Erst nachdem die letzte Strophe des Marienliedes "Wunderschön prächtige…" verklungen war und nur noch das Orgelnachspiel aus der St.-Elisabeth-Kirche auf den Vorplatz drang, öffneten sich die Zapfhähne. Durstig gesungen und durchgeschwitzt in der "Gemeinschaftssauna" Kirche – so stöhnten einige Messbesucher hinterher – floss Norbert D. das kühle Bier nur so durch die Kehle. "Schön war’s!" lautete der Kommentar des Mittvierzigers zu dem gerade Erlebten: nämlich dem Eröffnungsgottesdienst zur Sandkerwa am Mittwochabend, am Vorabend des eigentlichen Weihetages der Elisabethenkirche am 24. August 1354.
Das Weihefest dieser einstigen Spitalkirche zu Ehren der Heiligen Elisabeth und des Heiligen Geistes am Gedenktag des Apostels Bartholomäus wird seit 1951 als die "Sandkerwa" gefeiert. Ob dieser Hintergrund allen Besuchern der Sandkerwa heute bewusst ist? Diejenigen, die zum Gottesdienst strömten, gehörten jedenfalls zu den Eingeweihten, denen dieses gotische Kirchlein im Sand ans Herz gewachsen ist.
Lateinische Choräle
"Dieser Abend ist etwas ganz Besonderes für uns Bamberger, da sind die anderen noch nicht da!" begrüßte denn auch der Priester Björn Wagner aus der Dompfarrei die dicht gedrängt sitzende und stehende Gemeinde launig. Er freue sich, zusammen mit dem Leitenden Pfarrer aus dem Seelsorgebereich Bamberger Westen, Helmut Hetzel, "die Eröffnungsmesse zu unserer lieben Sandkerwa zelebrieren zu können". Seit den Zeiten des inzwischen verstorbenen Dompfarrers Josef Richter sei es nicht mehr vorkommen, dass ein leitender Pfarrer bei diesem Auftakt dabei ist.

Dem Anlass gemäß konnten sich die Gläubigen an Mitgliedern des Domchores erfreuen, die unter der Leitung von Domkapellmeister Vinzenz Heitzer lateinische Choräle zu Gehör brachten. Von den geschulten Stimmen des Chores angeregt, erklangen jubelnd die deutschen Kirchenlieder der Gemeinde im ehrwürdigen Kirchengewölbe. "Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land, aus ewigem Stein erbauet…" fehlte natürlich nicht zum Kirchweihfest. Wenngleich Björn Wagner als Hauptzelebrant das Kunststück fertigbrachte, den Namen "St.-Elisabeth-Kirche" nicht ein einziges Mal in den Mund zu nehmen.
Farbe bekennen
Wagner stellte vielmehr in seiner Predigt fest, dass eine Kirchweih "immer auch eine politische Veranstaltung ist". Denn "wofür stehen wir Christen in Bamberg und anderswo" in Zeiten, in denen "die politischen Ränder ausfransen" und "wir eine erhöhte Bereitschaft zum demokratischen Diskurs mitbringen müssen"? Zumal es für die vielfältigen Probleme keine einfachen Lösungen gäbe. "Wir müssen uns hinsetzen und nachdenken", meinte der Prediger. "Ihr werdet in den nächsten Tagen an Tischen sitzen, wo ihr Farbe bekennen müsst. Entzieht Euch nicht, aber redet für das Evangelium!" bat Wagner seine Zuhörer. Und: "Genießt diese Sandkerwa!"
Vor dem Schlusssegen dankte der Priester dem versammelten Bürgerverein Sand 4. Distrikt der Stadt Bamberg für seine wertvollen Beiträge zum Gelingen der Kerwa. Lang anhaltender Beifall folgte. Stadtrat Stefan Kuhn, ehrenamtlicher Kassier des Bürgervereins, freute sich darüber, eie überhaupt über diesen kirchlichen Einstieg in die Festtage: "Der Gottesdienst in St. Elisabeth ist für mich das Highlight der Sandkerwa, der ist für die Sandgemeinde, ab morgen ist Gewörch im Sand", lachte er.