Eine ganze Woche lang ging es rund bei der Kirchaicher Kerwa. Ein ganz besonderer Höhepunkt war am Montag wieder der traditionelle "Tanz der Strohbären" auf dem Dorfplatz. Bei schönstem Sommerwetter hatten sich nahezu 1000 Zuschauer eingefunden, die sich dieses einzigartige Schauspiel nicht entgehen lassen wollten. Jung und Alt waren mit Begeisterung dabei, wobei vor allem junge Mädchen ein beliebtes Ziel der Bären waren.
Der 90-jährige Gregor Hartmann, einer der ältesten Bürger des Ortes, erinnert sich daran, dass es schon zu seiner Kindheit diesen Brauch gegeben habe und man damit zumindest schon auf das 100-jährige Jubiläum blicken könne.Im Landkreis Haßberge und in der weiteren Umgebung ist dieses Spektakel in Kirchaich deswegen einzigartig. Die Kerwes-Burschen pflegen diese Tradition und haben sogar ein eigenes Feld, um dort alle zwei bis drei Jahre ihr langstieliges Getreide anzubauen.
Den "Treiber" immer an der Seite
An ihrem Auftrittstag muss das Stroh zum Binden vorbereitet werden. Dazu wird es in einer Scheune ausgebreitet und ins Wasser gelegt, damit es beim Anlegen an den Körper nicht zerbricht und flexibler wird. Schon um 13 Uhr beginnt die Arbeit, bei der drei bis fünf Leute an einem Bären werkeln, damit er um 17 Uhr in seinem geschmückten Strohkleid die "Dorf-Bühne" betreten kann. Immer an seiner Seite ist dabei sein "Treiber", der ihn bei seinen Aktionen anweist oder auch mit dem Reisigbesen von weiteren Zugriffen abhält.
Die Kirchaicher haben kein Problem mit Fachkräftemangel für "Bären", sondern hier stehen die Bewerber Schlange. Dabei ist die Rolle als Strohbär kein "Kinderspiel". Daniel Stäblein ist einer der "altgedienten Bären", denn er trat von 2000 bis 2013 und noch einmal im Coronajahr als Strohbär und außerdem acht Jahre als Treiber auf. Er gibt auch einen kleinen Eindruck, wie man sich in dem Strohgewand fühlt "das ist, wie wenn man zwei Stunden Fahrrad in einer Sauna fahren muss."
Die beiden Organisatoren Oliver Geus und Christian Kager bestätigen das. "Das nasse Kleid aus Stroh ist ja schon schwer wie ein Kettenhemd und beim bunten Treiben und dem Tanz fließt der Schweiß in Strömen. Die Körper dampfen und immer wieder pumpen Helfer mit Wasser in ihr Gewand und vor allem auf den Kopf."
Mit dem Strohkleid in die Aurach
Die Bären sehnen sich deswegen das Ende sehnlichst herbei und auch das geht nur mit einer ganz besonderen Zeremonie über die Bühne. "Mit der Musikkapelle und Zuschauern ziehen sie nach altem Brauch zur Aurach, hüpfen dort in ihrem Strohkleid in den Ortsbach und nehmen dort ihr verdientes, kühles Bad".
Aber bei dem bunten Treiben erleben sie auch tolle Geschichten mit den Zuschauern oder den Kindern. Manche schauen ängstlich, anderen sind die Strohbären schon vertraut. Jüngster Strohbär war übrigens bisher der Dorfrocker Tobias Thomann, dem schon mit sechs Jahren ein Strohkleid angelegt wurde.
Die Strohbären treiben aber nicht nur ihr schweißtreibendes Unwesen, sondern zeigen auch "Herz" bei den jungen Damen, wenn sie diese umreißen, diese aber auf ihnen zum Liegen kommen. Der langjährige Strohbär Daniel Stäblein hat im Jahre 2010 auf diese Weise und mit dem anschließenden Walzer sogar das Herz seiner zukünftigen Frau Marion gebrochen, so dass ein halbes Jahr später Hochzeit gefeiert werden konnte.
"Kerwes-Bürgermeister" Dominik Eichhorn gab abschließend seiner Freude Ausdruck, dass das Kirchweihwochenende mit dem abwechslungsreichen Programm und dem Auftritt der Strohbären so viele Gäste angelockt habe. Dabei gab er das Zepter über die Gemeinde wieder an den amtierenden Bürgermeister Thomas Sechser zurück.



