hause und in der ganzen Welt einzutreten.“ Im Festsaal begrüßte anschließend Bürgermeister Thomas Stadelmann zum Heimatabend insbesondere die Gäste aus Römerstadt.
Den Reigen der Grußworte eröffnete Martin Dzingel, Präsident der deutschen Minderheit in Tschechien. Er führte aus, dass er aus Bergstadt bei Römerstadt stamme und immer mit den Deutschen und Vertriebenen Kontakt pflege. Inzwischen sei die Minderheit offiziell anerkannt. Man bemühe sich, die deutsche Sprache zu erhalten und auch das Kulturgut zu pflegen. Die stellvertretende Bürgermeisterin Marcela Stankova überbrachte herzliche Grüße von Bürgermeister Petr Klouda und dem gesamten Stadtrat.
Seit den Anfängen der Wallfahrt ist Rosemarie Kretschmer mit dabei. Die Römerstädter Wallfahrt ruhe auf fünf Säulen. Die erste sei das gute Verhältnis zwischen den Römerstädter Vertriebenen und der Zeiler Bevölkerung. Angefangen von Bürgermeister Rudolf Winkler, der die Bereitschaft der Patenschaft einleitete, die über die Bürgermeister Erich Geßner, Christoph Winkler und nun Thomas Stadelmann heute noch besteht.
Die zweite Säule ist das jährliche Heimatkreistreffen und weiter als einziges Bindeglied überhaupt die Heimatzeitung „Römerstädter Ländchen“. Diese hat ihren Ursprung im Jahre 1947, damals hatte Josef Rücker begonnen, die Adressen ausfindig zu machen. Auch ein kleines Jubiläum. Inzwischen hat Peter Tiletschek diese Aufgabe übernommen.
Die dritte Säule ist die Heimatstube in Zeil. Hier sei ein Glücksgriff gelungen, um den man beneidet werde. Und die vierte Säule ist Altbürgermeister Christoph Winkler, der viel Zeit ehrenamtlich opfert. Die fünfte Säule ist der gute Kontakt zu den in der Heimat verbliebenen Landsleuten. Diese haben viel verloren, mussten Enteignung und anfangs das Verbot der deutschen Sprache erdulden. Erst nach der Wende habe eine Erleichterung eingesetzt. Kretschmer wünscht sich, dass diese fünf Säulen den Nachkommen die nötige Kraft geben, um die Sudetendeutsche Volksgruppe weiter aufrechtzuerhalten und nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Was wären Jubiläen ohne Gastgeschenke. So überreichte Erika Vosahlo einen Bildband über bekannte Häuser und Hütten im Altvatergebiet. Trude Polcak überraschte ebenso mit einem Bildband mit über 300 Kirchen und Kapellen im nämlichen Gebiet. Sie arbeitet auch auf ein Museum in Rymarov hin.
Nach den ganzen offiziellen Beiträgen war nun aber die Zeit gekommen für einen Gedankenaustausch der Römerstädter Wallfahrer.