Sind die Kommunen im Landkreis willens und in der Lage, die stark defizitären Haßberg-Kliniken Jahr für Jahr zu subventionieren? Und wenn ja, wo liegt die Schmerzgrenze? Das wollte die Heimatzeitung von allen 26 Bürgermeistern wissen. Die Rathauschefs finden mehrheitlich, dass das die falschen Fragen sind – zumindest, dass sie zum falschen Zeitpunkt kommen. Denn noch hätten die Kliniken keine konkreten Zahlen vorgelegt, die die Verluste begründeten; und erst zum Jahresende will das Kommunalunternehmen seine Strategie offen legen, wie es wieder in sicheres Fahrwasser steuern will.
Die Redaktion hält dem entgegen, dass seit Frühjahr, als die Datenlage noch dürftiger war, sehr konkrete Maßnahmen im Raum stehen – allen voran die Schließung der Gynäkologie in Haßfurt und die Umwandlung des Krankenhauses Hofheim in ein Medizinisches Versorgungszentrum (zur Entscheidungsfindung bis Jahresende durchleuchtet nun der Kommunale Prüfverband die Haßberg-Kliniken). Und die Tatsache, dass der Kreisausschuss des Kreistags den Kliniken gerade erst einen Zuschuss von 1,25 Millionen Euro für den laufenden Betrieb bewilligt hat, sollte für die Gemeinden Motiv genug sein, sich lieber gestern als morgen grundlegende Gedanken über die Subventionen zu machen: Sie zahlen die „Infusionen“ über die Kreisumlage mit. Landrat Wilhelm Schneider hat dem HT am Donnerstag bestätigt (siehe unten), dass die Situation der Haßberg-Kliniken zwangsläufig zu einer Erhöhung der Kreisumlage führen wird, „die Höhe ist noch nicht definiert, sie hängt von den künftigen Strukturen ab.“
Als falschen Adressat sah sich mancher Bürgermeister auch bei der Frage, ob er es nicht generell für sinnvoll erachte, die stationäre medizinische Versorgung in Haßfurt zu bündeln. Dererlei Weichenstellungen oblägen dem Verwaltungsrat der Kliniken und nicht den Kommunen. Dieses oberste Entscheidungsgremium der Krankenhäuser setzt sich jedoch aus Kommunalpolitikern zusammen, sprich aus Kreisräten, unter denen 15 amtierende und ehemalige 1. Bürgermeister als ordentliche Mitglieder bzw. Stellvertreter Krankenhauspolitik machen. Die Gretchenfrage ist also unausweichlich.
Dass sich viele Rathauschefs öffentlich erst äußern wollen, wenn der Klinikvorstand konkrete Maßnahmen vorschlägt, ist verständlich. Es geht nicht nur um das Geld ihrer Kommunen und Bürger, es geht auch um Solidarität mit den Standortkommunen und um den Zusammenhalt aller Gemeinden im Landkreis. Da kann ein falsches Wort viel Schaden anrichten. Von den 26 Bürgermeistern reagierten 15 auf die Anfrage der Redaktion. Im Namen des schweigenden Teils sprach Aidhausens Gemeindeoberhaupt Dieter Möhring (FW) in seiner Eigenschaft als Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags. Möhring bat um Verständnis für die ausbleibenden Rückmeldung, dies liege nicht daran, dass die Anfrage ignoriert werde: „Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir nicht antworten, weil uns einfach die Fakten dazu fehlen.“
So sieht es auch der stellvertretende Landrat und Eltmanner Bürgermeister Michael Ziegler (CSU): „Erst müssen Tatsachen auf den Tisch, dann können wir über Maßnahmen reden.“ Ins gleiche Horn bläst in Zeil Thomas Stadelmann (SPD), der erst dann, wenn feststeht, wie sich die Klinikdefizite konkret auf die Kreisumlage auswirken, mit seinem Stadtrat darüber diskutieren will. Helmut Dietz (Untermerzbach, SPD) glaubt, dass „spekulative Antworten, die ich niemals geben würde, die Thematik nur noch mehr aufheizen und den Haßberg-Kliniken schaden würden – also kontraproduktiv wären.“
Auch Claus Bittenbrünn (FW) will ohne solide Datengrundlage keine Aussagen darüber machen, welchen Maximalbetrag seine Stadt Königsberg zur Bezuschussung der Kliniken aufbringen könnte. Er vertraue insgesamt auf den Verwaltungsrat, der sicher alle Fakten abwägen werde, um die Schließung einzelner Bereiche oder eines Hauses zu verhindern.
Kreisstadtbürgermeister Günther Werner (WG) meint, es sei doch mehr als verständlich, dass eine Kommune ihr Krankenhaus behalten wolle. Aber ihm fehlen die betriebswirtschaftlichen Zahlen und Daten ebenso wie seinem Bundorfer Amtskollegen Hubert Endres, der immerhin seinen großen Ärger darüber ausdrückt, dass der damalige Landrat Handwerker und die Klinikvorstände Kolck und Neubauer einem MVZ in seiner Gemeinde den Riegel vorgeschoben hätten. „Damit haben sie die Versorgung in unserem Landkreis mit Fachärzten verschlechtert und eine Belegung der freien Räume im Hofheimer Krankenhaus verhindert“, wo ein Schlaflabor angedacht gewesen sei.
Solange die Verantwortlichen nicht darlegen, wie die Kosten in den Griff zu bringen sind, sei es nicht zielführend, in den Kommunen finanzielle Grenzen vorzugeben, findet Sands Bürgermeister Bernhard Ruß (SPD). Ähnlich denkt in Breitbrunn Gertrud Bühl (FW), trotzdem spricht die Bürgermeisterin „eine unbequeme Wahrheit“ aus: „Ich befürchte, wir müssen über eine Konzentration der Haßberg-Kliniken am Standort Haßfurt nachdenken.“
Auch Matthias Beuerlein (Rauhenebrach, FW) traut sich aus der Deckung. Die Aufrechterhaltung der drei Klinikstandorte Haßfurt, Hofheim und Ebern sei zwar wünschenswert, ist seiner Meinung nach aber „vor dem Hintergrund betriebswirtschaftlicher Zwänge weder sinnvoll noch zukunftsfähig.“ Um eine Zentralisierung der stationären medizinischen Versorgung werde man nicht herumkommen. Beuerlein hat für das HT ausgerechnet, dass die Erhöhung der Kreisumlage um ein Prozent für seine Gemeinde rund 22 000 Euro Mehrausgaben bedeuten würden – Geld, das Rauhenebrach an anderer Stelle, in erster Linie bei den freiwilligen Leistungen, einsparen müsse.
Peter Kraus (CSU), der auch für Gädheim keine Belastungsgrenze definieren will, warnt mit Blick auf die mögliche Schließung von Standorten hingegen davor, die „menschliche Seite“ unberücksichtigt zu lassen. Man müsse sich die Frage stellen, ob Patienten aus Ebern oder Hofheim nach Haßfurt ins Krankenhaus gehen oder eher in die großen Kliniken in Coburg oder Schweinfurt ausweichen.
Oberaurachs Gemeindeoberhaupt Thomas Sechser (CSU) will sich ebenfalls an „Spekulationen und Hochrechnungen ohne nachvollziehbare Informationen“ nicht beteiligen, aber er stellt heraus: Seine Gemeinde „kann es sich überhaupt nicht leisten, Defizite der Haßberg-Kliniken auf Dauer über die Kreisumlage mitzutragen.“ Es müssten sehr schnell Entscheidungen getroffen und auch umgesetzt werden, um das Kommunalunternehmen aus den roten Zahlen zu bringen. Die Konzentration auf den Krankenhausstandort Haßfurt wäre für Sechser eine zwar schmerzliche, aber gangbare Lösung, „um zumindest die medizinische Grundversorgung im Landkreis zu gewährleisten“.
In Knetzgau sagt Bürgermeister Stefan Paulus (SPD/CWG), dass jede Million Euro Kreisumlage mehr seine Gemeinde grob über den Daumen gepeilt mit 75 000 Euro zusätzlich belastet. Da er befürchtet, dass dererlei Summen Jahr für Jahr in den Defizitausgleich fließen, hält er es für fraglich, dass weiterhin alle drei Krankenhäuser im Kreis existieren können. Zumal sich schon jetzt viele Patienten nach Bamberg, Burgebrach, Coburg oder Schweinfurt orientierten. Er habe Verständnis dafür, dass sich die Standortkommunen für ihre Häuser einsetzten; dafür, dass sie einen Mehrwert hätten, sollten sie sich nach Möglichkeiten aber auch stärker finanziell beteiligen. Paulus glaubt ohnehin, dass man mit den Millionenbeträgen für die Haßberg-Kliniken „weitaus sinnvollere Projekte“ unterstützen könnte, die allen Bürger im Landkreis zu gute kommen – etwa wenn es um die medizinische Versorgung in den strukturschwachen Räumen gehe. Das Knetzgauer Gemeindeoberhaupt macht klar: Die Subventionen für die Haßberg-Kliniken haben Konsequenzen in jeder Gemeinde, sei es in Form von Leistungskürzungen oder Gebührenerhöhungen. Auch jedem Kreisbürger müsse klar sein, dass er für das Defizit mitbezahlt – und er müsse sich die Frage stellen, ob er dazu bereit ist.
Das gilt umso mehr für Bürgermeister: Die Haßberg-Kliniken sind ein Kommunalunternehmen, sie gehören dem Landkreis und seinen Bürgern. Auf dieser lokalpoltischen Ebene gehören die Rathauschefs zu den wichtigsten Akteuren. Von ihnen werden entscheidende Signale ausgehen müssen, wie es mit den Haßberg-Kliniken weitergehen soll.
Zumindest in dieser Hinsicht hat die Heimatzeitung auf ihre „falsche“ Fragen eine aufschlussreiche Antwort bekommen: Es erstaunt, wie wenig Einblick die Kommunalpolitik noch immer in den „Wirtschaftsbetrieb“ Haßberg-Kliniken hat, obwohl es ein Kreisunternehmen ist.