Timo Rieger aus Kleinsteinach hat Befürchtungen, bevor er in den Kostümverleih Lunz geht. Befürchtungen, Lindtrud Lunz habe kein passendes Kostüm in seiner Größe. Doch in nur wenigen Minuten schaffte es die Inhaberin des Verleihs, ihn als eine Figur des Mittelalters darzustellen oder ihn in orientalische Kleidung zu stecken. „Das ist mein Kostüm für dieses Jahr“, ist sich Timo nach einem kurzen Blick in den Spiegel sicher.
Doch nun ein wenig zum kleinen Laden an der Ecke gegenüber dem Marktplatz in Rügheim, hunderten Kostümen und Lindtrud Lunz, einer Näherin aus Leib und Seele. Wenn es darum geht, ein trendiges Kostüm für dieses Jahr zu nennen, verweist Lindtrud Lunz auf Kleider gegenüber des Eingangs: Sämtliche Prachtstücke, die mit dem Mittelalter zu tun haben, werden häufig verlangt.
„Aber auch der Orient ist ein Thema, das nachgefragt wird“, resümiert die Inhaberin über die vergangenen vier Wochen Faschingsgeschäft. Die ersten Wünsche für ausgefallene Faschingsbekleidung „trudeln jedes Jahr schon an Dreikönig ein“, berichtet sie. 2014 waren auch schon einige Anfragen für Comic-Figuren dabei. Aber diese gehören nicht zu ihren Favoriten, bemerkt Lindtrud Lunz, denn „diese sind oft kitschig und unpraktisch“, wenn sie beispielsweise an den riesigen Schnabel von Donald Duck denkt.
Wenig gefragt in diesem Jahr sind beispielsweise Kleider aus der „Sissi“-Zeit. Ebenso ist der Cowboy heuer nicht sehr trendig, beurteilt Lindtrud Lunz. „Wahrscheinlich gibt es davon im Moment keinen angesagten Film“, scherzt sie.
Dass Faschingskostüme nach bekannten Filmen ausgewählt werden, ist keine Seltenheit. Manchmal werden sogar Romanhelden aus Büchern verlangt, denkt man beispielsweise an Harry Potter vor einigen Jahren. Die Schneiderin aus Rügheim kann sich noch gut erinnern, als jedes Kind ein Harry Potter sein wollte. Doch trotzdem wird ein Kostüm, das an einen Bücherhelden angelehnt ist, selten bei ihr verlangt.
Passend zum Jubiläumsjahr von Rügheim erzählt die Inhaberin des Kostümverleih Lunz noch von ein paar historischen Kostümen. Ihr erstes genähtes Kostüm war für ihren Sohn: Ihn verwandelte sie kurzerhand in einen Schotten. Zeitgleich fertigte sie vor 36 Jahren noch eine Römerin an. Diese beiden Kostüme gibt es aber nicht mehr in ihrer Sammlung, denn „die Kleider waren dann irgendwann nicht mehr weiß“, scherzt Lindtrud Lunz. Ein paar ältere Stücke sind dennoch im Lädchen zu finden, das sind beispielsweise Tüllkleider in vielen verschiedenen Farben. Wenn ein Kostüm oft verlangt wird, näht sie es auch einmal nach, bevor es zu oft getragen werden muss und schließlich auswäscht und die Farbe verliert.
„Spezielle Wünsche aus Rügheim kommen in der Regel nicht“, erinnert sich Lindtrud Lunz. „Selbst zu einer Faschingsveranstaltung im Gasthaus Reuther vor 13 Jahren ging man nicht verkleidet“. Da fast keine Faschingsbälle mehr stattfinden, kleidet sie häufig Akteure für Büttensitzungen oder Faschingszüge ein.
Auch die 1200-Jahr-Feier von Rügheim beeinflusst zurzeit den Alltag von Lindtrud Lunz und ihrem Kostümverleih. Ende Mai veranstaltet sie zum Festwochenende eine Modenschau unter dem Motto „Im Wandel der Zeit“. Dabei wird Mode von 900 bis 1980 – angelehnt an Rügheims Existenz – über den Laufsteg getragen.
Darauf freut sich die Schneiderin schon jetzt und arbeitet fleißig daran. Wer diese Mode betrachten will, muss zu der Modenschau kommen, denn wie diese Kleidungsstücke aussehen werden, verrät Lindtrud Lunz noch nicht. Verliehen werden diese Teile auch erst nach dem Festwochenende.