"Ich übernehme das Bauunternehmen jetzt in der siebten Generation", erzählt Philipp Kirchner. Er folgt damit auf seinen Vater Reiner, der wiederum übernahm von seinem Vater Albrecht. Seit mehr als 200 Jahren ist das Unternehmen in Sulzbach bei Hofheim in Familienbesitz, 1794 wurde die Firma von Georg Kirchner gegründet. Auf diese lange Zeit ist die Familie stolz: "Ich denke mal, wir sind das älteste Bauunternehmen im Landkreis", sagt Philipp Kirchner. Acht Mitarbeiter beschäftigt der 30-Jährige auf den Baustellen, im Büro arbeiten seine Mutter Sieglinde und seine Frau Saskia.
Mit dem Betrieb von damals hat das heutige Unternehmen allerdings nicht mehr viel zu tun. Denn über die Jahre hat sich neben der Arbeitsweise auf der Baustelle auch die Ausrichtung der Firma immer wieder verändert. "Man muss sich eben spezialisieren, seine Nische suchen", sagt Reiner Kirchner, Philipps Vater.

Als Georg Kirchner die Firma ins Leben rief, hatte die Familie nebenbei noch einen landwirtschaftlichen Betrieb. "Und im Sandsteinbruch wurden die Steine noch selbst gebrochen", erzählt Reiner Kirchner. Die Landwirtschaft wurde mit Reiners Generation aufgegeben. Den Steinbruch haben sie zwar noch, brechen aber selbst keine Steine mehr. "Früher hatten die Leute teilweise 14- oder 15-Stunden-Tage, das will ja heute keiner mehr", sagt Kirchner.
"Früher hatten die Leute teilweise 14- oder 15-Stunden-Tage, das will ja heute keiner mehr."
Bauunternehmer Philipp Kirchner
In den 90er-Jahren ging es dann los mit dem Bau von Einfamilienhäusern, erinnern sich die Kirchners. Doch irgendwann gab es einfach zu viele Bauunternehmen, der Markt war gesättigt und so musste etwas Neues her. "Seit circa 2012 haben wir uns auf die Sanierung von Burgen spezialisiert", erzählt Philipp Kirchner. Angefangen hat es mit der Burgruine Altenstein, weitere Projekte waren zum Beispiel die Burg Zabelstein und die Stollburg in Handthal.

Damit führen sie in gewisser Weise die Arbeit ihrer Vorfahren fort, meint Philipp Kirchner. "Früher hat der Opa im Sandsteinbruch gearbeitet, heute verbauen wir das gleiche Material, wenn wir alte Mauern sanieren", das sei eine schöne Verbindung und mache Spaß. "Nur leider ist es so, dass bei uns im Landkreis bald alle Ruinen saniert sind", sagt seine Frau Saskia lachend. An der Burgensanierung wollen sie neben den gängigen Arbeiten wie kleinen Häusern oder Pflasterarbeiten aber trotzdem dranbleiben und auch auf Privatleute zugehen. Denn so eine Sandsteinmauer mache sich auch im Garten gut, so Saskia Kirchner.
Bauboom spüren auch die Kirchners
Ohnehin können sich viele Bauunternehmen zurzeit vor Anfragen gar nicht retten. Es herrscht ein regelrechter Bauboom, das spüren auch die Kirchners. "Die Aufträge sind natürlich immer von der Konjunktur und Zinslage abhängig, heute gibt es quasi keine Zinsen, da wird viel gebaut", vergleicht Reiner Kirchner die heutige Lage mit den 90er-Jahren, als es für Baufirmen viel schwieriger war, an Aufträge zu kommen. "Durch den Bauboom entstehen aber vor allem große Mietkomplexe, da sind wir als kleines Unternehmen nicht beteiligt", sagt Saskia Kirchner.
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Schade in der Diskussion um den Bauboom findet die 27-Jährige, dass kleinere Baufirmen von den Endverbrauchern kaum wahrgenommen und oft nur die großen Firmen angefragt werden. Für kleinere Aufträge wie Pflasterarbeiten hätten sie immer Kapazitäten frei, das sei ihnen wichtig. Da appellieren die Kirchners auch an die Verbraucher, nach kleinen Firmen aus der Region zu schauen, denn da seien die Wartezeiten oft viel kürzer als bei den Großunternehmen.
"Zementsäcke wiegen heute nur noch 25 statt 50 Kilo."
Reiner Kirchner über die Veränderungen des Maurerberufs
Ein Problem, das derzeit viele Handwerksbetriebe haben, kennen auch die Kirchners: Auszubildende sind Mangelware. "Unseren letzten Azubi hatten wir vor vier Jahren, der ist danach auch Gott sei Dank bei uns geblieben", sagt Philipp Kirchner. Ein Betrieb auf dem Land, wie es die Kirchners sind, habe es möglicherweise noch etwas schwerer Azubis zu finden, Handyempfang und öffentliche Verkehrsmittel gebe es quasi nicht. "Das ist natürlich nicht so attraktiv", weiß Saskia Kirchner.
Hinzu komme, dass viele Klischees über den Maurerberuf junge Leute abschrecken, etwa die körperliche Arbeit, meint Reiner Kirchner. "Dabei hat sich da schon einiges getan, zum Beispiel wiegen die Zementsäcke heute nur noch 25 statt 50 Kilo", sagt Reiner Kirchner. Und auch für die Steine sei das Gewicht begrenzt, außerdem gebe es inzwischen viele Hilfsmittel wie Maurerbühnen.
Vater Reiner sieht den Betrieb für die Zukunft dennoch gut aufgestellt: "Die Voraussetzungen sind geschaffen, da kann ich die Verantwortung mit gutem Gewissen abgeben." Klar ist auch, dass es ein Familienbetrieb bleiben soll. Denn auch die achte Generation gibt es mit Tochter Hanna ja bereits.

