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Weisbrunn: Weisbrunn: Linderung für Krebspatienten fällt durchs Raster

Weisbrunn

Weisbrunn: Linderung für Krebspatienten fällt durchs Raster

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    Gerne möchte Onko-Kosmetikerin Nicole Göbhardt wieder ihre Tasche packen, um Krebspatientinnen Linderung bei den Nebenwirkungen von Chemo- und Strahlenbehandlungen zu bringen. Obwohl auch ohne Corona bei diesen Spezialbehandlungen höchste Hygienestandards gelten, fallen sie unter das Verbot des November-Lockdowns.
    Gerne möchte Onko-Kosmetikerin Nicole Göbhardt wieder ihre Tasche packen, um Krebspatientinnen Linderung bei den Nebenwirkungen von Chemo- und Strahlenbehandlungen zu bringen. Obwohl auch ohne Corona bei diesen Spezialbehandlungen höchste Hygienestandards gelten, fallen sie unter das Verbot des November-Lockdowns. Foto: Sabine Weinbeer

    "Tut mir leid, im November darf ich nicht kommen, außer Sie bekommen kurzfristig eine Verordnung vom behandelnden Arzt." Schweren Herzens hat Nicole Göbhardt aus Weisbrunn soeben diese WhatsApp-Nachricht abgeschickt. Sie ist mobile Kosmetikerin und darf während des Lockdowns im November nur in ihrem Teilspektrum  medizinische Fußpflege aktiv werden. Eine für sie ganz wichtige Gruppe an Patientinnen fällt dabei durchs Raster: Krebspatientinnen, für deren Betreuung sie erst im Februar diesen Jahres eine Zusatz-Ausbildung als "PPE-Spezialistin", also Onko-Kosmetikerin, abgeschlossen hat. Obwohl sie gerade erst mit diesen speziellen Behandlungen begonnen hat, "habe ich 50 Anfragen in der Warteschleife".

    Nebenwirkungen der Chemotherapie

    Onko-Kosmetikerinnen gibt es nicht sehr zahlreich, deshalb macht Nicole Göbhardt denjenigen, die die Lockdown-Regeln gemacht haben, auch keinen Vorwurf. "Ich bin ja selbst erst durch meine Patentante auf dieses Thema gekommen." Die litt stark unter Onko-Akne und dem so genannten Hand-Fuß-Syndrom. Beides sind Nebenwirkungen von Chemo- und Strahlentherapie, mit denen die Krebserkrankung bekämpft wird.

    Die Haut der Patienten wird dünn, neigt zu Entzündungen, Schwellungen und schmerzhaften Erscheinungen. Die Tante schilderte das so: "Eiskalte Füße, aber brennende Schmerzen", die ihr den Schlaf raubten. "Und dabei brauchen Patienten in dieser Zeit ihre ganze Kraft für die Krebstherapie – und natürlich auch einen guten Schlaf", so Nicole Göbhardt. So begann die Kosmetikerin die Zusatzausbildung in Onko-Kosmetik in Baden-Württemberg. Der Tante konnte sie nicht mehr helfen, sie starb kurz vor ihrem Abschluss. Dann kam erst Mal der Lockdown im Frühling, aber gleich danach konnte sich Nicole Göbhardt vor Anfragen kaum retten.

    Nur mit einer Verordnung vom Arzt

    Dabei sind alle Leistungen der Onko-Kosmetik Privatleistungen und werden von den Kassen nicht bezahlt. Nun benötigen die Patientinnen eine Verordnung durch den behandelnden Arzt, wenn sie trotz des Lockdowns eine Behandlung wünschen. Das ist so kurzfristig natürlich schwierig. Zudem handelt es sich ja um Menschen, die bereits Unmengen an Terminen haben und durch die eigentliche Krebs-Therapie sehr mitgenommen sind. Die Behandlung durch die Kosmetikerin erfolgt immer in den Pausen zwischen den Chemo- oder Strahlenbehandlungen. Vier Wochen Unterbrechung können da für manche Patientin mehr als acht Wochen Behandlungspause bedeuten.

    Nicole Göbhardt wünscht sich für die Onko-Kosmetik die gleiche Ausnahmegenehmigung wie für die medizinische Fußpflege, die vor allem Diabetiker dringend benötigen. "Wir arbeiten mit den Krebspatienten auch ohne Corona nach höchsten Hygienestandards, weil es sich hier ja um Menschen mit extrem geschwächtem Immunsystem handelt", erklärt Nicole Göbhardt. Jede Patientin erwirbt ihre Produkte selbst. Nicole Göbhardt betritt das jeweilige Haus mit kompletter Schutzausrüstung einschließlich FFP2-Maske und Faceshield. Dann kann sie mit Salben, Lotionen und Umschlägen die strahlengeschädigte Haut behandeln.

    Schmerzlinderung verboten, Friseurbesuch erlaubt

    Ob bei Onko-Akne oder Hand-Fuß-Syndrom ist die Kosmetikerin für die ersten beiden Grade des Krankheitsbildes zuständig. Wenn es schlimmer wird, müssen Dermatologen oder Podologen tätig werden. Je nachdem, wie stark eine Patientin reagiert, können die Behandlungen der Kosmetikerin aber einen schwereren Grad vermeiden.

    Wie hoch der Leidensdruck bei den Betroffenen ist, zeigt Nicole Göbhardts Anfragenliste. "Es gibt noch nicht so viele PPE-Spezialisten, aber immer mehr Krebspatienten", stellt sie auch im eigenen Bekanntenkreis fest. Eine junge Mutter hat ihrer WhatsApp-Anfrage ein Bild von sich und ihrer kleinen Tochter beigefügt. "Die braucht alle Kraft für ihre Krebstherapie, ich könnte die Nebenwirkungen lindern und muss sie auf Dezember vertrösten. Zum Friseur dürfte sie aber gehen. Da zerreißt es mir das Herz", beschreibt Nicole Göbhardt ihr Dilemma. Sie hofft auf eine baldmögliche Lockerung des Lockdowns oder Anerkennung dieses medizinischen Teilaspekts der kosmetischen Behandlungen.

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